Die Daemonen 01 - Die Daemonen
seine wohlverdienten Schranken gewiesen hast. Aber dieses Baronat hier, das Achte, hast du leider eingebüßt in deinem Hunger. Genau wie das Erste, Neunte und Siebte. Der Gramwald ist also mein. Es ist ganz allein deine Schuld, dass Orison eine solch schmähliche Teilung erfahren musste.«
Irathindurs Stimme nahm einen flehentlichen Tonfall an.»Was ist, wenn ich alles rückgängig mache?«
Gäus’ Grinsen erweiterte sich zu einem Lachen. »Rückgängig machen? Wie willst du denn das alles rückgängig machen? Wie willst du all die Menschen wiederbeleben, die deinetwegen gestorben sind?«
»Ich übergebe Irathindurien an dich! Für die Hälfte dieses Waldes!«
»Was soll ich mit Irathindurien? Ich besaß Irathindurien bereits, bevor du es in Irathindurien umgetauft hast. Damals war es noch ein gut funktionierendes Baronat. Aber was soll ich jetzt damit, jetzt, wo seine nördlichen Grenzen mit Blut besudelt sind und das Hinterland zusehends verödet, weil der Krieg gefüttert und unterhalten werden muss mit Holz, Stahl, Vieh, Getreide, Wasser, Erde, Söhnen und Töchtern? Willst du mir dein Spielzeug zurückgeben und es eintauschen, nachdem du es kaputtgespielt hast?«
»Aber das ist nicht gerecht, Gäus. Keiner von uns beiden wäre ohne Hilfe des anderen aus dem Schlund entkommen. Als wir uns dann Menschen wählten, in die wir hineinschlüpfen wollten, habe ich mich mit einer Baroness beschieden, du jedoch hast gleich gierig nach der Krone des Königs gegriffen. Und nun behauptest du, dir hätte von Anfang an alles gehört und zugestanden – nur weil ich gemäßigter war in meinem Machtstreben als du? Das ist nicht gerecht.«
»Wenn du König gewesen wärst, Irathindur, wärst du dann jemals auf den Gedanken gekommen, diesen Wald aufzusuchen? Hättest du nicht eher ganz Orison in Irathindurien umbenannt und einen unglaublichen Krieg gegen Coldrin vom Zaun gebrochen – nur um an mehr und immer mehr Lebenskraft heranzukommen?«
Irathindur sah sein Gegenüber von unten herauf lauernd an. »Also hast du inzwischen ebenfalls herausgefunden, dass der Tod von Menschen uns sättigen kann?«
»Ja. In meiner belagerten Stadt konnten mir die Ausdünstungen des Sterbens wohl kaum entgehen. Dir in deinem umhegten Hauptschloss ist dergleichen ja niemals widerfahren. Aber die Lebenskraft, die durch den Tod gekeltert wird, schmeckt bitter im Vergleich zur reinen dieses Waldes.«
»Gib mir die Hälfte!«, sagte Irathindur unvermittelt.
»Mehr als die Hälfte verlange ich nicht.«
»Du hast gar nichts zu verlangen. Wären wir uns vor dieser Nacht wiederbegegnet, ich hätte mich vielleicht von deinem Gewinsel erweichen lassen. Aber an dir klebt das Blut zweier Fürsten, ich kann es riechen, weil ich nicht sehen kann. Du vermagst mich nicht zu täuschen, Irathindur. Wir sind keine Brüder mehr. Du bist ein gewöhnlicher Mörder, während ich weiterhin versuche, einfach nur ein König zu sein. Verlasse diesen Wald jetzt sofort und betritt ihn niemals wieder. Sonst töte ich dich. Entweder eigenhändig, oder ich lasse den Dämonenschlund das Blutwerk für mich tun.«
»Du bist nicht stärker als ich.«
»Doch, das bin ich. Seit unserer Flucht labe ich mich an diesem Wald, während du nichts weiter als Absud und Vergänglichkeit geschlürft hast. Ich stehe deutlich besser als du im Futter, Irathindur. Das ist aber noch nicht alles. Sieh uns mit deinen Augen doch mal an: Du bist nichts weiter als ein goldlackierter, spindeldürrer Weberknecht. Ich jedoch bin einer der alten Krieger. Einer der Neungeteilten. Sechs Arme plus drei Beine. Neun Gliedmaßen also. Ich bin wie das Land Orison, so, wie der große Magier Orison sich das Land erhofft und auch geschaffen hat. Ich musste freikommen aus dem Dämonenschlund, um in Frieden herrschen zu können. Du jedoch wolltest die Freiheit, weil du das Gefangensein nicht ertragen hast.«
Ein paar Augenblicke lang starrte Irathindur den Dreibeinigen fassungslos an. Dann legte er den Kopf in den Nacken und begann schallend zu lachen. »Ein Neungeteilter! Wunderbar! Großartig! Weißt du, was mit dir los ist, Gäus? Der Gramwald steigt dir zu Kopfe!Das ist das, was mit den Menschen passiert, nur umgekehrt. Die Menschen verzweifeln angesichts dieses Waldes, fühlen sich klein, wertlos und unwichtig und bringen sich um. Du jedoch hältst dich allen Ernstes für etwas Besonderes, für einen Auserkorenen, einen geborenen Regenten! Du bist bereits so sehr mit deiner menschlichen Körperhülle
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