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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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und einer hat gesagt: »Ich mach das!« Dann habe ich geantwortet: »Wenn es nicht klappt, müssen Sie mir das rechtzeitig sagen. Kommen Sie so schnell, dass Ihre Niederlage nicht offenkundig ist, dann kann ich Sie fürs Unternehmen halten.« Dann sagte er: »Die Wette gilt.« Und ich erwiderte: »Wenn Sie es schaffen, werden Sie der jüngste Vorstand des Hauses.« Die PKW -Reifen schreiben seither schwarze Zahlen. Auch in der Erstausrüstung. Diese Aufgabe war ein Tabu, eine mission impossible.
    Einen, der nicht mitgezogen hat, schickten Sie auf eine lange Reise, »von der er nicht mehr zurückkehrt«. Das haben Sie so gesagt.
    Ja, es gab mal einen, der war nach einer langen Geschäftsreise nicht mehr im Unternehmen. Aber ich habe mich mit Widerspruchsgeistern auch ad infinitum herumgeplagt und mich nie getrennt. Es gibt ganz lebendige Beispiele für Leute, die nicht gerne Kompromisse machten, immer ihren eigenen Kopf hatten, aber sehr wertvoll waren und von denen ich mich nie gelöst habe. Mutiger Widerspruch zur rechten Zeit kann durchaus auch spielentscheidend sein.
    Es geht auch weniger um Widerspruch, sondern darum, dass jemand Ihren Ansprüchen nicht genügt.
    Wenn einer sagt: »Geht nicht!« und eigentlich meint »Will nicht!«, wenn Sie dem ein- oder zweimal vorgemacht haben, dass es doch geht, indem Sie selbst tief einsteigen, Zeit reinstecken, wenn der dann zum dritten Mal sagt: »Geht nicht!«, dann kann es schon mal sein, dass er gehen muss. Die anderen Mitarbeiter verfolgen das ja und sagen: »Solange er den gewähren lässt, brauche ich mich nicht so stark anzustrengen.«
    Sie halten nicht viel von Ihren Mitarbeitern.
    O doch, ich verdanke ihnen alles. Aber wir sprechen hier ja über wirklich gut bezahlte Manager, nicht über Techniker oder den Arbeiter in der Produktion. Da verlange ich, dass sich die Leute reinknien. So wie ich es tue. Wissen Sie, was ich gerade lese?
    Nein.
    High Voltage Engineering . Ich verstehe nämlich nicht genügend von Hochspannungstechnik, doch das muss ich als Präsident von ABB , die sind nämlich am Kraftwerksbau beteiligt. Ich sitze auch im Aufsichtsrat der Telekom, davon verstehe ich gerade so viel, dass der René Obermann nicht über mich lacht, aber das reicht. Wo ich nicht den Vorsitz habe, kann ich sagen: »He, Herr Vorsitzender, wie geht es jetzt weiter?« Wo ich ihn selber habe, muss ich sehen, dass ich mir eine richtige Idee überlege für den nächsten Schritt. Und bei ABB weiß ich dafür noch nicht genug. Deshalb habe ich High Voltage Engineering auf dem Schreibtisch. Das ist ein dicker Wälzer.
    Sie verlangen absolute Hingabe.
    Wenn man den Punkt erreicht hat, an dem man Dienst nach Vorschrift macht, muss man sich neue Aufgaben suchen, anstatt zu sagen: »Der Job ist aber gut bezahlt. Dann mache ich eben weniger.« Als ich das meiner Frau erzählt habe, hat sie gesagt: »Völlig falsche Entscheidung. Mach weiter und geh um vier nach Hause.«
    Hat Ihre Frau gearbeitet?
    Ja. Aber sie musste ihre Arbeit aufgeben, als wir nach Brasilien gingen. Meine Frau ist Maschinenbautechnikerin und konnte in der Einöde im Umfeld des Werkes, wo wir wohnten, keinen Job finden. In der gleichen Firma wollte ich sie nicht haben, eine andere Firma war nicht da.
    Sie haben sich im Studium kennen gelernt?
    Nein, bei Teves. Noch bevor wir uns dort kennen lernten, habe ich zu einem Kollegen gesagt – es war Freitag, und wir waren noch an der Arbeit: »Jetzt ist es halb zehn, ich geh jetzt, ich bin Junggeselle, ich muss mich noch etwas umtun.« Er antwortete: »Sie müssen jetzt nicht fortgehen. Sie haben keinen Buckel und einen guten Job, das klappt bei Ihnen mit dem Heiraten auch so.« So kam es. Und meine Frau ging mit mir überallhin, durch dick und dünn.
    Gibt Sie Ihnen Ratschläge?
    Sie ist ein guter Techniker, und ich kann ihr viele technische Probleme übergeben. Die löst sie immer irgendwie. Aber was meine Arbeitsauffassung angeht, die kann sie nicht wirklich verstehen. Als ich 1991 bei Continental den Vorstandsvorsitz übernommen hatte, kam einer von Deutschlands bekannteren Beratern zu mir und sagte: »Conti ist nichts, was man zu lange machen sollte. Sie sind jetzt zwei Jahre dort. Conti ist nur ein Sprungbrett. Conti ist ein Loser.«
    Der Berater war Roland Berger …
    … das »Wer« ist hier nicht von Relevanz. Nachdem der Berater mir das gesagt hatte, habe ich den Wert der Aufgabe erst begriffen: Das war wieder meine theoretische Physik, jetzt hatte ich wieder eine

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