Die Daemonen 01 - Die Daemonen
versuchte, die Felswand zu erreichen. Ungestüm lenkte er den Ring im Strudel nach außen, warf sich gegen den Fels und versuchte sich zu halten. Doch der Schwung der Umdrehung war zu groß, er brach sich trotz seiner Kraft mehrere Finger und verbrachte mehrere Umdrehungsphasen damit, die Knochen wieder zusammenwachsen zu lassen. Immerhin hatte er den Ring nicht verloren, weil er ihn sich zwischen die Knie geklemmt hatte. So konnte er weiterhin auf der Oberfläche kreisen. Irathindur versuchte das Festhalten als zweiter. Er ging geschickter vor, passteeinen Moment ab, an dem die Geschwindigkeit des Ringes sich aufgrund von Eigenrotation verringerte. Irathindur gelang es zwar, sich in die Wand zu krallen, aber danach hing er fest. Er konnte sich nicht rühren, ohne von der Gewalt des Strudels wieder aus der Wand gerissen zu werden. Nur eine Körperlänge über ihm lockte ein sicherer Sims, aber er konnte keinen einzigen Finger seines Haltes entbehren.
Gäus raste vorüber, immer wieder, und hinter ihm sank Irathindurs nun herrenloser Ring langsam im Strudel in die Tiefe.
»Hol dir meinen Ring!«, schrie Irathindur dem an ihm vorbeisausenden Gäus zu.
»Was?«
»Hol dir meinen Ring, bevor es jemand anders tut!«
»Was soll ich damit?«
»Tu, was ich dir sage, dann kommen wir beide hier raus!«
Gäus tat wie ihm geheißen und tauchte auf seinem Ring tiefer. Schon wollte sich ein dritter Dämon, ein rötlich schimmernder mit Hundeschnauze und Schlappohren, Irathindurs Ring greifen und sich hinaufziehen, doch Gäus rammte den trudelnden Ring mit großer Gewalt, packte ihn, rüttelte ihn und schüttelte das fluchend davonwirbelnde Schlappohr so ab. Mit beiden Ringen lenkte er mühsam wieder nach oben. Es schien Stunden zu dauern. War dies ein Trick des anderen gewesen, um ihn loszuwerden? Nein. Der andere hing noch immer hilflos und schwächlich im Fels.
»Ich habe beide Ringe!«, brüllte Gäus triumphierend.
»Sehr gut! Nun benutze den einen, um ihn an derFelswand festzuhaken. Siehst du links von mir diese kleine Felsnase? Da kannst du den Ring einklinken und dich daran festhalten.«
»Ich sehe keine Felsnase. Ich habe keine Augen!«
»Nicht weit links von mir. Lass dir Zeit. Treib ruhig zehnmal vorbei. Ich kann sie von hier aus gut sehen, ich werde sie dir zeigen, du wirst ihre Kontur im Fels erspüren können. Weiter oben. Weiter oben. Weiter links. Zu weit links.«
»Ja, jetzt weiß ich, was du meinst.« Gäus war schon ganz schwindelig vom angestrengten Abtasten des vorbeirasenden Felsens.
»Sehr gut! Benutze meinen Ring, aber verliere deinen eigenen nicht!«
Gäus tat erneut wie ihm geheißen. Er brauchte vier Versuche, beim vierten verhakte sich der Ohrring, und Gäus konnte sich daran an der Wand festhalten, als wäre der Ring im Fels eingelassen.
»Und jetzt? Jetzt hänge ich genauso sinnlos hier herum wie du!«
»Halt dich sehr gut fest. Ich komme jetzt zu dir.« Irathindur ließ seinen einigermaßen sicheren Halt los. Ihm war klar, welches große Risiko er einging. Er hatte keinen Ring mehr unter den Füßen, auf dem er den Strudel reiten konnte. Er musste sich dem Strudel überantworten und darauf hoffen, dass die reine Kreiselgeschwindigkeit ihn nicht so schnell sinken ließ. Wenn er den anderen Dämon verfehlte, würde er auf Ewigkeiten in der Tiefe verschwinden.
Der Strudel schnappte nach ihm wie ein hungriger Wolf. Irathindur wurde fortgerissen, viel weiter von derFelswand, als er gedacht hatte. Er wollte schreien, aber anstatt so sinnlos Lebenskraft zu verbrauchen, bäumte er sich lieber auf, machte sich lang, streckte sich Gäus entgegen – und bekam mit den Fingerspitzen dessen Ring zu fassen. Ächzend zog er sich an Gäus heran. Dieser hatte währenddessen die doppelte Belastung auszuhalten.
»Urrrrghhhh«, knurrte Gäus. »Das ist aber kein Plan, der mir gefällt. Und jetzt? Lange kann ich nicht mehr!«
»Halt einfach nur still. Du wirst gleich sehen.« Irathindur kletterte über Gäus’ vielarmigen und dadurch angenehm verästelten Leib aufwärts, während dieser »Ich werde nicht sehen. Ich habe keine Augen« knurrte. Auch hier war oberhalb von Gäus’ Position dieser Sims. Auf diesen zog Irathindur sich hinauf und war nun erstmals den Ausläufern des Strudels wirklich entronnen. Er gönnte sich einen Moment, um zu verschnaufen.
»Und jetzt?« Das schienen Gäus’ Lieblingsworte zu sein. »Jetzt lässt du mich hier hängen?«
»Nicht doch. Ohne dich wäre ich hier nicht
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