Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Titel: Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner

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Verstand verloren?«
    »Das wollte ich dich gerade fragen«, herrschte Koaron den erfahrenen Sammler an. »Hör auf mit dem Unsinn, nur weil sie eine Fremde ist! Wir werden alle zusammen angegriffen und müssen so schnell wie möglich zurück an Bord.«
    Adain, mit Voy über der Schulter, lächelte und hob eine unbewaffnete Hand. Gilgels Gabelschwert zielte auf ihr Brustbein. Die Spitze zitterte ein wenig.
    »Sie?« , fragte Gilgel, ähnlich wie der Kapitän vorher. »Heißt das, Junge, dass du keine Ahnung hast? Dass ihr beide keine Ahnung habt?«
    Bürschlein. Knabe. Junge.
    »Wovon sprichst du?«, erkundigte sich Glai.
    »Dass dies … ein Dämon ist.«
    Unwillkürlich rückten Koaron und Glai beide ein wenig von Adain ab. Adain lächelte noch immer, die eine Hand erhoben, die andere umfasste Voy. »Was weißt du von Dämonen?«, fragte Adain den Sammler.
    »Genug«, behauptete dieser. »Ich sammle sie.«
    »Falsch«, sagte Adain freundlich. »Du hast noch niemals zuvor einen zu Gesicht bekommen. Was ihr da sammelt, sind nichts als Echos. Verwirrte, blinde Zerrbilder, die im Laufe der Jahrhunderte in der Wüste gewachsen sind, weil das Land Orison sich seiner geliebten Dämonen erinnert und sie so schmerzlich vermisst. Die wirklichen Dämonen jedoch, das sind jene, die vor euch waren und die nach euch sein werden, wenn ihr nicht entschieden mehr achtgebt auf euch und euresgleichen.« Sie machte eine unscheinbare Bewegung, und aus ihrer Voy haltenden Hand zischte Voys kleiner Handwerkerdolch. Der Dolch klirrte gegen die Klinge von Gilgels Gabelschwert, prallte fast unmerklich von dort ab und schrammte dem Sammler blutschürfend über den Daumensattel. Gilgel wollte aufschreien, doch schon hatte Adain ihn vor die Brust getreten, sodass er nach hinten in den Sand gestürzt wäre, hätte Adain ihm nicht Bakenala entrissen und sie sich über die andere Schulter geworfen. So schwankte Gilgel erst rückwärts, dann vorwärts und blieb leicht eingeknickt stehen. »Nur, um keine Zeit mit sinnlosen Wortgefechten zu vertrödeln, die wir auch später noch nachholen können«, sagte Adain, immer noch lächelnd. Dann rannte sie los, den beiden Beibootspuren folgend, die zur Miralbra Vii hinführten, und mit zwei Frauen über den Schultern.
    Gilgel hob sein Gabelschwert auf, das ihm aus der Hand gefallen war, und rieb sich den blutigen Daumen. »Bei allen Ungeheuern der Grünen See!«, rief er aus. »Das ist ein Dämon! Ein richtiger, leibhaftiger Dämon wie aus der Zeit vor der großen Weiß-Sagung!« Und er sagte noch etwas, das wie »Endlich« klang, aber was die anderen nicht verstehen konnten.
    »Dieser Dämon kann sprechen«, sagte Glai. »Und lächeln. Und er ist vielleicht alles, was zwischen uns und einer Horde Mannshoher steht. Und er ist schnell , verdammt noch mal, kommt schon, sonst verlieren wir den Anschluss. Was ist denn los mit dir, Koaron, warum bist du so bleich? Du hast dieses Frauenzimmer doch angeschleppt, oder etwa nicht?«
    »Ich … ich bin mir … nicht mehr sicher …«
    »Kommt!« Glai trieb sie jetzt alle an, auch den Kapitän, der schon fast nicht mehr konnte. Ein Kapitän rannte nicht, ein Kapitän ließ seine Mannschaft für sich rennen. Aber ohne Schiff war auch ein Kapitän nichts weiter als ein alter Mann in einem Gelände, das den Dämonen und den Überraschungen gehörte.
    Sie rannten zu viert, so schnell sie konnten. Adain hatte ihnen immerhin die beiden Bewusstlosen abgenommen und war dennoch schneller als sie.
    Bald schon kamen hinter ihnen Bewegungen in Sicht. Aus dem von Adain gestreuten Gerücht und dem von Glai gespürten Beben wurden unwiderlegbare Verfolger.
    Es waren an die vierzig.
    Mannshohe.
    Konturenflackernde Dämonenschemen, die alle exakt gleich aussahen: wie flache, menschengroße Fliegen mit riesig starrenden, grünschillernden Augen und flirrenden, flinken Beinen. Ihre Flügel waren verkümmert, dafür verfügten sie über zwei kräftige Beine und zwei klauenbewehrte Arme. Sie waren eine lautlos hechelnde Horde des Schreckens, und sie kamen in drei Gruppen. Die beiden Flankentrupps bestanden nur aus etwa jeweils sieben Gestalten, der Haupttross jedoch, etwa fünfundzwanzig Ungeheuer, kam genau von hinten, von achtern , wie man an Bord der Miralbra Vii gesagt hätte. Nicht nur ihr Aussehen, sondern auch ihre Bewegungsmuster waren identisch, sodass ihre leicht verschobenen Abläufe wie ein Kanon wirkten, wie eine Wellenbewegung oder wie die künstliche Vervielfältigung