Die Daemonen 01 - Die Daemonen
Landwirtschaft und das Fehlen einer Seewirtschaft hatten die beiden Nordbaronate jedoch ganz ausgezeichnetes Kunsthandwerk und hervorragende Dichter und Musikanten hervorgebracht.
Das Vierte Baronat war das wohlhabendste aller neunund wahrscheinlich deshalb auch das aufsässigste. Auf dem Gebiet des Vierten Baronats lagen nicht nur die Witercarzberge, in denen wertvolle Kristalle abgebaut wurden, sondern es entsprangen auch die drei Flüsse Orisons diesem verhältnismäßig überschaubaren Gebirge. Das Vierte Baronat besaß mehr Küstenstädte als irgendein anderes, nämlich fünf: Ferretwery, Zarezted, Zetud, Keur und Werezwet. Dennoch hatte dieses Baronat als Einziges noch eine zusätzliche Großstadt im Inneren errichtet, sämtlichen königlichen Dekreten zuwider: die trutzige Stadt Witercarz, die am Rande des gleichnamigen Gebirges errichtet worden war und den Kristallhandel organisierte. Der Baron des Vierten Baronats, Helingerd den Kaatens, war ein steinalter und hochmütiger Aristokrat, der Tenmac II. noch ein kleines bisschen Respekt zugebilligt hatte, dessen Sohn Tenmac III. aber offensichtlich überhaupt nicht für voll nahm.
Das Fünfte Baronat besaß die Küstenstädte Kirred, Cerru und Tjetdrias und war nicht weiter von Belang.
Im Sechsten Baronat herrschte die als grausam geltende Baroness Meridienn den Dauren. Im Sechsten lag der unheimliche Schlund, in welchen der alte Magier die Dämonen weggeschlossen hatte – und möglicherweise deswegen zeichneten sich die Verwalter dieses Baronats schon seit Jahrhunderten durch eine besondere Unerbittlichkeit und Härte ihrer Bevölkerung gegenüber aus. Drei Hafenstädte nannte das Sechste sein Eigen: Saghi, Kurkjavok und Icrivavez. Darüber hinaus noch die östliche Hälfte der Brüchigen Berge, in der auch der Dämonenschlund lag.
Die westliche Hälfte dieses überaus zerklüfteten Gebirges gehörte dem Siebten Baronat. Hier gab es vier Hafenstädte: Aztreb, Vakez, Cilsdokh und Feja. Ansonsten nichts Auffälliges oder Erwähnenswertes.
Im Achten Baronat gab es nur eine einzige Hafenstadt, Ekuerc. Dafür aber auch den so bezeichneten Gramwald, den möglicherweise letzten magisch noch wirksamen Ort Orisons. Der Gramwald konnte den fröhlichsten Wanderer in den Selbstmord treiben, hieß es. Weshalb dieses Gebiet im Allgemeinen weiträumig gemieden wurde.
Im Neunten Baronat endlich schloss sich der Kreis. Hier hießen die Hafenstädte Ulw und Ziwwerz, und in bestem Einvernehmen mit dem Ersten Baronat lag die südliche Hälfte der Hafenstadt Akja auf dem Gebiet des Neunten, die nördliche auf dem des Ersten Baronats.
So viel über die Beschaffenheit von Gäus’ neuem Reich. Neun Verwaltungsbezirke. Zweiundzwanzig Städte. Dazu noch achtundzwanzig herrliche Schlösser. Ein überwiegend mildes und warmes Wetter mit kurzen Wintern und viel windiger Seeluft. Das ließ sich doch nicht schlecht an. So sollte es sich gut leben lassen.
Was Gäus jedoch erstaunte und beschäftigte, war die vollkommene Abwesenheit von Magie in Orison. Es schien nicht einmal mehr Landdrachen, Flugechsen oder andere Fabelwesen zu geben. Pferde, Ochsen, Ziegen, Schafe, Hunde, Schweine und Katzen waren alles, womit die orisonischen Menschen täglichen Umgang pflegten.
Wie war das möglich?
Dämonen waren durch und durch magische Geschöpfe. Vor Jahrtausenden war noch die ganze Weltmagisch gewesen. Flammenspeiende Echsen hatten den Himmel verfinstert. Einhörner hatten Blitze aus ihren Hufen und Hörnern sprühen lassen. Menschliche Magier hatten sich mit zehn Schritt hohen Unholden bekriegt. Dämonen hatten in wahren Völkerwanderungen auf der Suche nach Beute und Vergnügen die Länder und Meere durchstreift. Aus dem Himmel hatte es Asche geregnet und aus der Erde das Brüllen von Magma. Nun war all das Vergangenheit.
Die Dämonen waren nicht tot, aber verbannt und verdammt in diesen grässlichen Mahlstrom, aus dem einzig er und Irathindur hatten entwischen können. Die Drachen und Unholde waren zu Staub zerfallen. Und die menschlichen Magier? Weshalb gab es keine menschlichen Magier mehr? War Orison wirklich der Letzte gewesen?
»Ich möchte … reisen«, sagte Gäus mit der schwächlichen Stimme von Tenmac III. »Ich möchte den Gramwald aufsuchen und das Reich Coldrin, um zu erfahren, woran ich bin.«
Tanot Ninrogin kam das sehr bekannt vor. Schon kurz nach seiner Krönung hatte der junge König bekundet, sein Reich ausgiebig bereisen zu wollen, um ein guter und gerechter
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