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Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Titel: Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Leben eines Landtieres zu nehmen, es sei denn, es greift mich an oder ist von selbst gestorben, und übergibt mir derart seinen Körper in meine Hände.«
    »Aber er hat uns nicht angegriffen!«, wandte Voy mit blasig verklebtem Mund ein.
    »Das mag sein«, antwortete Adain mit Bakenalas Lächeln, »aber durch seine Verletzung übergab er sein Leben in unsere Hände und wäre von selbst gestorben, und deshalb stimmt wieder alles.«
    Voy schüttelte nur den Kopf. Sie wollte Dinge sagen wie: »Ihr könnt alles rechtfertigen mit ein paar wohlfeilen Zitaten, ihr könnt alle Verantwortung abwälzen, aber ihr seid es, die Böses tun und Böses anstreben!«, aber sie ließ es, denn sie war nicht dazu erzogen worden, Widerspruch einzulegen. Sie war ein Schiffsmädchen, und Bakenala war ihre neue Kapitänin. Und wenn Bakenala auch dämonischer war, als es Adain jemals zustande gebracht hatte, so gab die neue Kapitänin ihr doch ein neues Schiff, so klein es auch sein mochte.
    Voy wollte dem neuen Schiff einen Namen geben, wenigstens heimlich, für sich selbst. Und so nannte sie das Schiff eben Uthlen , als könnte sie damit eine himmelschreiende Ungerechtigkeit ein wenig ungeschehener machen.
    Sie tranken Regenwasser aus einer Felsenhöhle und füllten sich Wasserfässchen an ihrem Boot.
    Dann brachen sie auf, der Richtung nach, die Adain ihnen wies: zur Mitte, zur Ruine der Tausend Schreie. Koaron steuerte das Gefährt, und Voy half matt und blicklos beim Halten und Richten des Segels.
    Bakenalas Geist zitterte noch drei Tage und drei Nächte inmitten der Wüstenkälte.
    Sie hatte kein Zuhause mehr, war mutterseelenallein. Alle Menschen und Dämonen waren fortgezogen.
    Da gab es nur noch diese Stadt.
    Die Stadt, die sich aufgebäumt hatte, um einen Dämon abzuwehren. Um sich gegen eine Zukunft zu stemmen, in der Dämonen als Götter gelten konnten.
    Also wandte sie sich dorthin, voller Hoffnung und Vertrauen, und wurde abermals verraten.
    Denn die Stadt nahm sich nur, was sie brauchen konnte, die Ruinen ihrer Lebenskraft. Den Rest – das, was einmal eine junge, schöne Menschenfrau namens Bakenala ausgemacht hatte – ließ die Stadt im sauren Wind zerfließen.

XIII
    Gebrochen
    Solange sie sich innerhalb des Witercarz-Gebirges bewegten, war das Trinkwasserproblem kein sehr großes: in Felsvertiefungen und Schächten ließen sich immer Überreste des jeweils letzten Regens finden. Also kosteten sie das Gebirge in seiner ganzen Breite aus, folgten ihm durch Schluchten und Abhänge bis ganz zu seinem südwestlichen Rand, von wo aus der Weg durch die Wüste zur verbotenen Ruine der ehemaligen Hauptstadt nicht mehr weit war.
    Voy verweigerte weiterhin jede Nahrung, lediglich dem Wasser sprach sie zu. Infolgedessen fiel sie bald als Segelhalterin aus, und Bakenadain übernahm diesen Posten, während Voy brabbelnd vor sich hin dämmerte. Sowohl Adain als auch Koaron aßen von dem Fleisch des früheren Sandalenflechters. Koaron ließ sich nicht anmerken, ob es ihm schmeckte oder ob es ihm widerwärtig war. Es war eine Frage des Überlebens, und mit der Zeit akzeptierte er auch, dass Bakenala nun der Dämon war, und dies setzte ohnehin aufs Neue alle seine früheren Prinzipien außer Kraft. Schon die lange Haft im Ketzerkerker hatte ihn seelisch zermürbt. Man hatte ihm dort beizubringen versucht, dass nichts von dem, woran er sein ganzes Leben lang geglaubt hatte – kein Gott, kein Fürst, keine Jagd auf jagdbare Dämonen –, irgendeinen Sinn und irgendeine Berechtigung hatte. Dann war er befreit worden, und auch dies nicht aus eigener Kraft. Seitdem war alles nur noch Blutvergießen und Irrwitz. Die Wüste in falscher Richtung, ein geflutetes Gebirge, ein im Berg hängendes Schiff, eine lebendige Stadt, die mit einem Kirchturm, dem Symbol seines alten Aztrivavezer Glaubens, Glai erschlagen hatte – Glai, die ihm im Kerker alles bedeutet hatte, was Frauen einem Mann zu bedeuten imstande waren: Mutter, Schwester, Geliebte, Freundin und Leidensgenossin. Nun war er allein mit einem verhungernden Schiffsmädchen und einem Dämonenkapitän, der sich das warme Fleisch einer ehemaligen Mannschaftskameradin übergestreift hatte wie ein Kleidungsstück.
    Koarons frühere Prinzipien waren außer Kraft, also fand er Bakenala plötzlich reizvoller denn je. Vielleicht war es das Dämonische, Fremde in ihr, das ihren ihm früher immer leicht billig und oberflächlich vorkommenden Reizen nun eine neue Schattierung verlieh. Adain jedenfalls

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