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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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vielleicht wirklich ernstlich krank, und so weiter und so weiter. Aber Gott sei Dank, endlich erschienen Lembkes: er führte sie am Arme; ich muß gestehen, ich war selbst sehr besorgt gewesen, ob sie kommen würden. Aber nun waren alle Mutmaßungen zu Ende, und die Wirklichkeit trat in ihr Recht. Das Publikum atmete gewissermaßen auf. Lembke selbst schien völlig gesund zu sein, und diesen Eindruck gewannen, wie ich mich erinnere, alle von ihm; denn man kann sich vorstellen, wie viele Blicke sich auf ihn richteten. Ich merke noch als charakteristisch an, daß es überhaupt im Kreise unserer höchsten Gesellschaft nur sehr wenige Leute gab, die da annahmen, daß Lembke irgendwie geistig erkrankt sei: sie fanden seine dienstlichen Handlungen vollständig ordnungsmäßig, dergestalt, daß sie sogar den Vorgang, der sich am vorhergehenden Tage auf dem Platze abgespielt hatte, beifällig aufnahmen. »So hätte er nur gleich von Anfang an verfahren sollen,« sagten die höheren Beamten. »Aber da kommen nun solche Herren mit philanthropischen Anschauungen her und müssen doch schließlich zu dem alten Verfahren greifen und merken dabei nicht, daß das gerade um der Philanthropie willen notwendig ist.« So urteilte man wenigstens im Klub. Man tadelte nur, daß er dabei hitzig geworden war: »So etwas muß mit größerer Kaltblütigkeit geschehen; na, aber er ist noch neu in seinem Amte,« sagten die Sachverständigen. Mit der gleichen Neugier richteten sich alle Blicke auch auf Julija Michailowna. Über einen gewissen Punkt kann natürlich von mir, dem Berichterstatter, niemand sehr eingehende Details verlangen: es handelt sich da um ein Geheimnis, um eine Frau. Ich weiß nur so viel: am Abend des vorhergehenden Tages war Julija Michailowna in Andrei Antonowitschs Arbeitszimmer gekommen und bis lange nach Mitternacht bei ihm geblieben. Sie hatte ihm vergeben und ihn getröstet. Die beiden Ehegatten hatten sich über alles geeinigt; alles war vergessen; und als am Schlusse der Aussprache v. Lembke mit Schrecken sich an die Schlußszene der vorhergehenden Nacht erinnert hatte und vor seiner Frau auf die Knie gefallen war, da hatte das reizende Händchen und nach dem Händchen auch die Lippen der Gattin den flammenden Erguß der reuigen Worte des ritterlich zartfühlenden, aber von Rührung überwältigten Mannes gehemmt. Alle sahen die Glückseligkeit auf ihrem Gesichte. Sie schritt mit offener Miene und in prächtiger Toilette einher. Sie schien auf den Gipfel ihrer Wünsche gelangt zu sein: das Fest, welches das Ziel und die Krone ihrer Politik bildete, war zur Wirklichkeit geworden. Während sie zu ihren dicht an der Estrade befindlichen Plätzen hindurchgingen, verneigten die beiden Lembkes in Erwiderung der Verbeugungen des Publikums sich nach allen Seiten. Sie wurden sofort umringt. Die Frau Adelsmarschall erhob sich, um sie zu begrüßen ... Aber da begab sich ein garstiges Mißverständnis: das Orchester ließ ohne jeden Anlaß einen schmetternden Tusch ertönen, nicht einen Marsch, sondern einfach einen Tafeltusch wie bei uns im Klub bei Tisch, wenn bei einem offiziellen Diner auf jemandes Gesundheit getrunken wird. Ich weiß jetzt, daß dies Ljamschin in seiner Eigenschaft als Festordner angeordnet hatte, als sollte damit den eintretenden Lembkes eine Ehre erwiesen werden. Freilich konnte er sich immer damit herausreden, er habe es aus Dummheit oder aus Übereifer getan ... Leider wußte ich damals noch nicht, daß diese Buben sich um Entschuldigungen überhaupt keine Sorge mehr machten und mit jenem Tage alles zum Abschluß zu bringen gedachten. Aber mit dem Tusche war es noch nicht genug: während das Publikum noch ärgerlich staunte und lächelte, erscholl plötzlich am Ende des Saales und auf den Galerien ein Hurra, ebenfalls wie den Lembkes zu Ehren. Es waren nicht viele Stimmen; aber sie setzten, wie ich gestehen muß, das Rufen eine ziemliche Weile fort. Julija Michailowna wurde dunkelrot, und ihre Augen fingen an zu funkeln. Lembke blieb an seinem Platze stehen, wandte sich nach der Seite hin, von wo das Geschrei kam, und ließ einen majestätischen, strengen Blick über den Saal schweifen. Man veranlaßte ihn, sich schleunigst hinzusetzen. Ich bemerkte wieder mit Angst auf seinem Gesichte jenes gefährliche Lächeln, mit dem er am Vormittage des vorhergehenden Tages im Salon seiner Gemahlin dagestanden und Stepan Trofimowitsch angesehen hatte, ehe er an ihn herantrat. Es schien mir, daß auch jetzt sein

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