Die Cromwell Chroniken - Schicksals Pfade (German Edition)
Also ist es nicht wirklich eine Überraschung. Und da ich genau weiß, was passieren wird, kann ich damit auch umgehen. Ich muss mich nur dafür entscheiden – und das mache ich hiermit.
Entschlossen klopfte er an die Bürotür und trat ein, als man ihm öffnete.
„Hallo, Professor Desmondo. Ich bin bereit für die nächste Sitzung.“
„Guten Tag, Herr Maienbach. Freut mich, dass Sie da sind. Sie sehen viel besser aus als heute Morgen, wenn ich das sagen darf.“
„Danke sehr. Ich fühle mich auch besser. Fangen wir gleich an?“
„Wie Sie wünschen.“
Flint durchquerte den Raum, ließ sich auf der Couch nieder und schloss die Augen.
Ich bin bereit. Er nickte Desmondo zu.
„Ich werde jetzt gleich bis zehn zählen. Wenn ich bei zehn angekommen bin, dann befinden Sie sich in Ihrer schmerzhaftesten Erinnerung.
Eins.
Zwei.
Drei.
Vier.
Fünf.
Sechs.
Sieben.
Acht.
Neun.
Zehn.
Wo befinden Sie sich, Herr Maienbach?“
Flints Blick senkte sich langsam. Was er dort sah, ließ ihn zu Tode erschrecken. Zuckungen ergriffen seinen Körper und schüttelten ihn. Voller Entsetzen starrte er die Hand an, von der frisches, warmes Blut tropfte. Der Schock dämpfte seine Begriffsfähigkeit und es dauerte einen Moment, ehe er realisierte, dass es seine eigene Hand war. Er konnte es fühlen. Die Feuchtigkeit. Die Wärme. Es haftete an ihm wie ein Makel, den er nicht mehr abwaschen konnte. Der ihn für immer prägen sollte.
Das kann doch nicht sein! Das darf nicht sein! , war alles, was er denken konnte. Er stand benommen da. Eingehüllt in Schmerz.
Hinter ihm wurde die Tür aufgerissen. Wie in Zeitlupe wandte er sich um. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er realisierte, was er da sah: das besorgte Gesicht seines Vaters. Er starrte Flint fragend an. Doch als er das Blut entdeckte, wurde er bleich.
„Was hast du getan?“, sagte er anklagend. Die Stimme des Vaters war nur ein brüchiges Hauchen, dem jede Kraft fehlte.
Flints Kehle schnürte sich schmerzhaft zu. Er wusste, dass sein Vater eine Erklärung dafür wollte, dass er sie brauchte.
Ich kann nicht …
Doch Flint konnte nichts erwidern. Er konnte nicht einmal sprechen. Es war zu schrecklich. Schweigend stand er da.
Danach überschlugen sich die Ereignisse. Alles ging so schnell, dass Flint dem Geschehen nicht richtig folgen konnte. Mit zwei großen Schritten war sein Vater bei ihm und hatte ihn gepackt.
„WAS HAST DU GETAN?“, brüllte er seinen Sohn an.
Die Benommenheit des Vaters verschwand und machte bitterer Erkenntnis Platz. Quälend bahnte sie sich ihren Weg in sein Bewusstsein und hinterließ nichts als Wut und Verzweiflung. Flint konnte es in seinen Augen sehen – denn er fühlte wie er.
Voller Qual schrie sein Vater auf, ehe er ausholte und auf den Sohn einschlug.
Kapitel 37
Cendrick befand sich auf dem Stuhl. Der „Prüfer“ hatte darauf verzichtet, ihn mit den Riemen festzubinden, doch der junge Magier gab sich keinen Illusionen hin: Hier gab es kein Entrinnen!
Dem Studenten war bei den Vorbereitungen genug Zeit geblieben, die Geräte, an die er angeschlossen wurde, zu identifizieren. Ein Cardiosphygmograph war mit einer Manschette an seinem Arm befestigt. Das Gerät maß den Blutfluss in den Venen und stellte auf einem Bildschirm seinen Blutdruck und Herzschlag dar. Ein Pneumograph war mit zwei luftgefüllten Schläuchen um seine Brust und den Unterleib angebracht worden. Das Gerät zeichnete einen Wechsel im Luftdruck der Schläuche auf. Dies ließ Rückschlüsse auf Cendricks Atemfrequenz und Luftmenge zu. Die letzte Apparatur war an den Fingern des Studenten angebracht worden. Ein Galvanograph maß dort den elektrischen Widerstand seiner Fingerspitzen, da sich an dieser Stelle eine besonders hohe Dichte an Schweißdrüsen befand. Viel Schweiß bedeutete einen geringeren Widerstand, den das Gerät messen konnte.
Er bereitet einen Lügendetektortest mit mir vor , schoss es dem Studenten durch den Kopf. Warum? Was wollen sie von mir wissen? Ich kann ihnen doch gar nichts erzählen!
Das Prozedere machte für Cendrick keinen Sinn. Er fühlte Nervosität in sich aufsteigen und konnte förmlich spüren, wie die digitale „Nadel“ am Monitor ausschlug. Sehen konnte er die Bildschirme leider nicht.
„So. Wollen wir beginnen?“
Galdor hatte seine Vorbereitungen abgeschlossen und sich einen Hocker herangezogen. Nun zückte er ein Schreibbrett und blickte Cendrick erwartungsvoll an. Dieser konnte nicht erkennen, was für
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