Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

dass Adain Die Stimme verlor und auch Tibe. Beide stürzten dorthin, wo Jitenji schon lag. Adain traf Jitenji, deren Hinterkopf jedoch bereits durch den Aufprall schon viel zu flach auf der Steinwand auflag, um noch den Eindruck von Überlebensfähigkeit aufrechtzuerhalten. Tibe knallte neben ihm aufs Gestein. Deutlich konnte Adain mehrere ihrer Knochen brechen hören. Ihr immer noch schreiender Mund begann Blut zu gurgeln.
    Adain fragte sich, wo die anderen waren, Glai, Koaron und Levo, die unten im Eingang gewartet hatten. Sie waren zumindest nicht zu sehen. Er musste jetzt hinaus, durch eine der Seitenscharten, so schnell wie möglich, solange der Turm noch lag, denn wenn er sich erst wieder aufrichtete, würde er nicht mehr entkommen können, falls danach ein zweites Stürzen folgte. Aber Die Stimme ! Die Stimme hing immer noch im Fenster, das sich nun mehrere Schritt über Adain befand. Die Entfernung war unüberbrückbar, es sei denn … es sei denn, Adain kletterte durch ein Fenster nach draußen, dort an der Fassade des Turms herum bis auf die jetzt oben liegende Seite und konnte dort Die Stimme aufnehmen. Falls der Turm sich wieder aufrichtete, musste Adain eben abspringen. Ein breites Grinsen unterwanderte seinen Mund.
    Jitenji war tot. Tibe quälte sich nur noch. Menschliche Leiber waren erstaunlich zart konstruiert, wenn man bedachte, was für einen Lärm sie immer veranstalteten und wie wichtig sie sich nahmen. Adain wusste nicht, ob es Mitgefühl war, das ihn dazu bewog, Tibe über einer Breitseite von Das Schweigen das Genick zu brechen. Womöglich empfand er ihr Wimmern und Gurgeln einfach nur als störend bei seinem jetzigen schwierigen Unterfangen.
    Er sprang, fasste den Seitenrand einer nun quer liegenden Fensterscharte einer nun aufrecht stehenden Seitenwand und zog sich daran hoch. Anschließend quetschte er sich nach draußen. Er fühlte sich dabei wie ein Käfer, dessen Panzer zu hart war. Nirgendwo gab es mehr Licht. Der Sturz des Turmes hatte dermaßen viel Sand aufgewirbelt, dass selbst der Mond wie vom Himmel geschmirgelt wirkte.
    Adain bewunderte die kalte Intelligenz der Stadt. Sie hatte sich gemerkt, dass die Menschen beim Eintreten den Kirchturm zur Orientierung benutzt hatten, diesen dann auf dem Rückweg wieder in ihr Sichtfeld geschoben und geduldig darauf gewartet, dass sie ihn abermals betraten. Hatte die Stadt damit gerechnet, dass sie ihn nicht gemeinsam erklommen, sondern sich unten aufspalteten? Sicherlich. Sie hatte noch genügend Gebäude und Fallen in der Hinterhand, um sie alle zu erwischen. Wahrscheinlich war Bakenala längst verdaut.
    Die Außenseite des Kirchturms bot genügend Halt für Hände und Füße. Aus groben Felsblöcken übereinandergeschichtet und mit Mörtel verputzt, hätte die Fassade wohl in großer Höhe und bei rüttelndem Wind eine Herausforderung dargestellt, aber die Seitenwand des liegenden Turms war allenfalls drei Mannslängen hoch, und von diesen hatte Adain schon bei seinem Ausstieg durch das Fenster die Hälfte zurückgelegt. Er erreichte die Kante zur jetzt oben liegenden Seite, als er spürte, wie irgendetwas im oder unterm Turm sich anspannte. Sich verfestigendes Gestein – Adain staunte über die Wunder von Witercarz. Gleich würde der Turm sich wieder aufrichten. Die Frage war nur: Würde er sich allmählich erheben wie ein erregt werdendes männliches Geschlechtsteil, oder würde er in die Höhe schnellen wie der Arm eines Katapults und Adain Hunderte von Mannslängen weit über die Dächer der Stadt schleudern, genau wie das Schiff der Bescheidenen ?
    Sein Grinsen verbreiterte sich noch. Die gesetzlosen Unberechenbarkeiten eines Gegners, der eine Stadt war, unterhielten den Dämon ganz königlich.
    Er beeilte sich mit dem Hochklimmen. Sein bescheidenes Gewand war ihm hinderlich. Er wünschte sich, nackt zu sein. Er wünschte sich, wieder Frau zu sein wie in Kirr, aber weniger unterdrückt und eingefügt, mehr frei. Eine Kapitänin. Königin. Göttin sogar. Aus der Geschichte des Dämonenschlundes kamen ihm derartige Anwandlungen vertraut vor. Der Turm begann sich zu heben, langsam. Sand knirschte und rieselte hinab. Der aufgewirbelte hatte sich noch kaum gelegt. Adain begann – aufgrund seines verkürzten Beins hinkend – zu rennen, er konnte in der Dunkelheit das Fenster, das er suchte und das nun eine Öffnung nach unten war, nicht richtig erkennen. Die Turmwand wurde zur Schräge. Irgendwo in der Turmbasis ratterte etwas wie ein