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Die da kommen

Die da kommen

Titel: Die da kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Jensen
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einen kleinen Schluck Chardonnay. Dabei hinterlässt sie einen Lippenstiftfleck auf dem Glas. »Hesketh, bitte. Wir stehen auf derselben Seite.« Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Sie drückt den Rücken durch und seufzt. »Na, schön. Als Erstes solltest du wissen, dass es überall neue Fälle gibt.Ich spreche von unmotivierter Sabotage, gefolgt von Selbstmord. Ein brasilianisches Pharmaunternehmen. Ein Mann und zwei Frauen. Drei Jahre Arbeit an irgendeinem Wundermedikament. Alles weg. Datenbank gelöscht, Labor zerstört.« Ich schweige. »Es war kein gemeinsamer Selbstmord: Sie wurden getrennt zu verschiedenen Tageszeiten aufgefunden. Der Mann hat sich erschossen, die Frauen haben Tabletten genommen.«
    Wieder die klassische geschlechtsspezifische Wahl. »Und die anderen?«
    »Ein Ingenieur in Namibia, der eine große Pipeline bauen sollte, hat das gesamte Projekt durch eine Explosion zerstört. Danach hat er sich umgebracht. Ausgerechnet mit einem Schneidbrenner. Wie passt das ins Bild? Und Ashok erfährt jeden Tag mehr.«
    Ich schließe die Augen, konzentriere mich und versuche ganz schnell zu denken. Es geht nicht. Ich öffne die Augen und konzentriere mich auf den Whisky in meinem Glas, während ich spreche.
    »Bei Chen war es die Forstwirtschaft, bei Svensson Termingeschäfte und bei Farooq die Bauindustrie. Jetzt haben wir Pharma und Energie. Man könnte argumentieren, all das wäre Teil desselben …« Frustriert stelle ich fest, dass mir das richtige Wort fehlt. Sie hat mich erneut geschwächt.
    »… korrupten Marktes?« Sie lächelt. Ich lächle nicht zurück. Die alte Wunde ist offen und verstörend wie am ersten Tag. Wenn ich mich nicht auf das Rätsel konzentriere, bin ich überfordert. »Wenn wir von Institutionen oder kommerziellen Branchen ausgehen, gegen die Leute einen Groll hegen könnten, passt es auf alle. Aber es gibt auch noch andere sogenannte Schurken. Warum nicht die? Warum greift diese Epidemie oder was immer es ist die eine Organisation an und andere nicht?«
    »Vielleicht war noch keine Zeit dafür«, sage ich. »Vielleicht gibt es eine Liste.«
    »Und wer immer das hier inszeniert, hakt die Punkte nacheinander ab, als Teil eines Kreuzzugs ohne erkennbare Botschaft?«
    Ich will nicht mit ihr zusammenarbeiten. Das hier ist meine Ermittlung. »Möglicherweise Anarchisten.«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Dann wäre es aber einfach nur kindisch.«
    »Wenn das hier die Fälle sind, von denen Phipps & Wexman gehört hat, dürfte es Tausende geben, von denen wir nichts wissen.«
    Sie nickt. »Genau. Es ist eine komplizierte Geschichte. Deshalb will Ashok auch Gas geben. Die Klienten werden nicht für Ermittlungen bezahlen, wenn sich die Sabotagefälle als Teil einer Massenpsychose herausstellen. Oder als krankhafte moralische Hexenjagd. Oder als anarchistischer Aufstand. Es passieren noch andere Dinge, die genauso bizarr sind.«
    »Und genauso kindisch?«, frage ich.
    Sie blickt mich scharf an. »Was meinst du damit?«
    »Diese Kinder«, sage ich. »Das Pyjama-Mädchen und die anderen. Die gewalttätigen Kinder und die Selbstmord begehenden Saboteure sind keine getrennten Epidemien. Sie gehören zusammen. Obwohl man es, da es sich um ein globales Phänomen handelt, als Pandemie bezeichnen könnte. Technisch gesehen.« Das müsste sie inzwischen eigentlich wissen. Professor Whybray hat es erkannt. Sie betrachtet ihre gespreizten Finger. Sie sind dünn und schmucklos. Man kann die Knochen sehen.
    »Weiter.«
    »Beide Gruppen begehen atypische Handlungen. Sie befinden sich dabei in einer dissoziativen Fugue und sind sich ihrer Tat zum fraglichen Zeitpunkt nicht bewusst. Erst wennsie die Konsequenzen sehen, erkennen sie ihre Schuld. Die Kinder distanzieren sich von ihren Angriffen, indem sie schweigen. Die Saboteure hingegen behaupten, sie hätten keine Kontrolle über die Geschehnisse gehabt. Sunny Chen hat gesagt, sein Körper gehorche nicht immer dem Verstand. Und Jonas Svensson hat behauptet, er käme sich vor wie eine Marionette.«
    Stephanie trinkt noch einen Schluck Wein und hinterlässt einen zweiten Lippenstiftabdruck über dem ersten. Die Kosmetikindustrie sollte das mal verbessern. »Wessen Marionette?«
    Warum arbeite ich mit ihr zusammen? Von allen Leuten, die Ashok hätte schicken können …
    Oder hat sie sich freiwillig gemeldet?
    »Er hat von Trollen gesprochen. Und Kreaturen. Vor allem aber von Kindern.«
    Sie atmet durch. »Und wie passt das alles

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