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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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vorgenommen, trotz der darin begegnenden Inkorrektheiten. Jedenfalls ist klar, daß das Schriftstück nicht von einem Literaten herrührt.
    Ich erlaube mir noch eine Bemerkung, obwohl ich damit vorgreife. Dieses Schriftstück ist meines Erachtens etwas Krankhaftes, ein Werk des Teufels, der von diesem Herrn Besitz genommen hatte. Der Hergang ist ähnlich, wie wenn ein Mensch, der von einem heftigen Schmerze gequält wird, sich in seinem Bette herumwirft, um eine andere Lage zu finden und sich wenigstens für einen Augenblick Erleichterung zu verschaffen. Ja, nicht einmal Erleichterung möchte er sich verschaffen, sondern nur, wenn auch bloß für einen Augenblick, das frühere Leid mit einem andern vertauschen. Bei diesem Bestreben kommt es ihm selbstverständlich nicht darauf an, daß seine neue Lage schön oder verständig sei. Der Grundgedanke dieses Schriftstücks ist das furchtbare, ungeheuchelte Bedürfnis nach Strafe, das Bedürfnis nach dem Kreuze, nach einer öffentlichen Hinrichtung. Aber dabei ist dieses Bedürfnis nach dem Kreuze in einem Menschen lebendig, der nicht an das Kreuz glaubt, und schon dies allein stellt eine »Idee« dar, wie sich Stepan Trofimowitsch einmal, jedoch in einem andern Falle, ausgedrückt hat. Andrerseits ist das ganze Schriftstück gleichzeitig ein Ausbruch von Tollheit und Jähzorn, wiewohl es anscheinend in anderer Absicht verfaßt ist. Der Verfasser erklärt, er habe nicht umhin gekonnt, es zu schreiben, er habe sich dazu »gezwungen« gefühlt, und das ist ziemlich wahrscheinlich: er wäre froh gewesen, diesen Kelch an sich vorübergehen zu lassen, wenn er das gekonnt hätte; aber er konnte es, wie es scheint, tatsächlich nicht, und so griff er denn lediglich nach einer passenden Gelegenheit zu einer neuen Tollheit. Ja, der Kranke wirft sich auf seinem Bette herum und will ein Leid mit dem andern vertauschen, und da erscheint ihm der Kampf mit der Gesellschaft als diejenige Lage, die ihm noch am ehesten Erleichterung gewähren könne, und so wirft er denn der Gesellschaft den Fehdehandschuh zu.
    Und wirklich kann man schon aus der bloßen Tatsache der Abfassung eines solchen Schriftstücks im voraus vermuten, daß es sich um eine neue, überraschende und unverzeihliche Herausforderung der Gesellschaft handelt. Der Verfasser möchte nur so bald als möglich einem neuen Feinde begegnen.
    Und wer weiß: vielleicht ist alles dies, das heißt die Bogen mitsamt der beabsichtigten Veröffentlichung, wieder nichts anderes als jener Biß in das Ohr des Gouverneurs, nur in anderer Form. Warum mir das sogar jetzt in den Sinn kommt, nachdem sich schon so vieles geklärt hat, das verstehe ich nicht. Ich suche auch nicht zu beweisen und behaupte gar nicht, daß das Schriftstück gefälscht, das heißt vollständig ersonnen und erdichtet sei. Das Wahrscheinlichste ist, daß man die Wahrheit irgendwo in der Mitte zu suchen hat. Indessen habe ich schon zu weit vorgegriffen; es wird richtiger sein, zu dem Schriftstück selbst zurückzukehren. Tichon las also folgendes:
     
    Von Stawrogin.
     
    Ich, Nikolai Stawrogin, Offizier außer Dienst, lebte im Jahre 186* in Petersburg und gab mich geschlechtlicher Ausschweifung hin, ohne daß ich an ihr Vergnügen gefunden hätte. Ich hatte damals eine Zeitlang drei Wohnungen. In der einen wohnte ich selbst, in einem Pensionate mit Beköstigung und Bedienung; dort befand sich damals auch Marja Lebjadkina, die jetzt meine rechtmäßige Gattin ist. Die anderen Wohnungen aber mietete ich damals immer auf einen Monat zum Zwecke meiner Liebschaften: in der einen empfing ich eine vornehme Dame, die mich liebte, in der anderen ihre Kammerjungfer, und eine Zeitlang trug ich mich stark mit der Absicht, die beiden so zusammenzubringen, daß sich die gnädige Frau und das Dienstmädchen bei mir träfen. Da ich die beiden Charaktere kannte, so versprach ich mir von diesem Scherze ein großes Vergnügen.
    Während ich dieses Zusammentreffen von langer Hand vorbereitete, mußte ich häufiger die eine dieser beiden Wohnungen, in einem großen Hause in der Gorochowaja-Straße, besuchen; denn dahin pflegte jene Kammerjungfer zu kommen. Hier hatte ich nur ein einziges Zimmer im vierten Stock, das ich einer russischen kleinbürgerlichen Familie abgemietet hatte. Die Leute selbst hausten nebenan in einem anderen Zimmer, wo sie es sehr eng hatten, so eng, daß die Verbindungstür immer offenstand, was ich auch wollte. Der Mann arbeitete irgendwo in einem Kontor, ging am

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