Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten
pass auf das Gift von dem Stachel auf, verdammt noch mal!«
Koaron ignorierte das Letztere. Der Stachel war feucht, aber Koaron gut bekleidet. »Hast du eine bessere Idee? Er richtet sich gleich wieder auf. Diese Düne dort steht günstig!«
Der Kapitän und Gilgel waren unbewaffnet. Sie krochen umher, als hätten sie nun auch keine Augen mehr, und vielleicht stimmte das, denn die Erschütterung des Riesen hatte weißen Schwebsand in rauen Mengen aufgewirbelt, der allen in der Nähe Sicht und Atem nahm.
Wo war eigentlich Bakenala abgeblieben? Koaron erblickte sie. Sie kletterte an dem Seil, an dem ihre Harpune aus Voys Beiboot hing, aufwärts zu Voy.
»Verflucht!«, schimpfte Koaron schon wieder. »Bakenala wird uns in die Quere kommen. Lass es uns dennoch versuchen. Wenn wir scheitern, können wir vielleicht wenigstens den Dämon so hart rammen, dass er vollends zu Boden fällt.« So oder so ähnlich hatte er es zumindest Glai mitteilen wollen, aber was er in der neu aufbrandenden Geschwindigkeit, dem gegen ihn spritzenden Fahrtsand und dem überall wabernden Staub lediglich herausbrachte, war: »Verflucht! Bakenala! Dennoch! Können! Dämon! Rammen!« Glai verstand ihn nichtsdestotrotz. Zu zweit lenkten sie ihr Gefährt hinter Dünen aus dem Geschehen hinaus. Der Wind war eigentlich nicht stark genug für Sprungmanöver, aber Glai wusste, wie man das Möglichste aus Segel- und Maststellung herausholen konnte. Beiboote waren leicht gebaut, besonders wenn man, wie Gilgel das vorhin getan hatte, alle ihre Harpunen entnommen hatte. Es war nicht vollkommen ausgeschlossen, ein Dockkunststück zu vollführen. Es war nur sehr, sehr unwahrscheinlich mit dem toten Tsesin und dem in ihm steckenden Dämonenstachel an Bord.
Tsesins Kopf kippte nun nach hinten. Seine schreckgeweiteten Augen starrten Koaron entgegen, darunter, in der perspektivischen Verzerrung, sah Koaron das sich ausbreitende Blut wie einen roten Umhang oder ein rotes Kissen, auf dem Tsesin in seiner ebenfalls roten Kleidung saß. Es sah aus, als würden Tsesins Kleider schmelzen. Alles ging ineinander über. Oder wie eines jener scharlachflutenden Deckengemälde eines früheren Krieges, mit denen der sagenumwobene Meister Dirgin Kresterfell mehrere Gotteshäuser des alten Icrivavez geheiligt und somit vor der Zerstörung durch die Weiß-Sagung bewahrt hatte.
Während das Beiboot hinter den Dünen herumschlingerte und versuchte, auf einer alles andere als ebenen Strecke möglichst viel Fahrt aufzunehmen, zog Bakenala sich unermüdlich an dem Harpunenseil aufwärts, zwei Mannslängen hoch. Der Kapitän und Gilgel bemühten sich, aus dem Radius der umherwischenden Riesenarme zu gelangen. Der Gäus versuchte, sich die wie ätzend brennende Harpune aus dem Gesicht zu zerren. Gilgel sprang singend über eine der heranfauchenden Hände hinweg, aber Kapitän Renech wurde getroffen. Es schleuderte ihn vier Mannslängen nach hinten, aber eine Dämonenhand war nicht hart wie Stein. Stöhnend stemmte sich der Kapitän wieder hoch und versuchte weiterzukriechen, seine Bewegungen sahen lediglich langsamer und fahriger aus als vorher, und seine imposante silberne Fratzenmaske war ihm abhandengekommen.
Der Gäus bekam die Harpune in seinem Gesicht zu fassen und riss sie sich heraus. Aus der Wunde sprühte etwas, das wie Funkenflug aussah oder wie eine dunkle Flüssigkeit, was sich dann aber als fettiger Rauch entpuppte. Jetzt bekam er auch die Harpune in seinem Hals zu fassen und machte mit ihr das Gleiche. Seine Konturen wurden zu klarem Wasser, dann wieder wie zu Erz. Der fettige Rauch floss an ihm abwärts und duftete nach frisch erblühten weißen Rosen.
Bakenala erreichte das Beiboot und hievte sich über die Reling. Voy lebte noch, hatte aber tatsächlich das Bewusstsein verloren, was vielleicht ein Glück für sie war. Bakenala hangelte sich gerade zu ihr empor, als der Dämon sich wieder aufrichtete. Die Sammlerin spürte, wie ihr Abstand zum Sandboden sich von zwei Mannslängen auf vier verdoppelte. Sie hielt sich fest, um nicht abzustürzen, aber alles ruckelte und schaukelte nun so sehr, dass sie fast keinen Halt mehr fand.
Jetzt schossen Koaron und Glai über den Dünengrat und hoben ab. Die matte Sonne glitzerte in sämtlichen bläulichen Schutzverkleidungen des Schlittens. Im letzten Moment hatte Koaron den Kurs ein wenig korrigiert, weil der Dämon sich kontinuierlich bewegte, aber Voys Beiboot war nun überhaupt nicht mehr dort, wo es vorher noch
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