Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen
mir. Und wenn der Grube den nicht will, dann nehme ich ihn mit nach Hause, meinen Feuerstuhl.
Frank Appel
»Als Manager muss man akzeptieren, dass man den Menschen manchmal wehtut«
Post-Tower, Bonn, 40 . Stock. Ein verglaster, dreieckiger Raum. Grauer Teppichboden, atemberaubender Blick den Rhein entlang von Köln bis ins Siebengebirge.
Schwer vorstellbar, wie es hier aussah, als Klaus Zumwinkel noch Chef der Post war: Die Wände waren mit Holz vertäfelt, ein Ölbild des Postreformers Heinrich von Steffen hing an der Wand. Frank Appel, sein Nachfolger, ließ das Holz herausreißen und das Gemälde ins Depot bringen. Die Einrichtung spiegelt das Selbstverständnis der beiden letzten Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post wider. Der nüchterne Frank Appel löste den manchmal feudalen Klaus Zumwinkel ab.
»Postheroischer Manager« nannte Frank Appel sich einmal: Protagonist einer neuen Generation von Managern, die einfach ihrer Arbeit nachgehen. Er ist promovierter Neurobiologe, war dann Berater bei McKinsey, bevor er vor zwei Jahren Chef der Deutschen Post wurde; Zumwinkel musste das Amt wegen Steuerhinterziehung aufgeben.
Frank Appel steht neben einer Chaiselongue aus rotem Leder, die das einzig Auffällige an seinem Zimmer ist. Niemals liege er da drauf, sagt er. Innenarchitekten hätten sie hereingestellt, um dem ansonsten so nüchternen Raum eine besondere Note zu geben. Appel ließ es geschehen. Was gleich an ihm auffällt, ist ein großmütiger Gleichmut. Er lächelt fast ein wenig unsicher, als er sich zum Interview hinsetzt, die knochigen Hände vergräbt er dabei in seinen Hosentaschen.
In den Porträts über Sie fallen zwei Charakterisierungen auf, die sich wiederholen: intelligent, aber uncharismatisch.
Charisma wird bei Managern oft mit rhetorischem Talent gleichgesetzt. Ich musste erst lernen, zu vielen Menschen zu sprechen, von denen viele auch noch deutlich älter waren als ich. Die Mitarbeiter erwarten, dass man »bold statements« von sich gibt …
… vollmundige Aussagen …
… ja, im Sinne von »Wir machen das richtig!«, »Wir können das.« Ich fand das zuerst schrecklich. Ich musste mich langsam ranrobben.
Empfanden Sie die Aussagen als zu dick aufgetragen?
Man muss sich erst daran gewöhnen, dass man das Recht hat, solche Statements zu machen. Doch ich habe gelernt, dass die Mitarbeiter für ein Unternehmen arbeiten wollen, bei dem sie sagen können: »Wir haben einen tollen Chef, der die Richtung weist.«
Sie mussten Ihre Persönlichkeit verändern.
So tief geht es nicht. Ich spreche von Techniken, mich auszudrücken.
Wenn man mit 45 Jahren Chef der Deutschen Post wird, dem sechstgrößten Arbeitgeber der Welt, muss das doch Spuren in der Persönlichkeit hinterlassen?
Ich bin erst mit sieben in die Schule gekommen, weil meine Eltern sagten: »Der ist so schüchtern, der wird da untergehen.« Ich habe mit 22 , nach der Bundeswehr, angefangen zu studieren und habe mit fast 32 promoviert. Dann bin ich zu McKinsey gegangen. Wenn Sie mit 24 bei McKinsey einsteigen, sind Sie vielleicht noch formbar. Mit meinen 32 Jahren war ich eine gefestigte Persönlichkeit. Ich war immer der Älteste, das prägt – bis ich vor sieben Jahren ein junger Vorstand bei der Deutschen Post wurde. Und heute bin ich ein junger Vorstandsvorsitzender. Das ist für mich selbst auch sehr erstaunlich, aber verbogen hat es mich nicht.
»Wer eine glückliche Kindheit hatte, aus dem wird nichts«, heißt es im Topmanagement …
… warum sagt man das?
Weil einem sonst der Antrieb fehle, ein Dämon, vor dem man davonlaufen muss. Wie war das bei Ihnen?
Aufgewachsen in einem Neubaugebiet in Hamburg mit einer neuen Schule und reichlich Grünanlagen. Ich war das mittlere von drei Kindern. Eine ziemlich heile Welt. Ihre Annahme erscheint mir unplausibel.
Hat Leistung in ihrer Erziehung eine Rolle gespielt?
Meine Mutter hat mir immer gesagt: »Wenn du nicht investierst, kommt auch nichts raus.« Das habe ich später als Chemiker wieder erlebt: Fast keine chemische Reaktion läuft ohne Aktivierungsenergie ab. Meine Eltern hatten jedoch keine konkreten Karrierepläne für mich. Wir waren ein ziemlich liberaler Haushalt.
Haben Sie sich politisch engagiert?
Ich war nie in einer Partei, aber ich war politisch sehr interessiert. Ich bin 1981 zur Anti-Pershing-Demonstration hier nach Bonn gefahren. Eine schwierige Phase meines Lebens, weil ich den Wehrdienst nicht verweigert hatte.
Gehört die Bundeswehr zur
Weitere Kostenlose Bücher