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Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen

Titel: Die da oben - Innenansichten aus deutschen Chefetagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Barbara u Heidtmann Nolte
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anderen Branchen tut.
    Aber natürlich hat es eine besondere Bedeutung, wenn jemand in Ihrer Position die Perspektiven sehr negativ beschreibt. Sie wissen doch, was Sie tun.
    Natürlich sage ich das bewusst. Weil ich der Meinung bin, dass man aufrichtig sein muss. Das müssen auch die Mitarbeiter spüren, weil ich die auf dieser schwierigen Wegstrecke mitnehmen muss. Diese Krise ist noch nicht ausgestanden, wenn man die verschiedenen Anzeichen addiert, gibt es keine andere Erklärung.
    Vielleicht schadet einfach zu viel Realismus. Es heißt, Wirtschaft sei zu 50 Prozent Psychologie.
    Ich glaube einfach, dass falscher Optimismus zurzeit nicht angebracht ist. Ich bin ja eher dafür bekannt, das berühmte Glas halb voll zu sehen als halb leer. Ich bin grundsätzlich optimistisch, das habe ich über die Jahre hinweg gelernt.
    Sie sagen »gelernt« – kann man sich Optimismus anerziehen?
    Das hat natürlich viel mit der Erziehung zu tun. Wer zu Hause immer gesagt kriegt: »Das war aber jetzt nichts! Die anderen sind ja alle viel besser« – dann wird es schwer, optimistisch zu sein. Ich komme ja selbst aus einer Gegend, da heißt es: »Nicht geschimpft ist gelobt genug!« Und ich bin zum Teil auch so erzogen worden. Aber meine Eltern haben mir auch viel Selbstvertrauen mitgegeben.
    In der Wirtschaft herrscht ein Zwang zum Optimismus.
    Kein Zwang, aber wer optimistisch ist, hat mehr Energie. Die ganze Argumentationskette läuft anders ab. Sie denken am Ende auch anders, Sie sind deutlich kreativer in der Offensive als in der Defensive.
    Dürfen Zweifel im Managementprozess nicht sein?
    Zweifel ist im Deutschen ein sehr starkes Wort. Ich empfinde das jedenfalls so. Im Englischen gibt es das in unserem Sinn nicht, »doubt« ist viel leichter, bei uns geht Zweifel tiefer. Das wird sehr schnell grundsätzlich.
    Wenn der Zweifel zum Gründeln wird, dann lehnen Sie ihn ab.
    Wenn Gründeln von einem Schuss Selbstironie begleitet wird, dann finde ich es gut. In Deutschland wird das nur so schnell fundamentalistisch, ideologisch. Damit kann ich nichts anfangen.
    Kollegen von Ihnen erzählten uns, dass sie manchmal nachts aufwachen, und dann laufe gleich ein Film ab, mit den Problemen, die sich angesammelt haben. Kennen Sie das auch?
    Nein, überhaupt nicht. Es kann aber sein, dass mich eine Idee, ein Gedankenblitz aufweckt. Den schreibe ich dann im Halbschlaf schnell auf, dafür liegt auf dem Nachttisch extra ein Block. Aber sonst wache ich eigentlich nur auf, wenn sich irgendwas im Haus bewegt.
    Wie werden Sie dann die Dinge los, die Sie bedrängen?
    Ich jogge. Dabei kann ich gut nachdenken.
    Wann laufen Sie?
    Ich wache eigentlich immer gegen halb sechs auf, noch vor dem Wecker, auch am Wochenende. Dann geh ich laufen. Innerhalb von einer Viertelstunde nach dem Aufstehen bin ich draußen.
    Ohne Kaffee?
    Kaffee dürfen Sie nicht trinken, wenn Sie rennen. Wasser! Oder Tee.
    Wie lange sind Sie dann unterwegs?
    Ungefähr eine Stunde. Das ist unterschiedlich. Wenn ich gut drauf bin, auch etwas länger. Kopf und Körper müssen dabei in Harmonie zueinander kommen, dann wird der Kopf frei.
    Wann beginnt am Morgen das Geschäftliche?
    Wenn ich von meinem Fahrer abgeholt werde.
    Haben Sie immer denselben Fahrer?
    In der Regel ja.
    Unterhält man sich dann morgens miteinander?
    Wenig, weil ich meistens schon anfange zu lesen. Besonders wenn ich erst am Abend vorher von einer Reise zurückgekehrt bin oder einen schwierigen Tag vor mir habe. Mir ist wichtig, selbst zu entscheiden, wie ich mir meinen Tag gestalte. Ich mag es nicht, wenn der voll ausgefüllt ist, ohne Freiraum zum Nachdenken. Deshalb diszipliniere ich mich sehr und alle, die mit mir zu tun haben. Ich versuche deshalb auch immer, die unangenehmen Dinge zuallererst zu erledigen.
    Was gehört dazu?
    Schwierige Personal- und Geschäftsentscheidungen. Zum Beispiel, wenn wir mit persönlichen Leistungen nicht zufrieden sind. Oder wenn Geschäftsziele nicht erreicht werden. Manchmal müssen auch Ursachen von Betriebsstörungen geklärt werden.
    Die natürliche Reaktion wäre: aufschieben.
    Völlig falsch – wenn etwas unangenehm ist, bringe ich das auch nachts noch hinter mich. Das muss weg! Als Erstes. Das sind Energieverzehrer. Deshalb: sofort weg! Sonst ist der ganze Tag für mich im Eimer, dann macht die Arbeit keinen richtigen Spaß mehr, weil man immer hinter sich selber herrennt.
    Das klingt so, als hätten Sie sich mit der Organisation gezielt auseinandergesetzt. Haben Sie

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