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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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schaden Sie sich.«
    »Blümer, ich bin soeben zu der Überzeugung gelangt, daß sich diese Sache ganz anders verhält, ganz anders.«
    »Doch nicht etwa auf Grund der Reden dieses verlogenen, lasterhaften jungen Menschen, gegen den Sie selbst Verdacht hegen? Er hat Sie durch schmeichlerisches Lob Ihres schriftstellerischen Talentes eingewickelt.«
    »Blümer, du verstehst nichts davon; dein Projekt ist eine Torheit, sage ich dir. Wir werden nichts finden; es wird sich ein gewaltiges Geschrei erheben, und dann ein Gelächter, und dann wird Julija Michailowna ...«
    »Wir werden zweifellos alles finden, was wir suchen,« unterbrach ihn Blümer und trat, die rechte Hand auf das Herz legend, mit festem Schritte an ihn heran. »Wir werden plötzlich eine Haussuchung veranstalten, früh morgens, mit aller Rücksichtnahme auf die Person und unter genauer Beobachtung aller gesetzlich vorgeschriebenen Formen. Die jungen Leute, Ljamschin und Teljatnikow, versichern auf das bestimmteste, daß wir alles Gewünschte finden werden. Sie sind dort oft zu Besuch gewesen. Herrn Werchowenski ist hier niemand sonderlich zugetan. Die Generalin Stawrogina hat ihm ihre Wohltaten offenkundig entzogen, und jeder ehrenhafte Mensch, wenn es einen solchen in dieser argen Stadt gibt, ist überzeugt, daß sich dort von jeher die Quelle des Unglaubens und der sozialistischen Lehre versteckt hat. In seiner Wohnung sind alle möglichen verbotenen Bücher vorhanden, Rylejews 1 ›Träumereien‹, alle Schriften von Herzen ... Ich habe für alle Fälle ein leidlich vollständiges Verzeichnis.«
    »Ach Gott, diese Bücher besitzt jeder; wie einfältig du bist, mein armer Blümer!«
    »Auch viele Proklamationen hat er,« fuhr Blümer fort, ohne auf die Zwischenbemerkung zu hören. »Es wird uns dabei sicher gelingen, auf die Spur der Proklamationen zu kommen, die hier jetzt verbreitet werden. Dieser junge Werchowenski ist mir im höchsten Grade verdächtig.«
    »Aber du verwechselst den Vater mit dem Sohne. Sie leben nicht in Eintracht; der Sohn macht sich über den Vater unverhohlen lustig.«
    »Das ist nur eine Maske.«
    »Blümer, du hast dir vorgenommen, mich zu Tode zu quälen! Bedenke nur, er ist doch eine hier am Orte angesehene Persönlichkeit. Er ist Professor gewesen; er ist ein bekannter Mann; er wird ein großes Geschrei erheben, und es werden sogleich die Spottreden durch die Stadt schwirren; na, und wir haben uns dann gründlich blamiert ... und bedenke nur, in welche Stellung dann Julija Michailowna gerät ...«
    Blümer drang weiter vor ohne zu hören.
    »Er ist nur Privatdozent gewesen, nicht Professor, und dem Range nach war er bei seinem Ausscheiden nur Kollegienassessor,« sagte er, indem er sich mit der Hand gegen die Brust schlug. »Dekorationen besitzt er keine; entlassen wurde er aus der dienstlichen Tätigkeit wegen Verdachtes regierungsfeindlicher Gesinnung. Er hat unter geheimer Aufsicht gestanden und steht unzweifelhaft noch unter ihr. Und angesichts der jetzt hervortretenden Ordnungswidrigkeiten sind Sie ohne Zweifel zum Einschreiten verpflichtet. Sie aber lassen sich die Gelegenheit, sich auszuzeichnen, entgehen, wenn Sie gegen einen tatsächlich Schuldigen Nachsicht üben.«
    »Julija Michailowna kommt! Mach, daß du hinauskommst, Blümer!« rief v. Lembke auf einmal, da er die Stimme seiner Gemahlin im anstoßenden Zimmer hörte.
    Blümer fuhr zusammen, wollte sich aber noch nicht ergeben.
    »Gestatten Sie, gestatten Sie,« sagte er, indem er noch näher herantrat und noch fester beide Hände gegen die Brust drückte.
    »Mach, daß du hinauskommst!« rief Andrei Antonowitsch zähneknirschend. »Tu, was du willst ... ein andermal ... O mein Gott!«
    Die Portiere wurde aufgehoben, und Julija Michailowna erschien. Bei Blümers Anblick blieb sie majestätisch stehen, musterte ihn mit einem hochmütigen, kränkenden Blicke, wie wenn schon allein die Anwesenheit dieses Menschen an diesem Orte für sie eine Beleidigung wäre. Blümer machte ihr schweigend und achtungsvoll eine tiefe Verbeugung und ging, sich vor Respekt zusammenkrümmend und die Arme ein wenig auseinanderbreitend, auf den Zehen zur Tür.
    Ob er wirklich Andrei Antonowitschs letzten ungeduldigen Ausruf als eine direkte Erlaubnis auffaßte, so zu verfahren, wie er es vorgeschlagen hatte, oder ob er in diesem Falle, um seinem Wohltäter zu nützen, gegen sein Gewissen handelte, weil er gar zu fest davon überzeugt war, daß das Ende das Werk krönen werde, das

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