Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt
zukünftigen Wohn- und Essbereich hielt Brody kurz inne, um den Kamin von hier aus zu untersuchen. In diesem Teil des Hauses waren die Dachfenster noch mit Plastikfolie bedeckt, was den Mondschein trübte. Doch die Bogenfenster mit Blick auf den Fluss würden bei Tageslicht alles bedeutend heller machen.
Das Haus hatte zusätzlich zum Eheschlafzimmer fünf Schlafräume und fast genauso viele Bäder. Brody wollte diese Zimmer mit ausgelassenen kleinen Creeds füllen, und zwar so bald wie möglich. Allerdings stand noch das kleine Problem im Wege, dass er zuerst eine Frau finden musste. Er war altmodisch genug, um alles in der richtigen Reihenfolge zu planen, wenngleich, was die Babys anging, das erste natürlich jederzeit kommen konnte, wie Davis gern nach einer Hochzeit sagte. Stets fügte er dann hinzu, dass die folgenden die üblichen neun Monate brauchen würden. Spätestens dann boxte Kim ihm spielerisch gegen den Arm.
Kim und Davis führten eine gute Ehe – eine Ehe, die Bestand hatte. So wie Brody sie sich wünschte, mit dem Unterschied, dass er auch Kinder wollte.
Er lächelte in sich hinein. Kim hätte dazu wahrscheinlichgesagt, dass sie ja Kinder gehabt hatte – ihn und Conner und Steven.
Wir waren schon ein wilder Haufen, überlegte Brody. Höchstwahrscheinlich hatte Kim mit zwei Jungen und einem weiteren in den großen Ferien genug zum Bemuttern gehabt. Wie auch immer, sie hatte sich nie beklagt und keinem von ihnen jemals ihre Liebe oder ihren Zuspruch entzogen, ganz gleich, wie schlimm sie sich aufgeführt hatten. Aber sie war auch streng gewesen.
Pflichten, Hausaufgaben und der sonntägliche Kirchgang waren bindend, genau wie die Schlafenszeit, bis zur Pubertät. Raufereien waren zulässig und galten sogar als Bestandteil des Aufwachsens auf dem Lande, doch sie mussten draußen stattfinden.
Natürlich hatte Davis dabei meistens den Schiedsrichter gespielt, allerdings sehr zurückhaltend. Schikanen, ob untereinander oder allgemein, galten als größtes Tabu und würden zwangsläufig einen Gang in den Holzschuppen nach sich ziehen, hatte Davis sie stets gewarnt.
Keiner von ihnen war jemals dort gelandet, aber sie alle hatten sich regelmäßig aufgeschürfte Handknöchel und blutige Nasen eingehandelt, wenn sie eingriffen, sobald in der Schule jemand drangsaliert wurde.
Brody zügelte seinen Gedanken. Carolyn Simmons kam ihm in den Sinn. Das passierte ihm häufiger.
Dabei war es reine Verschwendung von Hirnkapazitäten, denn diese Frau konnte mit ihm etwa so viel anfangen wie ein Bulle mit Zitzen.
Und wer wollte es ihr verübeln, nach dem, was er ihr angetan hatte?
Er lehnte sich an die Wand und setzte den Hut ab. Senkte leicht den Kopf. Nie hatte er beabsichtigt, Carolyn wehzutun, und seine Entschuldigung heute hatte er ernst gemeint. Damals war er jung und töricht gewesen. Und als eines spätenAbends der Anruf von seiner früheren Freundin Lisa kam, die eindringlich und weinend auf ihn einredete, geriet er in Panik.
„Ich bin schwanger“, hatte Lisa gesagt. „Es ist dein Kind, Brody.“
Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, fuhr sie fort und erklärte, dass sie das Kind nicht allein großziehen wolle und auch nicht bereit sei, ein unschuldiges Baby einem Rodeo-Vagabunden wie ihm zu überlassen. Sie wollte, dass ihr Kind Mutter und Vater hatte und in einem richtigen Elternhaus aufwuchs anstatt in einer endlosen Abfolge von Wohnsitzen. Wenn er sie nicht sofort heiratete, würde sie sich an einen Anwalt wenden, der auf Adoptionen spezialisiert war.
Brody hatte das Problem weder mit Conner noch mit Davis oder Kim besprochen, denn während dieser Jahre hatte er keinen Kontakt zu ihnen gehabt. Er hatte sich sogar vergewissert, dass keiner von ihnen da war, bevor er auf der verzweifelten Suche nach einem Unterschlupf, wo er seine Wunden lecken konnte, auf der Ranch aufgetaucht war.
Und natürlich hatte er Carolyn gegenüber nichts von der Sache erwähnt. Er hätte gar nicht gewusst, was er ihr sagen sollte. So hatte er einfach seine Sachen gepackt und sie binnen einer Stunde nach dem Gespräch mit Lisa in seinen Pick-up geladen.
Carolyn, noch glühend vom Liebesspiel, hatte im Schlaf gelächelt, als er sich über sie gebeugt und einen Kuss auf ihre Stirn gehaucht hatte. Abgesehen von einer Nachricht, hastig gekritzelt und neben der Kaffeemaschine deponiert, war dieser Kuss die einzige Verabschiedung, die er über sich brachte.
Es ließ sich nicht beschönigen, weder damals noch heute. Er
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