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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Lackkratzer zieren. »Was würden Sie daraus schließen, wenn Sie diesen Tatort untersuchen müssten?« Er entfernt das Zellophan von einem Päckchen Dentyne-Kaugummi. »Ich will Ihnen mal einen Tipp geben. Früher war das der Parkplatz des Leichenbeschauers, doch der - dreimal dürfen Sie raten, wer es war - hat sich vor nicht allzu langer Zeit beschwert, dass er zu eng sei und dass er nur über seine Leiche weiter dort parken würde.«
    »Jetzt verrate doch nicht meine ganzen Geheimnisse.« Langsam quält sich Dr. Lanier aus der Lücke. »Außerdem hat meine Frau diesen Schaden angerichtet. Sie ist eine noch schlechtere Autofahrerin als ich, nur damit das einmal gesagt ist.«
    »Sie ist auch Ermittlerin in Todesfällen.« Wieder dreht Eric sich um. »Und arbeitet umsonst wie die meisten von uns.«
    »Quatsch.« Dr. Lanier beschleunigt sein Hochgeschwindigkeits-Verfolgerfahrzeug stärker, als in einer Tiefgarage eigentlich angebracht ist. »Du kriegst viel mehr, als du verdienst.«
    »Können wir jetzt offen reden?«, fragt Scarpetta.
    »Ich glaube schon. Zu meinem Büro haben viele Leute Zutritt; keine Ahnung, wer da ein und aus geht. Aber niemand fasst mein Auto oder meine Harley an«, erwidert Dr. Lanier.
    Mit fester, ruhiger Stimme konfrontiert Scarpetta ihn mit den Tatsachen. »Auf dem Hinflug saß ich rein zufällig zwischen dem kleinen Sohn der Dards und dem hier zuständigen Bundesstaatsanwalt Weldon Winn. Zu guter Letzt musste ichsogar Albert Dard nach Hause fahren. Möchten Sie mir nicht verraten, was, zum Teufel, hier gespielt wird?«
    »Es macht mir Angst.«
    »Der Junge war in Miami, wurde gestern Vormittag Hals über Kopf zum Flughafen gekarrt und in einen Flieger nach Houston gesetzt, sodass er in meiner Maschine nach Baton Rouge saß. Genauso zufällig hatte Winn ebenfalls einen Platz in meiner Maschine. Übrigens halte ich Sie nicht für einen Menschen, der so rasch Angst kriegt.«
    »Zwei Dinge: Erstens kennen Sie mich nicht, und zweitens kennen Sie sich hier nicht aus.«
    »Wo war Albert vor acht Jahren, als seine Mutter in einem Motelzimmer starb ?«, fragt Scarpetta. »Wo war sein Vater, und warum ist dieser geheimnisvolle Vater, ich zitiere, immer weg, wie der Junge es ausdrückt?«
    »Das weiß ich nicht. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich Albert bereits begegnet bin. Im letzten Jahr musste ich den Jungen in der Notaufnahme untersuchen und habe einen Tipp gekriegt, was seine wohlhabende Familie und den geheimnisvollen Tod seiner Mutter angeht. Er wurde in eine private psychiatrische Klinik in New Orleans eingewiesen.«
    »Warum, um Himmels willen?«, wundert sich Scarpetta und fügt hinzu: »Die Familie lässt den Jungen allein reisen, obwohl er bereits in psychiatrischer Behandlung war?«
    »Nach dem, was Sie mir erzählt haben, war er ja nicht allein. Sein Onkel hat ihn den Flugbegleiterinnen übergeben, die sich zweifellos darum gekümmert haben, dass er in Houston den richtigen Flugsteig erreicht hat. Und dann haben Sie sich ja den restlichen Flug über mit ihm beschäftigt. Außerdem ist er nicht psychotisch.
    Es heißt, dass seine Tante vor drei Jahren, im vergangenen Oktober also, die Notfallnummer anrief und meldete, ihr Neffe - damals war er, glaube ich, sieben - blute stark und behaupte, draußen beim Radfahren überfallen worden zu sein. DerJunge war angeblich hysterisch und völlig verängstigt. Und, tja, es stellte sich heraus, dass der arme Kleine gar nicht überfallen worden war, Kay. Sie sagten doch, ich könnte Sie so nennen. Dafür gab es nicht die Spur eines Beweises. Offen gestanden hat er die Angewohnheit, sich selbst zu verletzen. Mit einem Messer. Und anscheinend hatte er wieder damit angefangen, kurz bevor ich ihn in der Notaufnahme untersuchte, was eine ziemlich scheußliche Sache war.«
    Scarpetta erinnert sich an die fehlenden Messer in der Küche der Dards.
    »Sind Sie absolut sicher, dass er sich die Verletzungen selbst zugefügt hat?«, fragt sie.
    »Ich gebe mir Mühe, nie absolut sicher zu sein, und wüsste nicht, was, bis auf den Tod, unverrückbar feststünde«, entgegnet Dr. Lanier. »Aber ich habe viele halbherzige Schnitte entdeckt, die eigentlich nur Kratzer waren. Das ist ein ziemlich deutlicher Hinweis darauf, dass sich jemand noch am Anfang des tragischen Wegs der Selbstzerstörung befindet. Die Wunden waren alle geringfügig und an Stellen, die der Junge zwar erreichen konnte, die für andere aber nicht gleich sichtbar sind. Bauch. Oberschenkel.

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