Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten
Konturen von Bakenala ausmachen konnte, die gespannt zu ihnen herübersah. Schlaues Mädchen , dachte Adain anerkennend. Sie hat es tatsächlich geschafft, weil die Stadt es auf uns, auf mich abgesehen hatte .
Der Sand schien immer zäher zu werden oder der Karren immer schwerer, obwohl das gar nicht sein konnte, denn er ging bereits an mehreren Stellen durch den fortdauernden Bewurf aus dem Leim. Adain wurde abermals getroffen, diesmal am Bein, obwohl es eigentlich in Deckung hätte sein müssen. Er staunte über die Schmerzen. Nur der König hatte ihm bislang so wehtun können. Der König aus dem fernen Coldrin und eine lebendige Stadt namens Witercarz. Das Gemetzel in Kirr war dagegen ein Geplänkel gewesen.
Glai legte sich jetzt vermehrt ins Zeug. Vielleicht hatte auch sie das Schiff, Voy und Bakenala erblickt, ihre jahrelangen Gefährtinnen. Vertrauen schuf Kraft in Menschen. Enttäuschung und Verrat nahm diese Kraft wieder, als hätte es sie nie gegeben.
Schweißüberströmt erreichten sie das Stadttor. Die Steine der Mauer konnten sie nun nicht mehr treffen, weil die Mauer selbst oder das Wenige, das von ihr noch übrig war, der Flugbahn der Steine im Weg war. Jenseits der Mauer wechselten sie hurtig auf die andere Seite des Karrens und zogen diesen nun hinter sich her, anstatt ihn zu schieben, aber der Bewurf hörte auf. Die Stadtgrenze markierte das Ende der hier wirkenden Übernatürlichkeit.
Erleichtert richteten sie sich auf. Sie hatten es geschafft. Aber sie hatten ihre beiden Steuerfrauen und einen weiteren Matrosen eingebüßt.
»Wie geht es jetzt weiter?«, fragte Koaron. »Das Schiff ist mit einer so kleinen Besatzung kaum noch handhabbar. Und ohne Steuerfrauen finden wir keinen sicheren Weg.«
»Das mit dem Weg lass mal meine Sorge sein«, sagte Adain grinsend. »Glai und du und Bakenala und Voy sind genug, um Segel zu setzen. Uthlen wird von euch ausgebildet und muss ebenfalls in den Wanten aushelfen, es geht nicht anders. Seht es mal von der guten Seite: Unser Proviant reicht jetzt, wo ihr nur noch zu fünft seid und nicht mehr zu acht, fast doppelt so lange wie vorher.«
Koaron schüttelte mit angewidertem Gesichtsausdruck den Kopf, fügte sich jedoch.
Die drei Überlebenden der Stadterkundung wurden von den anderen an Bord geholt. Glai warf sich der Länge nach auf die Planken und schluchzte haltlos. Dabei fuhren ihre Finger über das raue Deck des Schiffes, als liebkosten sie einen Geliebten. Kapitän Adain lobte das Schiffsmädchen Voy für die Idee mit der Mastspitzenlaterne und schaute dann über sie hinweg in Uthlens Gesicht, das sich plötzlich zu einer ungläubigen Grimasse verzerrte.
»Weg! Weg! Springt!«, kreischte der ältliche Kirrer und rannte zur Reling, um allen Ernstes darüberzuhüpfen.
Adain wandte sich um.
In der Luft war etwas. Dieses Etwas war so riesig und massiv, dass es gleichzeitig den Atem benahm und einem das Herz abwärtstrieb. Noch niemals zuvor während seiner nun über zweihundertjährigen Körperexistenz hatte Adain einen derartigen Schrecken verspürt. Er mochte dieses Gefühl, hatte aber keine Zeit, ihm nachzuhängen. Instinktiv griff er die ebenfalls entsetzt starrende Voy an der Hand, brüllte »Springt!« und rannte zur Reling. Uthlen flog bereits, Bakenala war zur anderen Seite gehechtet. Koaron? Glai lag noch.
Adain stieß sich ab und riss Voy einfach mit sich. Sie war leicht, als wäre sie innen nur mit Teig gefüllt. Noch bevor sie beide unten im Sand landeten, bohrte sich etwas Unbeschreibliches durch die Miralbra Liv , viel größer und dicker als ein stürzender Mast. Das Schiff verschwand förmlich unter dem gigantischen Geschoss, wurde zermalmt, ausgemerzt. Koaron flog, sich mehrmals überschlagend, an ihnen beiden vorüber. Adain hatte keine Ahnung, wie der Junge einen solchen Sprung hinbekommen hatte – womöglich hatte er den Aufprall ausgenützt, um sich zu katapultieren.
Uthlen krachte unten auf und kam kreischend mit verdrehten oder sogar gebrochenen Beinen zu liegen. Koaron landete erstaunlich: rücklings auf zwei Händen und einem Bein, die Wirbelsäule durchgebogen wie ein vollendeter Tänzer. Adain platschte irgendwie hin, fraß Sand, versuchte Voy zu stützen und zu helfen, die sich aber recht geschickt angestellt hatte. Eine Art Druck fegte über sie und durch sie, brachte Sand mit sich wie eine hohe Welle. Keine Trümmer des Schiffes. Das Schiff war vollständig unter dem Ding verschwunden. Adain blickte, während der Druck
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