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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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ihres Mannes, und von Grünberg, der in der Relativitätstheorie promovierte Physiker. Hinterrücks hat Schaeffler den dreimal größeren Konkurrenten Continental weitgehend übernommen. Erst wurde die Geschichte als Heldengeschichte erzählt: von einer mutigen Mittelständlerin, die über einen Konzern triumphierte. Dann brachen die Aktienmärkte und die Automobilindustrie ein, und jetzt steht der neu geschaffene Konzern Schaeffler/Conti mit dem Rücken an der Wand.
    Von Grünberg ist noch Verwaltungsratschef von ABB , einem Elektronikkonzern, dem Schweizer Pendant zu Siemens. Dort machte er seinem Spitznamen alle Ehre und setzte den Manager Fred Kindle trotz guter Zahlen vor die Tür. Dabei sieht Hubertus von Grünberg mit seinen braunen Augen, den dichten Augenbrauen und seinem schelmischen Gesichtsausdruck eigentlich sehr freundlich aus.

    Sie haben über die Relativitätstheorie promoviert, um sich dann ein Leben lang mit Autoteilen zu beschäftigen. Hat Sie das nie gestört?
    Ich bin Naturwissenschaftler, und für mich ist die Aufgabe, eine Firma zu leiten, ein hoher Anspruch. Da sollte keiner sagen, »das ist mir nicht intelligent genug«. Diese Art von Intelligenzia verabscheue ich. Es macht mir Spaß, ein Unternehmen in einer Form vorzufinden und in ganz anderer Façon wieder zu verlassen.
    Ihre Promotion in theoretischer Physik haben Sie einmal so kommentiert: »Danach kann einem im Beruf nichts mehr Angst machen.« Wie meinten Sie das?
    Ich habe mir an der Universität Köln das Studium ausgesucht, in dem die Durchfallquote am höchsten war. Die lag in theoretischer Physik und reiner Mathematik bei 90 Prozent. Und da ich ein Technikfreak war, habe ich mich dann für Physik entschieden.
    Damit fühlten Sie sich für den Beruf des Managers gewappnet?
    Es hat meine Grundhaltung bestimmt. Ich habe mich in der Schule oft gelangweilt. Deshalb habe ich mir einiges geleistet, ich war das »enfant terrible« …
    … als das Sie noch heute gelten.
    Mit dieser Überheblichkeit habe ich vermutlich einige Leute vor den Kopf gestoßen. Aber wenn man zur Langeweile neigt, muss man Dinge machen, die nicht jedem gefallen. Bei Routine werde ich unleidlich, das habe ich nicht ablegen können. Ich habe mit 56 , nach acht Jahren Vorstandsvorsitz von Continental, gesagt: »Ich mag nicht mehr.« Das ist allgemein nicht verstanden worden, ich habe dafür viele Prügel bezogen. Aber ich muss meinen Prioritäten auch irgendwie gerecht werden. Ich habe mit 56 aufgehört, weil ich nicht mehr mit klopfendem Herzen zur Arbeit gefahren bin.
    Sie scheuen die Normalität, das, was man die Mühen der Ebene nennt.
    Eine Polarexpedition kann auch anstrengend sein. Und zum Nordpol zu gelangen und gesund zurückzukehren, ist ganz was Feines, wenn noch keiner vorher da war. »Business as usual« mache ich nicht gut. Ich suche mir dann das Betätigungsfeld, ein Unternehmen, wo man dramatisch etwas zum Vorteil der Belegschaft und der Aktionäre verändern kann. Es geht um diese Aggressivität eines Planes, für die ich eigentlich lebe.
    Sie wollen nicht weniger, als die Welt zu gestalten.
    Zur Weltgestaltung fehlt mir die Puste. Da habe ich auch nicht den Job und die Größe dafür. Aber ich versuche, das mir Anvertraute zu optimieren und nicht nur am Laufen zu halten. Das war schon mit 34 so, als ich für den Autozulieferer Teves nach Brasilien ging. Ich bin neben das Unternehmen gezogen, statt ins zwei Stunden entfernte São Paolo. Ich wohnte in einem kleinen, schäbigen Haus direkt neben der Fabrik mit der Gießerei und den Kompressoren. Die waren so laut, dass immer irgendwelche Ziegel vibriert haben. Da bin ich aufs Dach gestiegen und habe jede Menge Kaugummis dazwischengeklebt – aber es hat trotzdem immer noch irgendein Ziegel vibriert. Meine drei Vorgänger hatten dort allesamt Geld verloren, ich habe im zweiten Jahr so viel Gewinn gemacht, dass ich in den USA eine Auszeichnung bekam.
    Sie sehen sich als einsamen Helden.
    Einsame Helden gibt es nur in Romanen. Wir Manager tun unseren Job, eingebunden in ein komplexes System aus Kapital, Kundschaft, Mitarbeitern, Öffentlichkeit. Wir haben unsere Rolle.
    Die Sie radikal ausfüllen: Sie werden der »kreative Zerstörer« genannt, der Inbegriff des Managerbilds von Joseph Schumpeter.
    Das gefällt mir nicht so ganz, weil gerade bei Continental tatsächlich ein paar Sachen kaputtgegangen sind …
    … im Zusammenhang mit der Fusion mit Schaeffler, die Sie als Aufsichtsratschef von

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