Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
damit, diesen umwerfenden Mann mit seinen entwaffnend verlockenden Grübchen anzusehen.
Reiß dich zusammen, Tamara! Es wird Zeit, sich wieder auf das Gespräch zu konzentrieren.
„Warum bist du überhaupt aufgestanden? Ich meine … hast du nicht unheimlich viel Blut verloren? Bist du schon wieder fit?“
„Ach, mir geht es gut. So viel Blut wird es wohl nicht gewesen sein. Und … ehrlich gesagt, wollte ich nur ungern ohne Hosen im Zelt eines Fräuleins liegen.“
„Ha, ha, der war gut! Was mich zu meiner nächsten Frage bringt: Wo waren deine Klamotten eigentlich? Du hast nackt mitten im Wald gelegen. Das ist mehr als merkwürdig.“
Joe zuckte nur kurz mit den Schultern und nickte dann.
„Zugegeben, das muss sehr seltsam ausgesehen haben.“
„Ja … in der Tat.“
Ein ausgeprägter Aspekt in Tamaras Charakter regte sich: Misstrauen. Mitunter ließ dieser sie auf andere recht unsympathisch wirken. In dem Fall jedoch half er ihr beim Nachdenken. Zum Beispiel fiel ihr auf, dass ihr Gegenüber gerade ihrer Frage ausgewichen war. Und nun meldete sich ein weiterer Aspekt ihres Charakters: Beharrlichkeit.
„Seltsam, ja … Gehörst du etwa zu diesen Leuten, die öfter nackt im Wald spazieren gehen? So Leute soll es ja geben … habe ich gehört.“
Er schmunzelte und schüttelte den Kopf. „Nein, wenn ich ehrlich bin, tue ich das nie. Ich wurde leider im falschen Moment überrascht.“
„Von dem Wolf?“
„Dem Wolf?“
„Ja, der dir die Wunden auf deiner Brust zugefügt hat.“
„Wie kommst du darauf, dass es ein Wolf war?“
„Ich hörte kurz vorher einen Wolf heulen. Und diese Striemen sahen wie Krallenspuren aus. Wieso? War es kein Wolf?“, wollte sie wissen.
„Doch, doch, es war ein Wolf. Ein ziemlich großer sogar.“
„Okay, der hat dich also überrascht. Wobei denn, wenn ich fragen darf?“
Frechheit siegt ja bekanntermaßen.
Er hob die Brauen und sah ihr tief in die Augen. „Willst du das wirklich wissen?“
Zum ersten Mal seit Jahren stieg Tamara Schamesröte in die Wangen und sie verspürte eine spontane Abneigung gegen eine mögliche Antwort. Am liebsten hätte sie „Nein, auf keinen Fall!“ geschrien, doch sie begnügte sich mit einem: „Nein, das wird wohl nicht nötig sein.“
„Ich bin dir sehr dankbar für dein Vertrauen. Ehrlich. Aber es war harmlos. Ich kam gerade aus dem Wasser.“
Um sich von ihrer überschäumenden Vorstellungskraft abzulenken, bemühte sich Tamara, das Gespräch am Laufen zu halten. „Du bist in dem See geschwommen?“, fragte sie ungläubig.
„Ja. Ist das nicht erlaubt?“
„Nein, ist es nicht. Davon abgesehen ist es nicht besonders clever. Wie kannst du in einem See schwimmen, dessen Wasser schlecht ist?“
„Das Wasser ist schlecht? Hm … Jetzt, wo du es sagst, es gab tatsächlich viele Algen. Aber zum Erfrischen hat es gereicht.“
Sein Blick wirkte arglos
„Du warst also schwimmen.“
„Ja, wie schon gesagt, du solltest es auch mal probieren. Es ist angenehm kühl auf der Haut.“
Wenn der so weiterredet, brauche ich tatsächlich bald eine Abkühlung.
„Ähm … ja … aber es war mitten in der Nacht.“
„Ja, das ist mir bewusst“, schmunzelte ihr Gegenüber.
Hmpf! Jetzt tu doch nicht so, als wäre das ganz normal!
„Sollte man das nicht lieber am Tag machen?“
„Nein. Und wenn ich ehrlich bin, dann fand ich es richtig … romantisch.“
Dabei warf Joe Tamara einen so leidenschaftlichen Blick zu, dass sie blitzschnell zur Seite schaute.
„Na schön … Und was genau machst du sonst noch hier im Wald? Außer nackt baden, meine ich. Das ist eigentlich ein Naturschutzgebiet, weißt du? Unbefugter Zutritt ist nicht erlaubt und so.“
Joe ließ den Blick schweifen. „Oh, das wusste ich gar nicht. Ich habe nirgendwo ein Schild gesehen.“
„Es stehen mehrere Schilder da. Aber nur an den Zugangswegen. Mitten im Wald machen sie ja auch wenig Sinn.“
Erneut schnitt Tamara eine Grimasse.
Verdammt! Ich sollte das mit dem Lächeln sein lassen.
„Das stimmt allerdings. Heißt das, dass du dich hier auch unbefugt aufhältst?“
Ha! Er versucht, von sich abzulenken. Netter Versuch!
„Nein“, antwortete sie so knapp wie möglich.
„Darf ich dann fragen, was du so ganz alleine hier im Wald machst?“
Da die Hexe auf diese Frage lieber nicht näher eingehen wollte, wählte sie statt einer Antwort die Konfrontation. „Du wechselst das Thema. Wir waren gerade bei dir.“
„Verzeihung! Ich kam hier mit
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