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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Verbreitung bei uns vorzugsweise der Sentimentalität. Aber das Malheur ist, daß sich auch Unterleutnants finden, die zu beißen anfangen; da kann man leicht hereinfallen. Darauf folgen die reinen Schurken; na, die sind ein ganz braves Völkchen und manchmal sehr nützlich; nur muß man auf sie viel Zeit verwenden; sie verlangen eine unaufhörliche Überwachung. Na, und dann schließlich das Hauptmoment, der alles bindende Zement, das ist die Scheu vor einer eigenen Meinung. Sehen Sie, das ist etwas, was stark wirkt! Und wer hat das durch seine Arbeit herbeigeführt? Welcher ›liebe Mensch‹ hat es durch seine Bemühungen dahin gebracht, daß kein einziger eigener Gedanke in jemandes Kopfe übriggeblieben ist? Selbständiges Denken betrachten sie geradezu als eine Schande.«
    »Wenn es so dürftige Menschen sind, warum geben Sie sich dann mit ihnen soviel Mühe?«
    »Aber wenn sie doch so einfach daliegen und einen gleichsam mit aufgesperrtem Munde dazu einladen, wie sollte man sie da nicht in die Tasche stecken! Es klingt, als ob Sie an die Möglichkeit des Gelingens nicht ernsthaft glaubten? Oder vielmehr, der Glaube ist schon da, es fehlt jedoch am rechten Wollen. Aber gerade mit solchen Leuten ist ein Gelingen möglich. Ich sage Ihnen, meine Kerle gehen durch Wasser und Feuer; ich brauche ihnen nur zuzurufen, sie seien nicht fortschrittlich genug. Die Dummköpfe werfen mir vor, ich hätte sie alle hier mit dem Zentralkomitee und den ›zahllosen Verzweigungen‹ hinters Licht geführt. Auch Sie selbst haben mich einmal deswegen gescholten; aber wie kann da von Täuschung die Rede sein: das Zentralkomitee sind Sie und ich, und Verzweigungen wird es so viele geben, als man nur will.«
    »Und alles, was Sie hier haben, ist solcher Pöbel!«
    »Es ist Material. Auch die sind zu brauchen.«
    »Und Sie spekulieren immer noch auf mich?«
    »Sie sind der Chef, Sie sind die bewegende Kraft; ich werde Ihnen nur zur Seite stehen, etwa als Sekretär. Wissen Sie, wir werden in einen Nachen steigen, dessen Ruder von Ahornholz, dessen Segel von Seide sind, und am Steuer sitzt ein schönes Mädchen, die liebe Lisaweta Nikolajewna ... oder wie das da in jenem Liede heißt ...«
    »Da ist er stecken geblieben!« lachte Stawrogin. »Nein, da will ich Ihnen lieber noch ein gutes Mittel angeben. Sie zählen an den Fingern die wirksamen Umstände auf, durch die die Komitees gebildet und zusammengehalten werden. All dieses Beamtenwesen und diese Sentimentalität, das ist wohl ein guter Kleister; aber es gibt noch einen besseren Kunstgriff: bereden Sie vier Komiteemitglieder, das fünfte zu ermorden, unter dem Vorgeben, dieses sei ein Denunziant, und sofort werden Sie sie mittels des vergossenen Blutes wie mit einem Strick zusammenknoten. Sie werden Ihre Sklaven werden und nicht wagen, sich zu empören oder Rechenschaft zu fordern. Ha-ha-ha!«
    »Aber«, dachte Peter Stepanowitsch für sich, »aber für diese Worte sollst du mir büßen, und noch heute abend. Du erlaubst dir denn doch schon gar zu viel!«
    So oder fast so mochte Peter Stepanowitsch denken. Übrigens näherten sie sich schon dem Hause Wirginskis.
    »Sie haben mich da gewiß für ein Mitglied ausgegeben, das aus dem Auslande kommt und mit der Internationale in Verbindung steht, für einen Revisor?« fragte Stawrogin.
    »Nein, für einen Revisor nicht; den Revisor sollen nicht Sie, sondern ein anderer spielen; Sie werden ein zu den Gründern gehöriges, aus dem Auslande eingetroffenes Mitglied sein, dem gewisse höchst wichtige Geheimnisse bekannt sind; das ist Ihre Rolle. Sie werden natürlich reden?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Sie sind jetzt verpflichtet zu reden.«
    Stawrogin blieb vor Verwunderung mitten auf der Straße stehen, nicht weit von einer Laterne. Peter Stepanowitsch hielt seinen Blick dreist und ruhig aus. Stawrogin spuckte aus und ging weiter.
    »Aber Sie selbst, werden Sie reden?« fragte er auf einmal Peter Stepanowitsch.
    »Nein, ich werde Ihnen zuhören.«
    »Hol Sie der Teufel! Sie bringen mich wirklich auf eine Idee!«
    »Auf was für eine?« fragte Peter Stepanowitsch hastig.
    »Ich werde da reden, meinetwegen; aber dafür werde ich Sie nachher durchprügeln, und wissen Sie, gehörig durchprügeln.«
    »Apropos, ich habe vorhin von Ihnen zu Karmasinow gesagt, Sie hätten über ihn geäußert, man müsse ihn durchpeitschen, aber nicht einfach, um ihm eine Unehre anzutun, sondern wie man einen Bauer durchpeitscht, schmerzhaft.«
    »Aber ich

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