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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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Continental erlebt haben …
    … ja, und diese Form von Zerstörung gefällt mir wenig.
    Die Übernahme von Continental durch die Schaeffler-Gruppe gehört inzwischen zu den großen Wirtschaftsdramen der deutschen Industriegeschichte.
    Mir wäre etwas weniger Drama sehr recht gewesen.
    Es ging um eine feindliche Übernahme, die Königsklasse in der Disziplin des Managements. So etwas geht nicht ohne Drama.
    Die Königsklasse ist, wenn sie aus einer feindlichen Übernahme eine freundliche machen. Sie müssen die Manager im anderen Unternehmen, die Finanzinstitute, die Kunden für sich gewinnen. Bis der Leser des Wirtschaftsteils denkt: »Ach, das sieht aber sehr freundlich aus«; keine Spur mehr von feindlich.
    So gesehen ist die Übernahme von Continental auf jeden Fall gescheitert: Sie mussten Ihren Posten als Aufsichtsratschef aufgeben, der halbe Vorstand dazu und der Vorstandsvorsitzende auch. Kurz davor hatte der das Vorgehen der Schaeffler-Gruppe noch öffentlich drastisch beschrieben, als »egoistisch, selbstherrlich, verantwortungslos«.
    Natürlich kochen die Emotionen in solchen Fällen schon mal hoch. Ansonsten sollte das nicht sein.
    Sie hatten Frau Schaeffler ursprünglich sogar angeboten, sich an Continental zu beteiligen …
    … wahr ist, dass ich vor zwei Jahren gemeinsam mit unserem Vorstandsvorsitzenden zu ihr gefahren bin, um sie als eine gewichtige Investorin zu gewinnen. Ich habe damals auf eine Beteiligung gehofft, so wie sie Johanna Quandt bei BMW hat, als stille Teilhaberin. Wir wollten uns so auch vor fremden Übernahmen schützen.
    Wussten Sie, auf wen Sie sich da einließen?
    Ich war mit Georg Schaeffler befreundet, daher kannte ich Frau Schaeffler. Nach dem Tod Ihres Mannes im Jahr 1996 rief sie bei mir an und sagte: »Helfen Sie mir!« Und ich habe ihr geholfen. Zwei Jahre lang.
    Jetzt steht Continental am Abgrund. Weil sich Frau Schaeffler bei dem Versuch, in das Unternehmen einzusteigen, vollkommen übernommen hat.
    Es ist viel zu früh, das Thema heute schon endgültig zu bewerten. Ehe man sich grämt, muss man daran mitarbeiten, zu retten, was zu retten ist. Und das tue ich.
    In der ganzen Auseinandersetzung zwischen Schaeffler und Continental spielt offenbar das Irrationale eine große Rolle: Frau Schaeffler, die den Nachlass Ihres Mannes retten will; Sie, ein Mann, der um sein Lebenswerk kämpft. Dabei nimmt man doch eigentlich an, in Ihrer Sphäre bestimme die Rendite.
    Management handelt immer auch von Mut, Ehrgeiz, Beharrlichkeit und Ängsten. Wer das Gegenteil behauptet, lügt.
    Kann es nicht sein, dass Sie Management nur in dieser dramatischen Dimension ernst nehmen können?
    So weit würde ich nicht gehen. Durch meine eigene unruhige Karriere habe ich jedenfalls eine tiefe Abneigung gegen die Machtbewahrer. Dieser Typus von Managern macht mir heutzutage in den Spitzenpositionen Sorgen.
    Das Spontane, das Gewagte wird einem Manager zunehmend ausgetrieben. Weil er eingeklemmt ist zwischen den Interessen von Analysten, Investoren, Kunden.
    Wie man seine Rollen definiert, das hat man in unseren Positionen immer noch selbst in der Hand. Ich glaube, die Verzagtheit mancher Manager hat eher eine kulturelle Dimension: In Deutschland darfst du nicht verlieren, sonst wirst du gesellschaftlich geächtet; in den USA darfst du verlieren und bekommst einen Neustart. Es ist nicht das Ende deines Ansehens und nicht das Ende deiner Mitgliedschaft im Country Club, wenn du mal in die Knie gehst.
    Das Bild des Comeback-Kids.
    Die Amerikaner lieben es. Wenn du in Deutschland scheiterst, bedeutet es oft das Aus. Ansehen, gesellschaftliche Kontakte und Karriere sind beendet. Und die Frau wird in der Boutique geächtet: »Na, liebe Emilie – was ich von Ihrem Mann gelesen habe, ist ja auch unerfreulich!« Die Frau schämt sich, in die Boutique zu gehen, und weil sie sich nicht mehr raus traut, kauft sie im Katalog oder im Internet ein. Das ist jetzt überzeichnet, aber in den USA gibt es das in dieser Form nicht.
    Nach welchen Kriterien suchen Sie sich Ihre Mitarbeiter aus?
    Das kommt auf die Aufgabe an. Als ich bei Continental anfing, hatten wir das Problem, dass wir bei der Reifenausrüstung von Neuwagen traditionell Verluste machten. Und die Kollegen haben gesagt: »Kannst du vergessen, das können wir nicht drehen.« Da habe ich rumgefragt unter den jungen Wilden im Konzern, den Aggressiven, die für schwierige Jobs in Frage kamen. Ich habe mit dem einen oder anderen in der Kantine gegessen,

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