Die Creeds: Wenn ein Herz nach Hause kommt (German Edition)
Handtasche, die sie dann an ihrem gewohnten Platz verstaute.
„Sie haben mir gesagt, dass das nicht in meiner Arbeitsplatzbeschreibung steht“, antwortete Andrea.
„Nun, wie dem auch sei, Andrea“, erwiderte Melissa lächelnd und mit einem Hauch von Ironie, der bei ihrer Assistentin vermutlich auf taube Ohren stieß, „auf jeden Fall
danke
ich Ihnen für den Kaffee. Hat sich in der Zwischenzeit noch etwas ereignet?“
Für den Bruchteil einer Sekunde machte Andrea einen fast schüchternen Eindruck. „Mr Creed war hier. Vor fünfzehn bis zwanzig Minuten.“
Melissas Herz begann zu rasen, während sie sich äußerlich völlig ruhig gab. Zumindest hoffte sie das.
Sie setzte sich hin, griff nach dem Becher und trank einen Schluck Kaffee, bevor sie fragte: „Ach? Hat er gesagt, was er wollte?“
Bleib lässig.
„Zu Mittag essen.“
Zu Mittag essen. Eigentlich etwas ganz Gewöhnliches. Aber wenn Steven Creed damit zu tun hatte, genügte allein der Vorschlag, um ihren Magen Achterbahn fahren zu lassen. Melissa nickte nur und breitete die Telefonnotizen auf dem Schreibtisch aus, nur damit sie irgendwie beschäftigt war.
„Ich kann Mr Creed für Sie anrufen“, bot sich Andrea bereitwillig und fast schon ein bisschen außer Atem an.
„Das kann ich auch selbst erledigen“, gab Melissa zurück, ohne von den Zetteln auf ihrem Tisch aufzusehen. „Trotzdem vielen Dank.“
„Er ist ziemlich scharf“, sagte Andrea ungefragt.
Dieser Aussage zuzustimmen wäre ungefähr so, als würde man einem anderen beipflichten, dass der Himmel tatsächlich blau war. Also sagte sie nichts, und Andrea kehrte zurück an ihren Arbeitsplatz.
Melissa sah auf die handgeschriebene Notiz mit Stevens Namen und tippte die notierte Nummer ein.
Während sie darauf wartete, dass die Verbindung hergestellt wurde, erwachte in ihrem Magen eine Miniaturausgabe des
Cirque du Soleil
zum Leben, dessen Artisten todesmutige Sprünge und andere Kunststücke vorführten.
Das war einfach nur albern. Okay, Steven Creed war möglicherweise attraktiv … ach verdammt, er war es nicht nur möglicherweise, sondern ganz eindeutig. Aber trotz allem war er nur ein Sterblicher und kein griechischer Gott, um Himmels willen! Doch genau da lag das Problem, nicht wahr? Er war
zu sehr
ein Mann, vielleicht sogar so sehr, dass er für sie zu viel war.
„Steven Creed“, meldete er sich plötzlich und ließ Melissa zusammenzucken.
Ihr wurde bewusst, dass sie nicht damit gerechnet hatte, ihn sofort am Apparat zu haben. Vielmehr hatte sie vorgehabt, ihm eine Nachricht zu hinterlassen, und aus einem unerklärlichen Grund darauf gehofft, eine kurze Galgenfrist gewährt zu bekommen.
„Ha…hallo“, erwiderte sie krächzend.
Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich. Du bist eine erwachsene Frau, kein Teenager mehr.
„Melissa?“
„Ja.“ Sie musste sich räuspern. „Ich bin’s. Tut mir leid, ich wollte eigentlich früher zurückrufen, aber hier ist was dazwischengekommen, und ich musste noch mal weg und …“ Mit einem Mal wusste sie nicht mehr weiter.
„Ich wollte dich nur zum Mittagessen einladen“, sagte Steven in einem Tonfall, der sein Lächeln verriet. Ganz sicher bemerkte er, wie aufgeregt sie in diesem Moment war, und diese Erkenntnis machte sie nur noch nervöser. „Wenn deine Arbeit das nicht zulässt oder du schon etwas anderes vorhast, verstehe ich das natürlich. Das kommt schließlich ziemlich kurzfristig.“
Sag, du hast zu tun, riet Melissas innerer Hasenfuß. Er hat dir gerade eine Ausrede angeboten, die du benutzen kannst.
„Nein, ich habe nichts vor“, erwiderte sie entschieden.
„Großartig“, freute sich Steven. „Dann treffen wir uns heute Mittag um zwölf im Sunflower Café. Einverstanden?“
Melissa sah auf die Uhr. Es war Viertel nach elf, also blieben ihr noch fünfundvierzig Minuten, um sich wieder in den Griff zu bekommen.
„Hervorragend.“ Sie klang viel fröhlicher, als nötig war.
Normalerweise tendierte ihre Fröhlichkeit gegen null, aber sobald Steven Creed ins Spiel kam, verwandelte sie sich in eine Cheerleaderin beim ersten großen Spiel der Saison.
„Dann bis nachher“, meinte Steven.
„Ja, bis dann.“ Ihre Antwort kam ein paar Sekunden zu spät, er hatte bereits aufgelegt.
Sie nippte ein paarmal an ihrem Kaffee, straffte die Schultern und hob trotzig das Kinn, um die Anrufe zu erledigen, die Andrea für sie aufgeschrieben hatte. Da sie immer nach der Methode vorging, die unangenehmsten Aufgaben
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