Die Daemmerung
keine andere Aufgabe zu haben, als eine einzige, von halbnackten Sklaven getragene Sänfte zu schützen. Als wir sie aufriefen, sich zu ergeben, wendeten sie natürlich ihre Pferde und kämpften — etwas anderes hatten wir auch nicht erwartet. Wenn die Person in ihrer Obhut reich oder wichtig genug war, um eine so große Leibgarde zu haben, würden sie sie nicht so leicht preisgeben. Aber bei all ihrer Kampfesstärke waren sie doch nur Sterblichenkrieger und uns an Zahl nur geringfügig überlegen. Für uns war es wie ein Kampf gegen kräftige, aber ungeschickte Kinder.
Als wir die Soldaten niedergemacht hatten, ließen die Sklaven die Sänfte fallen und flohen. Der Sterbliche, der der Sänfte entstieg, war klein und dunkelhaarig. Sein Gesicht war mir fremd, wenn er mir auch irgendwie bekannt vorkam.
›Tut mir nichts‹, sagte er in ängstlichem Ton. ›Lasst mich gehen, und ich werde euch alle reich machen.‹
›Was könntest du uns geben?‹, riefen meine Männer lachend. ›Gold? Vieh? Wir sind das Volk — das wahre Volk. Du könntest uns nichts geben, das wir euch Steinaffen nicht zuerst gegeben hätten!‹
›Unser König will dich, also wirst du mitkommen?‹, johlten andere. ›Mehr gibt es nicht zu sagen.‹ Und sie warfen den Gefangenen roh über einen Pferderücken, die Hände im Rücken gefesselt.
Als wir ihn vor den König brachten, hob der Gefangene wieder an zu sprechen, und obwohl seine Worte immer noch flehend waren, lag doch etwas Seltsames in seiner Stimme. ›Bitte, o König Numannyn, Herrscher der Qar, Herr der Winde und Gedanken, lasst mich gehen, und ich werde Euch reich beschenken. Ich will keine Ungelegenheiten, weder für mich noch für Euch.‹
Der König lächelte kalt — der Anblick machte mir Angst, obwohl ich nicht wusste, warum, ich hatte nur das Gefühl, als ob ein großer Fels sich hangwärts neigte. Etwas würde geschehen, wenn ich auch nicht wusste was, und gleich würde es zu spät sein, es noch zu verhindern.
›Du hast mir nichts zu geben außer dem, was du weißt‹, sagte Numannyn, ›und das wirst du mir geben, ob du willst oder nicht. Du gehörst jetzt mir. Wer bist du und wohin wolltest du?‹
Der Sterbliche senkte den Blick wie aus Angst oder Scham, doch als er wieder aufsah, war in seinem Gesicht keins von beidem. Seine Augen glänzten, und sein Gesicht war so kalt und hart wie das von Numannyn.
›Nun gut, kleiner König. Ich hatte nur gehofft, mich von diesem Ort und diesem ständigen Kämpfen, für das ich in keiner Weise tauge, entfernen und in mein Heim auf dem Gipfel des Xandos zurückkehren zu können. Aber Ihr wolltet mich ja unbedingt aufhalten und verhören. Mich gefangen nehmen. Meinetwegen.‹ Er hob die Hände. Die nächststehenden Wachen zogen die Schwerter, doch der Fremde machte sonst keine Bewegung. »Ihr wollt meinen Namen wissen? Meine Gefolgsleute nennen mich Zosim, aber Ihr kennt mich besser als den ersten und größten Trickster.‹
Und es war in der Tat der Gott selbst, der sich in das Äußere eines Sterblichen gewandet hatte — noch während er sprach, begann er seine wahre göttliche Gestalt anzunehmen. Er wurde immer größer. Seine Augen funkelten, und seinen Kopf umspielten Blitze. Ich war noch jung und nicht so stark wie jetzt — ich konnte ihn kaum ansehen, während er sich zu erkennen gab, so schrecklich war sein Anblick. Und er war noch einer der unkriegerischsten Götter! Wir hatten ihn dabei ertappt, wie er sich aus der Schlacht davonstehlen wollte! Aber jetzt würde er kämpfen. Jetzt würde er strafen.
Seine Haut wurde so schwarz wie Rabenschwingen, seine Augen wurden rot wie glühende Kohlen. Seine Rüstung, aus einem Metall, das rot und blau zugleich war, überwuchs ihn wie Moos einen Stein, bis er von Kopf bis Fuß gepanzert war. Wir Gefolgsleute des Königs waren alle so starr wie Vögel im Bann einer Schlange. Eine seiner Hände langte empor und hielt plötzlich eine Peitsche aus Feuer. Die andere griff aus und fasste einen Stab aus Kristall. Und dann begann er zuzuschlagen — selbst sein Gesang war schrecklich. Ihr habt nie einen Gott gesehen, Kayyin. Ein Gott in seiner Kampfesrüstung ist das Furchterregendste, was Ihr Euch vorstellen könnt. Ich hoffe, mein langes Leben wird enden, ohne dass ich so etwas je wieder sehen muss. Ja, bei einem Gott wie Trickster, einem Meister der Stimmung und des Geheimnisvollen, war die Erscheinung selbst Teil der Macht — unsere Angst machte ihn noch gewaltiger.
Aber versteht
Weitere Kostenlose Bücher