Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Titel: Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
ihre langen Haare. Adain spürte zum ersten Mal seit über zwei Jahrhunderten wieder richtigen Schmerz, und sie erinnerte sich daran, wie unangenehm die Nebenwirkungen waren. Verwirrung. Wut. Verlust der Konzentration. Verlust der Blickrichtung, der Klarheit, der Schärfe. Sie lächelte und fasste ihre Waffen neu. Koaron war ihr jetzt ein Hindernis, gerne hätte sie sich wie ein Kreisel um sich selbst gedreht und alles zerschnitten, was ihr zu nahe kam, aber hinter ihr war jemand, dem sie nicht wehtun wollte. Eigentlich wollte sie auch den Psells nicht wehtun. Genau das war es, was der Schmerz mit einem machte: Er ließ einen den Blick aufs Wesentliche verlieren. Er drängte sich krakeelend in den Vordergrund, obwohl er doch genau genommen völlig unbeträchtlich war.
    Sie tötete nur die vier, die sie angegriffen hatten. Tötete sie, indem sie punktgenau zustieß wie jemand, der ein filigranes Handwerk ausübt. Dabei fand sie sogar noch Zeit, Koaron wieder auf die Füße zu ziehen. Die Psells jedoch erhielten ihrerseits Gelegenheit, Abstand zwischen sich und Adains sandstaubende Klingen zu bringen, und mindestens zehn von ihnen lösten sich und begannen, den viel zu langsamen Menschen hinterherzusetzen.
    »Bislang hat dein Kapitän nichts Heldenhaftes von dir zu sehen bekommen«, tadelte Adain Koaron lächelnd. An dem Jungen klebte Sand, weil sein Angstschweiß ihm aus sämtlichen Poren sickerte. »Er hat dich stürzen sehen und vielleicht auch schreien hören. Findest du nicht auch, dass du ihm nun langsam etwas bieten solltest?«
    »Wie denn?«, flennte Koaron beinahe. »Meine Rute prallt einfach von ihnen ab!«
    »Halte meine Hand und lass sie nicht mehr los!«
    Sie schob Die Stimme in ihre Schlaufen zurück und hielt nun nur noch Das Schweigen . Die leere Hand streckte sie Koaron entgegen. Der ergriff sie zögerlich. Seine Hand war klamm und feucht, ihre fest und beinahe pulsierend warm. Nun reichte sie ihm Das Schweigen . »Halte es gut fest, am ausgestreckten Arm. Ich warne dich: Verliere es nicht.« Koaron steckte seine Degenrute zittrig in die Scheide zurück und ergriff Das Schweigen . Das Schweigen war so steinern schwer, dass er es kaum zu bewältigen vermochte, geschweige denn, den Arm zu strecken. Aber ihre Warnung verlieh ihm Kraft. Adain zog nun wieder Die Stimme aus ihren Schlaufen. Jeder von ihnen hatte nun eine Waffe in der Hand, und sie beide waren durch ihre leeren Hände fest verbunden. »Und nun, mein hübscher Knabe«, sagte Adain lächelnd, »tanzen wir.«
    Koaron hatte nicht die leiseste Ahnung, was Adain eigentlich vorhatte. Ihre Waffe war unglaublich schwer, er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, dass jemand eine solche Waffe zu führen imstande war. Andererseits wunderte es ihn nicht, dass diese vierfache Klinge durch die Psells schnitt wie durch welkes Laub. Wahrscheinlich würde auch ein Menschenkörper in Fetzen gehen, wenn Adain ihn damit traf.
    Die Psells näherten sich wieder. Die Klauen vorgestreckt, mit seltsamen, identisch seitlichen Bewegungen, die riesigen Augen vor Gier glitzernd.
    Ansatzlos begann Adain Koaron herumzuwirbeln. Vor Überraschung schrie er auf. Sie hielt seine Hand und schleuderte ihn im Kreis. Seine Füße verloren den Sand, die ganze Wüste. Koaron schwebte. Adains Griff hielt ihn. Das Schweigen drohte ihm zu entgleiten, doch Adains Warnung steckte ihm im Mark. Er hielt das Schwert, schleifte es hinter sich her in einer Kreisbewegung, von der Fliehkraft kam es höher und höher – und dann begann es, die Psells zu berühren. Gleichzeitig tat Adain dasselbe mit Die Stimme . Der Junge und der Dämon rotierten, wie früher für Jahrhunderte der Dämonenschlund rotiert hatte. Einzig von Adains Kraft gehalten, von ihren Füßen geführt und gelenkt, schnitten die beiden Wesen, die nun wie eins waren, sich durch die Wüstendämonen hindurch. Das neue, sich um sich selbst drehende Wesen hatte zwei Beine und einen absurd zur Seite hin verlängerten Arm, der wiederum vielfältige Verästelungen aufwies. Sand stieg auf von den sich drehenden Füßen, Sand brach auch aus den Psells hervor, die mit den Klingen in Berührung kamen. Die Psells kreischten und flackerten und rissen die Arme hoch und zerstoben zu überschaubaren Sandstürmen. Und Adain führte den Tanz in alle Richtungen, in denen sich Psells befanden, in denen die Steinklingen Nahrung fanden wie Tiere, die man auf eine Weide führte.
    Koaron sah nichts mehr außer Adains überirdisch schönem Gesicht.

Weitere Kostenlose Bücher