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Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Titel: Die Daemonen 01 - Die Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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sich trichterförmig in sich selbst zurück wie in eine Sanduhr. Waldbäume schrumpften undwelkten und durchlebten mehrere Jahreszeiten innerhalb weniger Augenblicke.
    Gäus spürte, wie eine groβe Erschöpfung in ihm heranwuchs gleich einer Abenddämmerung, doch immer noch bezog Irathindur Lebenskraft aus seinem Krieg und seinen Menschenopfern, die überall in Orison verstreut in Gräbern lagen und ins Freie dünsteten. Ein zwar endlicher, für Gäus jedoch wie unversiegbar scheinender Zustromvon Gold, der in den schmalen Spindelleib der Göttin mündete wie in ein mütterlichesMeer.
    Für Gäus war es ein Glück, dass er sich von vornherein einen Plan zurechtgelegt hatte. Für den Fall, dassIrathindurs Gefechtsmacht tatsächlich der seinen ebenbürtig war, musste er dem Goldenen seine allergröβte Kraftquelle unter den Füβen wegziehen: die Hoffnung, dass es nach diesem Kampf so etwas wie einen strahlenden Sieg und eine Zukunft geben würde.
    Also hob er ihn an mit dreiβig aus seiner Brust und seinen Knien entspringenden Tentakeln und hielt ihn umklammert. Natürlich wehrte sich Irathindur, und natürlich durchtrennte er einen nach dem anderen dieser Tentakel, indem er aus seinen Augen wässrige Feuersteinklingen flieβen lieβ. Aber dennoch behielt Gäus für kostbare Momente die Oberhand. Der Schmerz der durchtrennten Tentakel war nicht groβ genug, um ihn aufzuhalten. Er hob die Göttin an, sprang hoch und nahm sie mit sich fort, über die Brandung, die hilflos schlingernden Rettungsboote der Soldaten, den Plankenteppich, der vormals ein Viermaster gewesen war, das aufgewühlte, immer noch um Gäus’ Aufmerksamkeit buhlende Meer, über Orisons windige Küste hinauf bis in das Achte Baronat. Dorthin, wo vor Kurzem noch ein Gramwald gestanden hatte.
    Der Flug über das Meer hatte sie beide mit Sprühnebeltropfen übersät. Die letzten von Gäus’ Brusttentakeln starben zischend ab und tropften graues Blut auf die immer noch warme, frisch verbrannte Erde.
    »Sieh dich um, mein Freund«, sagte Gäus keuchend. Er musste sich mit einem seiner Arme auf dem Boden abstützen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. »Nimm dir ruhig Zeit. Dies ist, worum wir streiten.«
    Irathindur, eine Finte vermutend, starrte weiterhin unverwandt seinen Gegner an, aber als Gäus keinerleiAnstalten machte, erneut anzugreifen, wagte er doch einen Blick umher. Alles war tot und verkohlt. Bäume nur noch geborstene Säulen. Tiere schwarze und verkrümmte Überreste. Das Erdreich wie Kohle, von den Rissen einer groβen Dürre gezeichnet. Weicher, feiner Staub tanzte, vom Wind dieser Jahreszeit gerührt. Nichts zwitscherte, flatterte, äste, paarte sich, wuchs, gedieh, blühte, summte, krabbelte, jagte, flüchtete oder wurde geboren.
    »Was hast du getan?«, hauchte die Göttin. »Das … ist nicht der Gramwald. Sag, dass das nicht der Gramwald ist!«
    »Stell dich nicht dumm. Du weiβt, wo wir hier sind. Du kannst den Rauch der ausgebrannten Lebenskraft noch immer riechen.«
    »Was hast du getan?«, wiederholte Irathindur. Der Schrecken wich einer unaufhaltsamen Wut. »Bist du denn vollkommen wahnsinnig geworden? Der Gramwald war unsere einzige niemals versiegende Quelle. Jetzt werden wir beide sterben!«
    » Du wirst sterben, Irathindur. Mich allein kann diese Asche noch ernähren. Aber du bist längst zu gierig geworden. Du wirst zugrunde gehen wie alles, das hier lebte.«
    Irathindur sah sein Gegenüber fassungslos an. Er wirkte plötzlich auf eine verletzliche Art und Weise weiblich, den Tränen nahe, anklagend und verzweifelt. »Warum hasst du mich so sehr? Ich habe mich doch lange Zeit an unseren Pakt gehalten! Als mich diese … schrecklichen Anfälle bereits vom Lager warfen, habe ich immer noch geduldet, dass du auf deinem Thron dasLeben feierst. Ich habe dich lange, lange Zeit in Ruhe gelassen. Weil ich dich respektiert habe, als Dämon. Als meinesgleichen.«
    »Aber es muss aufhören, Irathindur. Der Krieg, den du führst, ist zu hässlich, zu sinnlos zerstörerisch. Nicht einmal ein Dämon würde in einer Welt leben wollen, die ebenso trostlos ist wie der Dämonenschlund. Und du verwandelst ganz Orison in etwas, das einem gewaltigen Abgrund ähnelt. Dieser verbrannte Wald ist nur ein Spiegelbild dessen, was du nördlich der Hauptstadt in allen Baronaten angerichtet hast. Und auch die Menschen werden nicht mehr lange hinreichen, wenn du sie weiterhin so verschleiβt.«
    Die Göttin schnaubte. »Die Menschen! Seit wann

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