Die Dämonen ruhen nicht
zunehmend nervös macht. Obwohl er nicht versteht, was der Agent damit bezweckt, ist ihm - wie er sich jetzt erinnert - bereits bei früheren Aufenthalten aufgefallen, dass die Türen in diesem Hotel so laut knallen wie Pistolenschüsse.
»Schreien Sie nicht so«, befiehlt der Agent.
Er stellt die Champagnerflasche vor Rocco auf den Tisch.
»Anfassen.« Der Mann weist mit dem Kopf darauf.
Rocco glotzt die Flasche an und schluckt mühsam.
»Anfassen, Rocco.«
»Ich frage Sie noch einmal: Woher kennen Sie meinen Namen?«, beharrt Rocco. »So machen Sie schon den Mund auf. Sie wissen, wer ich bin, richtig? Wir können eine Lösung finden ...«
»Nehmen Sie die Flasche.«
Er gehorcht. Der Agent will, dass Roccos Fingerabdrücke auf die Flasche geraten. Das ist gar nicht gut. Offenbar möchte der Mann den Eindruck erwecken, dass Rocco den Champagner bestellt oder auf sonstige Weise bekommen und ihn dann getrunken hat. Es sieht ziemlich übel aus. Roccos Befürchtungen steigern sich, als der Agent zum Bett zurückkehrt, eine Jacke nimmt und eine mit Leder bezogene Taschenflasche herausholt. Er schraubt die Verschlusskappe auf, kehrt zu Roccos Tisch zurück und gießt eine ordentliche Portion Wodka in den Rest von Roccos Cocktail.
»Austrinken«, sagt der Mann.
Rocco stürzt den Wodka in wenigen Schlucken hinunter und ist erleichtert, als er ihm brennend die Kehle hinabrinnt und sich die verführerisch beruhigenden Stoffe in seinem Blut verteilen und ihm zu Kopf steigen. Seine verworrenen Gedanken versteigen sich zu der Hoffnung, dass der Agent Gnade zeigt und ihn anständig behandelt, um ihm die Angst zu nehmen. Vielleicht ändert er ja noch seine Meinung und möchte doch eine Abmachung treffen.
Rocco überlegt weiter. Allerdings bleibt die Tatsache bestehen, dass dieser Mann von jemandem geschickt worden ist, der sich sehr gut mit seinen Geschäften auskennt. Offenbar weiß derjenige, dass Rocco einmal im Monat nach Stettin reist, um für die Chandonnes am Hafen Geschäfte abzuwickeln. Er ist hauptsächlich für die Kontaktpflege mit der Polizei und anderen Beamten verantwortlich, eine Alltäglichkeit, die er sogar im betrunkenen Zustand hinbekommt. Nichts weiter als routinemäßiges juristisches Geplänkel; dann werden die üblichen Gebühren entrichtet, und wenn nötig folgt darauf ein kleiner Hinweis, wie gefährlich die Welt inzwischen geworden ist.
Nur ein Eingeweihter kann Roccos Zeitplan kennen und wissen, in welchem Hotel er wohnt. Das Hotelpersonal ahnt nicht, was Rocco von Beruf ist, nur, dass er aus New York stammt oder das wenigstens behauptet. Niemand interessiert sich dafür. Rocco ist großzügig. Rocco ist reich. Anstatt wie die meisten anderen Gäste in Zloty zu bezahlen, begleicht er die Rechnung mit schwer zu ergatternden und auf dem Schwarzmarkt sehr hilfreichen amerikanischen Dollars und gibt reichlich Trinkgeld. Alle mögen ihn. Die Barkeeper kippen ihm die doppelte Menge Chopin-Wodka in seine Drinks, wenn er, wie so oft, in der Bar im oberen Stockwerk im Dunkeln sitzt und Zigarren raucht.
Der Mann, der ihn überwältigt hat, ist schätzungsweise achtundzwanzig Jahre alt, vielleicht auch Anfang dreißig. Das schwarze Haar trägt er kurz und gegelt, sodass es stachelig wirkt wie bei so vielen jungen Männern heutzutage. Rocco bemerkt einen markanten Kiefer, eine gerade Nase, dunkelblaue Augen, Bartstoppeln und die Venen, die am Bizeps und an den Händen des Mannes zu sehen sind. Vermutlich braucht er gar keine Waffe, um jemanden umzulegen. Die Frauen mögen ihn. Sicher machen sie ihm schöne Augen und baggern ihn an. Rocco war nie attraktiv. Sein Haarausfall fing bereits an, als er ein Teenager war. Außerdem konnte er die Finger einfach nicht von Pizza und Bier lassen, was man ihm bald ansah. Neid packt ihn. Das war schon immer so. Die Frauen schlafen nur mit ihm, weil er Macht und Geld hat. Hass auf den Angreifer lodert auf.
»Anscheinend ist Ihnen nicht klar, mit wem Sie sich hier angelegt haben«, sagt Rocco.
Der Agent würdigt ihn keiner Antwort. Sein Blick huscht hektisch durch den Raum. Rocco wischt sich das Gesicht mit seiner fettigen Serviette ab. Seine Aufmerksamkeit wendet sich dem Steakmesser auf dem Teller zu.
»Nur zu«, meint der Agent und betrachtet das Messer. »Los, versuchen Sie’s. Sie würden mir das Leben damit ziemlich erleichtern.«
»Ich will doch gar nichts von Ihnen. Lassen Sie mich einfach frei, dann vergessen wir, dass es je passiert ist.«
»Ich darf
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