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Die da kommen

Die da kommen

Titel: Die da kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Jensen
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Fluss und starren ins braune Wasser, als suchten sie etwas. Andere hocken am Ufer, die nackten Hände tief im schlammigen Sand vergraben. Manche Kinder können nicht älter als sechs sein. Ihre Kleidung ist durchweicht und schlammverschmiert. Zwei von ihnen sind splitternackt. Es ist Ebbe. Man kann den schweren, organischen Gestank des Flusses riechen.
    Er sagt: »Fahren Sie über die Brücke, dann schauen wir sie uns genauer an.« Ich zögere. Ich sehe sechs weitere Kinder. Einundzwanzig.
    »Wussten Sie, dass sie hier sind?«
    Er lächelt. »Vergessen Sie nicht, dass ich fürs Innenministerium arbeite. Wir beobachten Hunderte von Gruppen. Genau wie andere … Organisationen. Diese Gruppe wird irgendwann heute Nachmittag abgeholt. Kommen Sie, mein Junge. Zeit für die Feldforschung. Das einzig Wahre.«
    Ich parke auf der Brücke, die bis auf einen leeren Bus völlig verlassen ist. Gemeinsam gehen wir die Treppe hinunter. Es regnet wieder stärker.
    »Hey!«, ruft eine Männerstimme. Ich blicke hoch: Eine massige Gestalt in Regenjacke steht über uns auf dem breiten Fußweg aus Beton.
    »Vorsicht, da unten sind Kreaturen!«, ruft er und deutet auf sie.
    »Darum sind wir hier. Danke für die Warnung, aber es ist alles in Ordnung. Wir führen im Auftrag der Regierung eine Untersuchung in dieser Gegend durch«, ruft der Professorzurück. »Wir sind bewaffnet.« Bewaffnet? Ich staune immer wieder, dass Menschen, die ich respektiere, in Sekundenschnelle zu Lügnern werden können.
    »Wir haben unsere eigenen Informationen, falls Sie mal einen Blick drauf werfen wollen«, ruft der Mann und schwenkt eine Landkarte.
    »Am besten gehen wir getrennt vor«, sagt der Professor. »Aber danke für Ihr Angebot.«
    »Passen Sie gut auf. Ich behalte Sie im Auge«, sagt der Mann. »Falls Sie Verstärkung brauchen.«
    »Sehr freundlich. Herzlichen Dank«, antwortet der Professor. Als wir außer Hörweite sind, murmelt er: »Wie ich vorhin gesagt habe. Sie organisieren sich.«
    »Eine Bürgerwehr?«
    Er zuckt mit den Schultern. »So kann man es nennen. Sie selbst bezeichnen sich eher als Öffentlichkeit.«
    »Warum überlassen sie es nicht der Armee?«
    »Würden Sie das tun, wenn Sie wüssten, dass die Streitkräfte ebenso anfällig für Sabotageakte sind wie der Rest des Landes? Es reicht, wenn ein Soldat Amok läuft. Gestern gab es einen Zwischenfall. Ein Offizier mit einem Haufen Handgranaten. Fünf Tote. Es ist unmöglich, das alles zu überwachen. Leider hat sich die Nachricht schon verbreitet. Unter diesen Umständen sind soziale Netzwerke eher ein Fluch als ein Segen.«
    Als wir näher kommen, schauen uns einige Kinder kurz an, bevor sie sich wieder ihren Aktivitäten zuwenden, so wie es grasende Kühe tun, wenn jemand die Weide betritt. Sie sind in das Sammeln von Nahrung vertieft und zeigen weder Angst noch Interesse. Es sind nicht mehr als zehn Grad, aber sie scheinen die Kälte nicht zu spüren. Dann und wann beginnt ein Kind zu summen, man hört vereinzelte Schreie oder Grunzlaute, doch ansonsten ist es eine stille Gruppe.Sie wirken friedlich und einträchtig. Sie als »glücklich« oder »zufrieden« zu beschreiben, ginge wohl zu weit. Aber sie vermitteln einen Eindruck von Unschuld. Keine kindliche Unschuld, sondern die Unschuld wilder Tiere.
    Wir sind die Betonstufen hinuntergegangen und befinden uns auf derselben Höhe wie sie. Wir sind nur wenige Meter vom ersten Kind entfernt, einem kleinen Mädchen von etwa neun Jahren mit roten Locken und Sommersprossen. Es hockt im Sand vor einem tiefen Loch, das es gegraben hat. Mit einem erfreuten Quietschen zieht die Kleine einen Sandwurm heraus und stopft ihn sich in den Mund. Man kann hören, wie der Sand beim Kauen zwischen ihren Zähnen knirscht.
    »Faszinierende Parallelen«, murmelt der Professor. Ein Stück weiter schnappt ein kleiner Junge etwas aus der Luft und steckt es in den Mund. Es regnet stärker, sein Haar klebt am Gesicht. Er neigt den Kopf nach hinten und öffnet den Mund, um das Regenwasser zu trinken. Wir werden völlig durchweicht. Ich schlage den Kragen meiner Jacke hoch. Plötzlich erkenne ich, dass zwei Welten im selben Raum existieren können. Parallele Existenzen. Minimale Bewusstheit. Ich schaue hoch zum Fußgängerweg am South Bank, und der Wächter in der Regenjacke nickt zurück. Ein zweiter Mann tritt dazu, der ebenfalls nickt. Ich behalte Sie im Auge. Ich bin nicht undankbar für ihre Gegenwart.
    »Ich bin neugierig darauf, etwas über ihre

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