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Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Titel: Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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aus dem obersten Präpositus, Tornhir, geworden war, wusste niemand. Das ernüchternde Schicksal des obersten Kapitäns jedoch, Aiut, war jedermann bekannt.
    Es war verhältnismäßig natürlich, dass sich auch im Massenkerker die Besatzungen der einzelnen Miralbras wieder untereinander zusammenfanden. Tibe und Jitenji versuchten, ihre Gruppe in Fragen der Nahrungszuteilung, Waschwasserrationierung, Sauberhaltung und Platzverwaltung ein wenig zu koordinieren, Bakenala und Voy kümmerten sich unter Anleitung der beiden Schiffsärztinnen um die Verwundeten Glai und Koaron.
    Gilgel jedoch erwies sich mehr und mehr als Außenseiter. Er war einer von insgesamt nur sieben Männern hier unten. Er weigerte sich, die fratzenhafte Kapitänsmaske abzulegen. Oftmals trug er sogar Reste der Seidenfesselung wie mit Stolz zur Schau. Er behauptete, Fürst Glengo Dihn und sein »dämonenbuhlerischer Berater« hätten »sie alle, die sie hier versammelt waren« an einen »leibhaftigen Dämon verraten«, und dieser Kerker sei dafür die »gerechte Sühne«. Jitenji versuchte mit ihm zu räsonieren, dass Adain ja nun offensichtlich nicht mehr unter ihnen war, der Anlass für seinen Zorn also für die jetzige Situation ohne Bedeutung, aber auch darauf reagierte Gilgels undurchdringlicher Maskenkampfschrei nur mit eisigem Schweigen. Niemand konnte sich sicher sein, ob Gilgel irgendwann übergeschnappt war oder ob er die ganze Zeit über der Einzige von ihnen allen war, der die Wahrheit durchschaut hatte.
    Am schrecklichsten in diesem Kerker – abgesehen von dem beständigen Dämmerlicht, dem allgegenwärtigen Gestank und der drängenden, feuchtgeschwitzten Enge – waren die Bescheidenheitskontrollen . Dabei begaben sich fünf Beschnittene in den Kerker und gingen durch die kauernden Menschenreihen. Jeder von ihnen hatte eine stachelige Keule in der Hand, die ein wenig an eine aufgespreizte Artischocke erinnerte und vielleicht tatsächlich pflanzlichen Ursprungs war, aber mit einem silbrigen Metall überzogen. Die Beschnittenen gingen einfach umher, und wenn ihnen einer der Gefangenen zu trotzig und zu unbescheiden vorkam, bekam er die Keulen übergezogen. Bis zu zehn Schläge, die hässliche, tiefe Fleischwunden verursachten. Zwei gefangene Frauen starben in den ersten beiden Wochen an derartigen Kopfhieben, dann hatten die Kerkerinsassen gelernt, sich demütig und unterwürfig zu gebärden, wenn Kontrolle war.
    Als Nächstes begannen, in der dritten Woche, die Lektionen.
    Die Ketzer wurden in der Litanei der Bescheidenheit unterrichtet, und zwar derart, dass sich täglich ein bescheidener Vorleser, links und rechts flankiert von mit Schwertern und Schilden bewaffneten Beschnittenen , mitten unter sie begab und ihnen mit hallender Stimme die Gebote vortrug:
    Ich verzichte darauf, mir einen Gott auszudenken, denn das Land ist anbetungswürdig genug, und mein König, dieses Landes bescheidener Verwalter und Besteller, verdient meine ungeteilte Ergebenheit.
    Ich verzichte darauf, meine Eltern zu ehren, denn groß war die Freude, die ich ihnen in meiner Kleinheit gab, und groß ist ihr Verständnis dafür, dass ich schließlich größer wurde als sie.
    Ich verzichte darauf, das Leben eines Menschen zu nehmen, es sei denn, dieser Mensch greift mich an und übergibt somit sein Leben in meine Hände.
    Ich verzichte darauf, das Leben eines Landtieres zu nehmen, es sei denn, es greift mich an oder ist von selbst gestorben und übergibt mir derart seinen Körper in meine Hände.
    Ich verzichte darauf, das Weib meines Nachbarn zu begehren, es sei denn, es ist von selbst zu mir gekommen und übergibt mir derart seinen Körper in meine Hände.
    Ich verzichte darauf, den Mann meiner Nachbarin zu begehren, es sei denn, er ist von selbst zu mir gekommen und übergibt mir derart seinen Körper in meine Hände.
    Ich verzichte auf das Eigentum der anderen, denn was ich habe, soll mir genügen, und was ich brauche, will ich mir redlich verdienen.
    Ich verzichte darauf, Güter und Wohlstand anzuhäufen, denn dass meine Stadt die furchtbare Weiß-Sagung überstanden hat, ist mir bereits Anlass zu ewiger Dankbarkeit. Der äußere Reichtum entspricht in seiner Größe der inneren Armut, und Bescheidenheit ist die wahre Überlegenheit.
    Ich verzichte darauf, mich in Farben zu hüllen, die mich von den anderen absetzen sollen, denn weiß ist die Wüste und grün ist das Meer, und ich verdiene keinesfalls mehr Aufmerksamkeit als diese.
    Ich verzichte darauf,

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