Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
Stil begangen. Haben sich die Zeiten so sehr geändert, dass sich die jungen Anwärter nicht mehr über ihre Aufnahme im Orden freuen?“
Eine kleine Stimme in Cendricks Hinterkopf machte ihn darauf aufmerksam, dass sein Gegenüber um den heißen Brei herumredete. Der Proband wollte von Dormesi wissen, was sich eigentlich in der Prüfung zugetragen hatte, der andere tat jedoch so, als sei es selbstverständlich, dass der Student bestehen würde. Der junge van Genten betrachtete sein Gegenüber schweigend. Er wusste nicht, wie viel er sich herausnehmen durfte. Also schwieg er und wartete darauf, dass es an ihm war, zu sprechen.
„Ekatariní …“
Durch das leise Wispern angespornt, regten sich die letzten Lebensgeister im Körper des Mediums. Sie lag in Fötusstellung auf der Seite und hatte mit den Armen ihre Knie umschlungen. Als sie jedoch ihren Namen hörte, drehte sie den Kopf.
„Gesthimaní?“
In dem anderen Kreis befand sich die Griechin. Sie hatte sich auf ihre Knie erhoben und blickte aufgewühlt auf ihren zusammengesunkenen Schützling. „Ja, ich bin es. Steh auf, Ekatariní! Wir müssen hier fort!“
Ihre Stimme war leise und doch eindringlich.
Cat schloss die Augen und schüttelte matt den Kopf. „Ich kann nicht. Ich habe keine Kraft mehr.“
Sie hatte noch nie in ihrem Leben solche Schmerzen verspürt. Es war, als wäre ein schwerer Felsbrocken auf sie gefallen und hätte jeden Knochen in ihrem Leib zerschmettert. Nicht einmal ihre fehlgeschlagenen Visionssuche-Experimente waren von so viel Pein begleitet gewesen. Das Medium hatte schon lange keine Kraft mehr, sich dem Sog zu widersetzen, deshalb ließ sie sich im Meer der Qualen treiben und hoffte, dass alles bald vorbei sein würde.
Egal, wie … Hauptsache, es hört auf …
„Nein, das darfst du nicht sagen! Steh auf, Tíga, los, steh auf!“, forderte die junge Griechin.
„Warum lebst du überhaupt noch? Ich dachte, dieser Priester hätte dich getötet. Hat er sich geirrt?“, murmelte Katharina erschöpft. Ihr fiel gar nicht auf, dass ihre Worte nicht besonders höflich waren.
„Nein, leider nicht“, kam die ernste Antwort.
Eine halbe Minute verging, ehe der letzte Satz Cats Verstand erreicht hatte. Sie runzelte die Stirn und öffnete mühsam die Augen. Gesthimaní saß auf ihren Fersen und sah sie aufmerksam an. Sie sah genauso aus wie immer.
„Verstehe ich nicht“, brachte die Studentin mühsam hervor.
Die Griechin schmunzelte kurz.
„Ich bin schon eine ganze Weile tot. Zugegeben, ich weiß erst jetzt, dass er mein Mörder war, aber ich wusste, dass es bei meinem Tod nicht mit rechten Dingen zuging. Jemand hatte meinen Wein vergiftet. Ganz schön hinterhältig. Das möchte man in einem Tempel des Apollon eigentlich nicht vermuten.“
„Er hat dich getötet? Wann war das denn?“
Katharina konnte nicht glauben, was ihr da zu Ohren kam.
„Als ich im Amt der Pythia war. Ich glaube, er konnte es einfach nicht ertragen, dass ich den Pilgern selbstständig klare Antworten geben konnte, ohne dass die Hilfe der Priester für die Auslegung benötigt wurde. Er wusste nicht, wie er mit einem echten Orakel umgehen sollte. So etwas hatte es nie vorher gegeben.“
„Ganz recht!“, ertönte plötzlich eine Männerstimme.
Gesthimaní und Cat zuckten gleichzeitig zusammen. Sie hatten nicht bemerkt, dass der Oberpriester den Raum wieder betreten hatte. Mit Mühe drückte sich das Medium in eine sitzende Position, während er weitersprach.
„Wie hätte ich diesen Frevel, der unter den Augen der gesegneten Priesterschaft des Apollon stattfand, länger dulden können?“
Die Griechin schnaubte. „Frevel? Von wegen! Ich war die allererste Pythia, die den Gläubigen echte Weissagungen überbracht hat!“
„Und wer gab dir das Recht dazu? Du Fehlgeleitete!“
In Cats Kopf begann sich alles zu drehen. Die anderen redeten zu schnell und zu laut. Ihr Verstand war zwar wieder wach genug, dass sie sich des andauernden Schmerzes in ihrem Leib bewusst wurde. Es kostete sie jedoch viel Überwindung, sich auf das Gespräch zu konzentrieren.
„Ekatariní, hör mir zu! Du musst aus den Bannkreis treten und meinen zerstören! Hörst du? Tritt aus dem Bannkreis!“, rief die Mentorin inbrünstig.
„Du verschwendest deine Zeit mit dem Daimon! Er vermag es nicht, sein Gefängnis zu verlassen, dafür habe ich gesorgt.“
„Hör nicht auf ihn, Tíga! Die Grenzen sind nur in deinem Kopf. Verlasse den Bannkreis, Ekatariní! Jetzt! Ehe es zu
Weitere Kostenlose Bücher