Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
anders.“
„Das ist genau das, was mir Sorgen macht, Katharina. Es ist fast so, als würde dich jemand für seine Zwecke missbrauchen. In deinem Alter solltest du deine Visionen kontrollieren können. Vielleicht ab und zu eine aus Versehen erhalten, aber das darf nicht die Regel sein.“
Cat saß mit einem betretenen Gesicht da und schwieg. Sie hatte das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, sie wusste jedoch nicht, was.
„Beschreib mir bitte, wie du die Visionen wahrnimmst“, bat Patricia nun etwas freundlicher. Ihr war die Gefühlsregung ihres Schützlings nicht entgangen.
„Ich stecke immer im Körper von jemand anderem. Durch dessen Augen sehe ich dann alles um mich herum. Ich darf mich nur in den vorgegebenen Bahnen der Vision bewegen. Sobald ich versuche, meinen Blick auf etwas anderes zu richten, werde ich aus der Vision geschleudert und wache auf.“
„Und du übergibst dich“, ergänzte Patricia.
Die Studentin lächelte matt.
„Ganz genau. Meistens komme ich nicht weit voran, wenn die Visionen auf diese Weise nachts zu mir kommen. Ich sehe Nacht für Nacht den gleichen Anfang, aber wenn ich zu viel denke oder fühle, dann verlasse ich die Vision. Deshalb dauert es auch ewig, bis ich eine Vision erforscht habe. Es ist frustrierend und nach einer Woche bin ich mit meinen Kräften am Ende.“
Die Prüferin nickte ernst. „Das glaube ich gerne. Und wo ist der Unterschied zu einer Visionssuche, die du im Ritualkreis machst?“
„Wenn meine Freunde mir als Essenzspender dienen, dann gleite ich leichter durch die Vision. Kleinere Abweichungen spielen keine Rolle, genauso wie Gedanken oder Gefühle. Im Gegenteil – wenn ich über die Vision nachdenke, dann fließen mir die Informationen nur so zu. Ich weiß auf einmal alles, was die Person weiß. Was sie gerade tut, warum sie hier langgeht, wer die Person neben ihr ist. Was sie am liebsten aß, als sie fünf Jahre alt war. Alles. Jedes kleinste Detail.“
Patricia nickte nachdenklich. Ihre Miene drückte interessierte Aufmerksamkeit aus.
„Ich glaube, ich weiß sogar, warum ich die Visionen erhalte. Es geht immer darum, ein Unrecht zu verhindern oder eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. So richtig haben die Visionen erst in Cromwell angefangen. Ich erhielt Visionen eines WICCA-Rituals. Später erfuhren wir, dass diese Hexen verstorben waren. Wären wir nicht eingesprungen, um an ihrer Stelle das Ritual durchzuführen, hätte sich ein Dimensionstor nahe Berlin geöffnet. Die zweite Reihe von Visionen handelte von einem Voodoo-Wirker, der Leichen beschwor und die verstorbenen Seelen dadurch quälte. Auch ihm konnten wir das Handwerk legen. Es ist immer wichtig und nützlich, deshalb bin ich froh, dass ich sie bekomme, auch wenn sie wirklich sehr unangenehm sind.“
„Cat, was du da beschreibst, das … das ist etwas ganz Seltenes. Ist dir das klar?“
Die Studentin machte große Augen. „Wieso? Es gibt doch viele Medien.“
„Das schon, aber für gewöhnlich erhalten sie kurze Eindrücke, wie Geistesblitze, in denen sie Bilder sehen. Die eigentliche Arbeit für ein Medium ist es, herauszufinden, was diese Bilder bedeuten. Manchmal sind es sogar nur Symbole. Ganze Episoden zu sehen und zu fühlen, ja, sogar die Erinnerungen zur Verfügung gestellt zu bekommen, das ist … selten. So selten, dass ich niemanden kenne, der das beherrscht.“
Ist das jetzt gut oder schlecht?
„Ich habe mich die ganze Zeit gewundert, warum du nicht in der Lage bist, deine Visionen zu kontrollieren. Ich schob es auf deine Herkunft. Dass die Magier dich nicht richtig vorbereitet haben.“
Patricia wiegte den Kopf und machte ein skeptisches Gesicht.
„Na gut, um ehrlich zu sein, das glaube ich immer noch.“
Cat schmunzelte.
„Aber jetzt ist mir alles klar! Diese Form der Visionssuche übersteigt die Fähigkeiten deines Alters bei Weitem. Es ist ganz normal, dass du nicht die nötige Essenz hast, um in der Vision Herrin der Lage zu sein. Ich bin, ehrlich gesagt, überrascht, dass nur ein einziger Unfall dieser Größenordnung passiert ist. Unter den Umständen war dein Einfall mit dem Ritualkreis eine geniale Idee.“
Zum ersten Mal hatte Katharina das Gefühl, ein echtes Lob erhalten zu haben. Sie strahlte die andere Frau erfreut an. „Danke.“
„Weißt du, wer dir die Visionen sendet?“
Das Lächeln wandelte sich in Ratlosigkeit.
„Nein, das weiß ich nicht.“
„Du hast nicht versucht, es herauszufinden?“
Cat zog schuldbewusst den Kopf
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