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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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ist intellektuell extrem anspruchsvoll. Dagegen ist das, was wir hier tun, simpel. Ich habe da was mitgenommen, was mir keiner nehmen kann.
    Prägt das Studium Ihre Arbeitsweise?
    Höchstens in einem praktischen Sinn. Ich habe experimentell mit Zellkulturen gearbeitet. Die Regel ist, dass eine Versuchsanordnung nicht funktioniert und man es mit anderen Parametern noch einmal versuchen muss. Dieses Trial-and-Error-Prinzip der wissenschaftlichen Methode prägt mich bis heute. In der experimentellen Arbeit lernen Sie außerdem eine hohe Frustrationstoleranz, die mir als Manager nutzt. In meinem Job ist kein Tag so, wie er geplant war. Er ist voll mit schlechten Nachrichten, weil immer irgendwas passiert. Damit müssen Sie umgehen können.
    Von den Nachrichten, die Sie bekommen: Wie groß ist der Anteil der schlechten?
    75 Prozent.
    Und was sind die guten Nachrichten?
    Zum Beispiel Veranstaltungen, auf denen ich die Mitarbeiter lobe. Die freuen sich, dass man kommt und sagt: »Habt ihr super gemacht! Toll gemacht!« Das ist auch für mich angenehm.
    Die Physikerin Angela Merkel arbeitet auch als Politikerin wie eine Naturwissenschafterin: Versuche anordnen, die Elemente wirken lassen und erst am Ende eingreifen. Das Meiste erledigt sich von selbst …
    … ist ja auch so.
    Auch bei Kollegen, die Ihren Posten wollen?
    Ich habe nicht das Gefühl, dass ich hier nur von neidischen Leuten umgeben bin, die gerne meinen Job hätten.
    Als es um den Posten des Postvorstands ging, gab es zwei Konkurrenten …
    … die haben sich tatsächlich selbst erledigt.
    Und Sie haben sich das ganz in Ruhe angeschaut?
    Verhindert habe ich es nicht.
    Auch Sie haben eine gewisse Härte.
    Ich würde bezweifeln, dass ich so ein harter Typ bin. Wenn ich im Privaten irgendetwas verhandeln muss, sagt meine Frau immer: »Das mache ich lieber.«
    Ist Ihre Frau für Sie ein Korrektiv?
    Ja. Ich rede mit ihr auch über die Arbeit. Sie kann inhaltlich vielleicht nicht alles beurteilen, aber sie hinterfragt vieles. Oder sie sagt: »Warum schiebst du das wieder vor dir her? Du musst jetzt endlich mal entscheiden!« Oder wenn ich sage: »Ich hatte heute wieder einen Scheißtag, da hat wieder einer rumgemäkelt!« Dann sagt sie mir: »Da hat er aber auch Recht!«
    Arbeitet Ihre Frau?
    Meine Frau unterrichtet in Teilzeit als Lehrerin am Gymnasium.
    Wie muss man sich Ihre Wochenenden vorstellen: in der einen Hand das Telefon, in der anderen den Blackberry?
    Der Blackberry ist aus. Den mache ich nur an, wenn ich einen Anruf bekomme: »Du musst mal kucken, was ist.« Sonst ist der immer aus. Ich benutze ihn im Prinzip die ganze Woche nicht. Es gibt Leute, die sind fast süchtig nach dem Ding. Ich weiß nicht, wie die ihren Tagesablauf hinbekommen. Ich finde das merkwürdig.
    Der Blackberry entspricht dem Mantra der Wirtschaft: Schnelligkeit, die ständige Bereitschaft …
    … bei McKinsey habe ich auch am Wochenende gearbeitet. Dann kam unser erstes Kind, und ich habe mir gesagt: Das kann es doch nicht gewesen sein. Ich kann doch jetzt nicht bis zum Ende meiner Tage so hart arbeiten. Seitdem nehme ich mir das Wochenende frei. Nur verlangt dieser Beschluss extreme Selbstdisziplin, damit man alle Arbeiten am Freitagnachmittag erledigt und nicht doch etwas ins Wochenende mitnimmt.
    Von einem Vorstandsvorsitzenden wird eigentlich erwartet, dass er seine gesamte wache Zeit für das Unternehmen einsetzt.
    Ich finde, man muss auch Leine geben können. Wenn die Arbeitsintensität steigt, entscheidet man schneller und braucht den Mut zur Lücke. Sie müssen sagen: Okay, ich glaube jetzt, dass die Organisation das von alleine hinkriegt. Deshalb fahre ich auch nicht für eine, sondern lieber für zwei Wochen in Urlaub. Nach zwei Wochen haben sich die meisten Dinge von alleine erledigt.
    Man muss es dann nur aushalten, wenn die anderen falsch entschieden haben.
    Fehlentscheidungen sind nicht zu vermeiden. Von keinem. Wenn Sie null Fehler machen, entscheiden Sie nichts. Wichtig ist, dass Sie Fehler schnell korrigieren. Deswegen ist Vergebung so wichtig. Als Manager müssen Sie lernen, Fehler vergeben zu können – auch sich selbst. Es gibt eine Menge Manager, die begründen permanent, warum die Fehlentscheidung eigentlich keine Fehlentscheidung war. Viel wichtiger als die Frage, wer ist schuld, ist doch die Frage: Wie lernen wir daraus?
    Sie haben in Ihrem ersten Jahr als Postchef Entscheidungen Ihres Vorgängers und Förderers Klaus Zumwinkel korrigiert: Das Engagement in

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