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Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Titel: Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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eine verkörperte Sinnestäuschung, eine manifestierte Illusion des zu Aschesand zermarterten Landes?
    Der Gäus fiel nicht, aber seine Hände bewegten sich auch nicht weiter auf Glai und Voy zu. Er schien erstarrt zu sein, erstarrt im Schmerz, in der Bewegung, vielleicht sogar in einer fremdartigen Form des Nachsinnens.
    Glai hatte Erfolg, wo Bakenala vorhin Pech gehabt hatte: Sie verschaffte sich einen stabilen Halt innerhalb des hängenden Schlittens und bog die Schutzbleche so weit auseinander, dass die besinnungslose Voy ihr entgegenglitt wie bei einer Geburt. Sie umfasste das Schiffsmädchen. Der Gäus verhielt noch immer. Er machte auch keinerlei Anstalten, sich die neue Harpune aus dem Gesicht zu ziehen. Koaron wagte kaum, sich zu rühren, aus Furcht, den Zauber der Erstarrung zu brechen. Stattdessen sah er etwas ganz anderes, etwas, das eigentlich nicht sein konnte: Auf einem der Dünenkämme stand jemand, eine langhaarige Frau in einem glänzenden Schutzanzug. Sie trug ebenso keine Brille oder Maske wie er selbst. Aber sie stammte nicht aus Aztrivavez, jedenfalls hatte er sie oder jemanden wie sie noch nie dort gesehen, und ihre Bewaffnung und Kleidung wirkten ausgesprochen fremdartig. Sie sah auch nicht im Mindesten wie eine Bescheidene aus. Wer war sie? Sie schien das Geschehen mit Interesse zu betrachten und auch ihn, Koaron, der am Schenkel knapp unterhalb der Hüfte eines Riesen hing, durchaus im Blick zu haben.
    Beinahe vergaß er, in welch gefährlicher Lage er sich befand, so sehr faszinierte ihn ihr Anblick. War es möglich, dass sie schön war? Nicht nur aufgesetzt schön wie Bakenala oder zurechtgeschminkt schön wie die Käuflichen der Hafenmärkte oder niedlich wie Voy und Tibe oder einnehmend und freundlich wie Glai und Jitenji, sondern schön , richtig, richtig schön ?
    Glai seilte sich jetzt mit Voy im Arm ab, und zwar an der Leine, an der immer noch Bakenalas ursprüngliche Harpune aus dem Beiboot hing. Sicher erreichten die beiden den Boden. Der Gäus stand weiterhin starr. Koaron begriff jetzt, wie absurd seine eigene Lage war. Alles war von anderen erledigt worden. Seine gesamte Kletteraktion war sinnlos und würde ihn höchstens noch das Leben kosten – oder Glai in Gefahr bringen, falls sie sich in den Kopf setzte, ihm auch noch zu helfen. Er wollte runter. Er wollte auch die fremde Frau treffen und fürchtete, dass sie flüchten würde. Er überlegte, ob er abspringen sollte. Seine Sprungfähigkeiten waren in den Docks immer wieder belastet und geübt worden.
    Jetzt regte sich der Gäus. Er riss sich die Harpune aus der Fratze. Rauch sprudelte wie aus einem Quell. Dann wandte sich der Dämon von allem ab und begann zu rennen. Die gesamte Wüste drehte sich um Koaron. Alles geriet in schwankende Bewegung. Ein dreibeiniger Riese begann zu laufen, und alles erbebte, Sand verschüttete sich, Dünen zitterten und verloren aufbrechend an Höhe. Die schöne Beobachterin verschwand. Koaron klammerte sich fest an einer Stachelpore. Wenn er jetzt sprang, konnte er unter einen der rennenden Füße geraten und zermalmt werden. Er wagte es nicht. Aber er würde sich auch nicht mehr lange halten können. Der Berg, an dem er hing, hatte sich in eine tosende Lawine verwandelt, deren einzelne Bestandteile alle gegenläufig agierten. Fehlfarbige Muskeln und Gelenke wurden zu pumpenden Säulen und kollabierenden Gerüsten. Koarons Zähne schlugen bei den Erschütterungen so heftig aufeinander, dass er fürchtete, sie würden bersten. Er suchte nach einer Düne, die seinen Sturz mildern könnte, aber alles entfernte sich, der zürnende Kapitän, Glai mit Voy, ganz hinten sogar Gilgel mit Bakenala, von der Miralbra Vii war schon ewig nichts mehr zu sehen, er würde die Richtung verlieren, sein Schiff, seine Stadt, seine Eltern, seinen väterlichen Freund Frentes, selbst Wennim, der sich kaum noch bewegen konnte. Die weiße Wüste vermischte sich mit den aschigen Wolken des Himmels, der Gäus war so schnell, dass er Aztrivavez in vier, fünf Schritten bis zum Strand durchquert haben würde, aber er rannte nicht nach Süden, eher nach Norden, auf die Zerbrochenen Berge zu, zum Dämonenschlund, aus dem er wahrscheinlich geschlüpft war, und dahinter zur Verbotenen Mitte, wo die Ruine der Tausend Schreie kauerte.
    Koaron musste abspringen. Aber alles ringsum sah von hier oben steinig und scharfkantig aus und wankte vorüber wie die Oberfläche einer besonders groben Feile.
    Er musste warten, bis eine

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