Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten
ungefährlich. Dort, wo der Regen nicht versickern konnte, weil sich zum Beispiel Felsen unter der Asche befanden, bildeten sich Rinnsale, die teilweise sogar reißend waren. Schiffe, die in einem Verband fuhren, liefen dabei Gefahr, gegeneinander geschwemmt zu werden. Sämtliche Steuerfrauen der kleinen Flottille hatten also alle Hände voll zu tun. Auch war das Segeln bei prasselndem Regen alles andere als ein Vergnügen. Die Regentropfen folgten zwar der Windrichtung, machten die Segelstoffe jedoch schwer und störrisch. Felshindernisse und Grate im Boden waren unter dem allgegenwärtigen Aufspritzen sämtlicher Oberflächen bedeutend schwerer zu erkennen als im Trockenen. Der Himmel war von Wolken wie vernagelt und erschwerte dadurch die Navigation vermittels Sonne, Mond und leuchtenden Städten. Einzig um die Trinkwasserreserven für vierzig Personen an Bord brauchte sich niemand zu sorgen. Die Auffangfässer sahen beständig aus, als würde es in ihnen ungeduldig brodeln.
Koaron hatte den Aufbruch mit gemischten Gefühlen erlebt. Wennims und Frentes’ Warnungen, sich nicht in das Kriegsgeschehen hineinziehen zu lassen, steckten ihm noch wie Nägel im Schädel, aber was sollte er machen, wenn sein begeistert bartgefärbter Kapitän sich selbst, sein neues Schiff und seine Mannschaft mit Leibern und Seelen diesem Feldzug verschwor? Sollte er sich verweigern und von Bord abheuern? Glai hatte das tatsächlich erwogen. Bis beinahe zum allerletzten Augenblick hatte sie darüber nachgedacht, sich diesem Kommando zu entziehen, notfalls durch einen beherzten Sprung. Aber dann hatte sie in die Gesichter von Koaron und Voy und Bakenala und Tibe und Jitenji und auch Bechte geblickt und begriffen, dass sie alle, alle mitfuhren und vielleicht nicht wiederkehrten. Und sie hatte den Gedanken nicht ertragen, vielleicht nie in Erfahrung bringen zu können, welches Schicksal sie eigentlich ereilte. Koaron dagegen war seit der letzten Fahrt das Gefühl nicht mehr losgeworden, einiges wiedergutmachen zu müssen. Vielleicht konnte er sich jetzt im Kampfgetümmel endlich so bewähren, wie er das bei dem Gäus oder gegen die Psells oder angesichts des großen roten Hundes auch schon gerne getan hätte. Manchmal bildete er sich ein, dass ihm letztens nur Gelegenheiten gefehlt hatten. Aber das stimmte nicht. Alle Gelegenheiten waren überreichlich vorhanden gewesen. Es hatte ihm an Übersicht gemangelt, an Ausdauer und an Kraft. Vielleicht war ein Krieg, eine offene, schmutzige Eroberung von Mensch zu Mensch etwas, das seinen Fähigkeiten eher entsprach.
Adain bestand darauf, in den Wanten mitzuhelfen. Er hätte sich sonst einfach an Bord zu sehr gelangweilt. Kapitän Renech – der sich vor dem Auslaufen zur Feier seines neuen Schiffes den Backenbart hatte blondieren lassen und nun jünger aussah als jemals zuvor seit Erreichen seiner Kapitänswürde – hatte Übungskämpfe an Bord strengstens untersagt, ansonsten hätte Adain sich gerne mit dem bunten Sammelsurium an Soldaten gemessen. Das war nun aber aufgrund der Beschädigungssorgen des Kapitäns nicht möglich. Auch das Sammeln neuartiger sinnlicher Erfahrungen war vereitelt, da das Schiff mit vierzig Mann dermaßen überladen war, dass es nur noch eine einzige Möglichkeit zum Zurückziehen gab. Adain war vielem gegenüber aufgeschlossen, aber sowohl tratschende Zuschauer als auch die traurige menschliche Ausdünstung der engen Latrinenkabine konnte er einfach nicht leiden.
Am zweiten Tag der Reise hatte er oben in den triefenden Wanten einen interessanten Augenblick mit Gilgel. Der Sammler, der seinem Kapitän die Angriffsmaske gestohlen hatte und diese immer noch wie eine Trophäe dreist am Gürtel trug, kam Adain sehr nahe, schwang sich über ihm an den Mast und hatte dabei ein Messer zwischen den Zähnen. Adain befürchtete, Gilgel würde ihm die Webeleinen kappen, damit er haltlos auf das Deck stürzte, und sicherte sich, indem er sich eine weiter entfernte Pardune griff, doch Gilgel grinste nur böse, zwinkerte und schwang sich weiter zum nächsten Segel.
Mit Koaron hatte Adain kaum Kontakt. Mit Zemu überhaupt nicht mehr. Auch der Kapitän ging dem Dämon weitestgehend aus dem Weg. Aufgrund des Regens blieb Renech ohnehin überwiegend unter Deck. Alle Miralbras fuhren im Verband, die Steuerfrauen schafften das auch ohne ihn.
Die Präposita Daegren hielt wiederum das Schiffsmädchen Voy von ihrer Kohorte fern. Sowohl mit Voy als auch mit Bakenala hätten vor allem
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