Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
Er war gerade erst aus der Dusche gestiegen.
„Soso“, meinte Flint.
„Hey, Geisterbubi, schau mich nicht so an. Wir haben schon festgestellt, dass dein Orden der mit den Psychos ist. Also immer schön den Ball flachhalten.“
„Danke für deine Weisheit am Morgen“, sagte Flint trocken und verschwand in der Duschkabine.
Gestärkt verließ Valerian eine halbe Stunde später die Küche und joggte gut gelaunt den Weg zur Kapelle und dort die Treppe zur Krypta hinab.
„Hey, ihr Geister, aufgepasst! Hier kommt Super-Valerian, der all eure Probleme löst! Nur zu, nicht so schüchtern! Ihr dürft alle einen Blick auf mich werfen“, rief der Unsterbliche, ehe er den Raum betrat.
Doch dieser war leer.
Das gibt’s ja wohl nicht , dachte er irritiert.
Valerian war in der Annahme hergekommen, den alten Knackern sofort seine geniale Lösung erklären zu können. Als Reaktion darauf erwartete er nichts anderes als tosende Begeisterung und unendlich laute Jubelrufe.
Und jetzt ist keiner da. So was!
„Hey, Leute, wo seid ihr?“
Er marschierte einmal im Kreis und sah sich suchend um.
Nichts. Keine Geister.
„Hallo? Niemand zu Hause? Schlaft ihr alle?“
Er warf einen Blick auf die Gräber.
Es dauerte eine ganze Weile, bis zwei Augen hinter einer Steinplatte hervorlugten – oder genauer: durch eine Steinplatte hindurch. Schließlich erschienen eine transparente Nase und das Gesicht von Sir Reginald. „What does he say?“, krächzte das alte Gespenst und kniff die Augen zusammen.
Großartig! Der hat dir gerade noch gefehlt!
„Hallo, Gevatter Tod. Wo sind denn die anderen?“
„Excuse me?“
„Ich sagte: WO sind die ANDEREN?“, brüllte der Student und verdrehte genervt die Augen.
Der Verblichene hob daraufhin nur missbilligend die Brauen.
„He does not need to scream so loudly. One is not deaf.“
Und schon war er wieder verschwunden.
Pah! Das gibt’s ja wohl nicht! Da überlegt man sich was Passendes und die tauchen nicht mal auf, die feinen Herrschaften! Na, dann eben nicht!
Valerian stürmte wieder nach oben.
Davon wird der lebende Sir Fowler erfahren! Diese Aufgabe ist definitiv beendet. Aus mangelndem Interesse der mitwirkenden Parteien.
Flint hatte ein mulmiges Gefühl und mit jedem Schritt wurde es schlimmer. Ich will keine Hypnose. Ich will keine Hypnose. Ich will keine Hypnose. Ich will keine Hypnose. Ich will keine Hypnose. Ich will keine Hypnose. Ich will keine Hypnose.
Er sagte es wie ein nicht enden wollendes Mantra immer wieder in Gedanken auf. Doch auch dies hielt ihn nicht davon ab, irgendwann Professor Desmondos „Labor“ zu erreichen.
Warum muss ich diese Art von Prüfung machen? Valerian ist munter abgezogen. Er darf sich um die schrägen Geister der Fowlers kümmern. Das sollte eigentlich meine Aufgabe sein! Ich bin der Geisterseher! Oder zumindest will ich ein vollwertiger Geisterseher werden … Ich sollte jetzt in die Krypta marschieren und mit den Geistern reden. Stattdessen werde ich hier in Hypnotherapie geschickt. Was soll das überhaupt für einen Sinn machen? Ach, halt: Ich habe die Aufgabe ja von diesem durchgeknallten Gustave Stolz bekommen. Die Aufgabe kann also gar keinen Sinn machen. Daran hätte ich wohl schon früher denken sollen.
Missmutig starrte er die Tür an und wünschte sich, die Prüfung wäre bereits vorbei.
Flint atmete tief durch und klopfte schließlich an. Als der Professor ihm öffnete, trat er ein. Das Büro sah noch genau so aus wie am Vortag, aber er brachte es nicht über sich, von alleine seinen Platz auf der Liege einzunehmen.
Ich will das alles nicht machen!
Trotz stieg in ihm hoch.
„Möchten Sie sich vielleicht setzen?“, hörte er Desmondo hinter sich.
Der junge Geisterseher wollte ihm schon eine passende Antwort geben, als er bemerkte, dass der Professor auf die Sitzgarnitur deutete.
„Hm“, machte Flint knappt und nahm auf einem der Stühle Platz.
Der Ältere setzte sich ihm gegenüber, faltete die Hände im Schoß und sah seinem Prüfling in die Augen. „Wie geht es Ihnen heute Morgen?“, erkundigte er sich höflich.
„Gut. Danke“, gab Flint zurück.
Wenn er reden will, dann nur zu! Alles ist besser als diese schreckliche Hypnose-Geschichte. Notfalls plaudere ich auch gerne über das Wetter. Oder Sport – und das ist wirklich mal ein erbärmliches Thema.
Ein Blick auf seinen Prüfer verriet dem Studenten jedoch, dass sich Desmondo ungefähr so für Sport interessierte wie ein Frosch für Hackbraten. Er
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