Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
Sicheren Schrittes durchquerte er die Räumlichkeiten, grüßte den einen oder anderen Angestellten und schien mit allem recht vertraut. Der junge Wächter musste sich beeilen, damit er nicht abgehängt wurde.
„Du wirst sehen, Graciano, die Arbeit hier wird dir sehr gefallen“, verkündete der Priester gut gelaunt.
Der Student war aber zu sehr mit seinem inneren Tumult beschäftigt, als dass er eine Antwort gefunden hätte.
„Nichts erfüllt einen Menschen mit mehr Zufriedenheit, als für einen anderen da zu sein, wenn er ihn braucht. Und wenn diese Menschen jemals jemanden gebraucht haben, dann ganz gewiss jetzt. Du wirst sehen“, teilte Ignatius voller Überzeugung mit.
„Ja, das habe ich auch schon gehört“, murmelte Graciano.
„Nun, am Ende deiner Prüfung wirst du das auch von dir selbst sagen können. Ich freue mich bereits jetzt auf den Moment.“
„Danke, Pater.“
Der Student hoffte, dass Pater Ignatius recht hatte, und drängte mit aller Macht die aufsteigenden Zweifel zurück.
Nach zwei weiteren Stunden Fahrt hatten Tamara und Britta endlich ihr Ziel erreicht.
Boah, das wurde auch Zeit. Ich halt es keine Sekunde länger mit der im Auto aus , dachte Tamara erschöpft. Mittlerweile war sie froh, dass die Prüferin ihr Handy konfisziert hatte. Jedes Gespräch mit dieser Frau ist eine Qual. Da verblute ich lieber auf moosigem Waldboden.
„Da wären wir! Ist es hier nicht herrlich?“
Britta atmete tief ein. Sie hatte den Wagen am Rand einer unbefahrenen Landstraße geparkt und öffnete der jüngeren Hexe den Kofferraum.
Ja, ganz toll , dachte Tamara. Im Gegensatz zu Britta trieb ihr frische Luft keine Freudentränen in die Augen. Die kontrollierte Belüftung eines klimatisierten Raumes wäre ihr bei dieser sommerlichen Hitze lieber gewesen.
Ein Blick in den Kofferraum verschlechterte ihre Laune noch zusätzlich. „Das werde ich niemals alles tragen können“, seufzte sie und ließ die Schultern hängen.
„Ach was! Was geht schon. Das Zeltgestänge ist aus Fiberglas, du wirst gar nicht merken, dass du es trägst.“
Nachdem sie den überdimensional großen Rucksack auf Tamaras Rücken bugsiert hatten, wurden Schlafsack und Zelt daran befestigt. Die Studentin hatte das Gefühl, einige Zentimeter in den Boden zu sinken.
Uff! Ich breche gleich zusammen!
„Siehst du? Ist ja gar nicht so schwer“, flötete Britta und drückte der unglücklichen Studentin eine Karte in die Hand.
„Was ist das?“, wollte Tamara wissen.
„Eine Karte der Gegend. Du kannst doch Karten lesen, oder?“
„Ja, aber GPS wäre mir lieber“, murrte die junge Frau.
Britta, die das offenbar für einen genialen Scherz hielt, kicherte erneut und schüttelte den Kopf. „Aber nein, wir machen das auf die altmodische Art! Da ist dein Kompass. Hier drüben … Siehst du das eingerahmte Gebiet? Das ist das Naturschutzgebiet. Wir befinden uns gerade hier …“ Sie deutete auf einen roten Punkt auf der Karte.
„Irgendwo dort baust du am besten dein Zelt auf.“ Sie zeigte auf das südliche Ende des aufgemalten Kreises.
„Hier … gleich daneben … das ist der See. Und da wären wir auch schon bei deiner Prüfung.“
Britta rieb die Hände aneinander, um es spannend zu machen.
Oha, jetzt kommt’s!
„Seit Kurzem stimmt etwas nicht mit diesem See. Das Wasser ist schlecht, die Fische darin sterben und am östlichen Ufer verdorrt das Gras. Selbst die Bäume werden langsam in Mitleidenschaft gezogen. Wir wollen, dass du hingehst, herausfindest, was nicht in Ordnung ist, und den angerichteten Schaden wieder behebst. Aufgabe so weit klar?“
Tamara starrte ihr Gegenüber ungläubig an. Die Frau macht wohl Witze?
„Ich bin keine Biologin. Wie soll ich das herausfinden?“
„Ach, da wird dir doch was einfallen, Tamara.“
Nein, tut es nicht.
Die Studentin schnaufte resignierend.
„Du kannst doch sicher die Schwingungen der Natur um dich herum wahrnehmen, oder?“
Natürlich kann ich das. Jede Wicce kann das.
„Ja, klar“, murrte Tamara.
„Na, also!“
„Was soll das heißen? Das reicht ja wohl bei Weitem nicht aus!“
„Aber es ist der erste Schritt. Für das, was danach kommt, kannst du dir etwas einfallen lassen, wenn es so weit ist.“
„Und was, wenn mir nichts einfällt?“
„Ach, Tamara, du hast einen Voodoo-Wirker verflucht, da wird dir doch etwas einfallen, um einen See wieder in Schwung zu bringen.“
Britta kicherte über ihren eigenen Witz. Schließlich bemerkte sie jedoch,
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