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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Wirklichkeit vorkommen, der möge sich nach dem Lebenslaufe aller jetzigen russischen Emigranten im Auslande erkundigen. Kein einziger ist aus verständigeren, realistischeren Gründen entflohen. Alle haben sie lediglich unter der unwiderstehlichen Herrschaft von Wahnvorstellungen gehandelt.
    Als er nach Hause gekommen war, schloß er sich sofort ein, nahm eine Reisetasche und begann, sie hastig zu packen. Seine Hauptsorge bildete das Geld, nämlich die Frage, wieviel er davon retten könne, und wie er es machen müsse. Jawohl, retten; denn nach seiner Vorstellung durfte er auch nicht eine Stunde mehr zaudern und mußte sich bei Tagesanbruch bereits auf der Landstraße befinden. Er wußte auch nicht, wie er in die Eisenbahn steigen sollte; unklar nahm er sich vor, etwa auf der zweiten oder dritten größeren Station von der Stadt einzusteigen, den Weg bis dahin aber nötigenfalls zu Fuß zurückzulegen. So mühte er sich instinktiv und mechanisch, den Kopf voll von durcheinander wirbelnden Gedanken, mit seiner Reisetasche ab und – hielt plötzlich inne, ließ alles liegen und streckte sich tief aufstöhnend auf dem Sofa aus.
    Er fühlte es deutlich und war sich darüber klar, daß er fliehen werde, nun ja, fliehen werde, aber daß es jetzt über seine Kraft gehe, die Frage zu entscheiden, ob er vor Erledigung der Schatowschen Angelegenheit fliehen müsse oder erst nachher; daß er jetzt nur ein materieller, vernunftloser Körper, eine träge Masse sei, daß ihn aber eine fremde, schreckliche Kraft in Bewegung setze, und daß er, trotzdem er einen Auslandspaß besitze und vor der Schatowschen Angelegenheit weggehen könne (weswegen hätte er sich denn auch sonst so beeilt?), dennoch nicht vorher, sondern erst nachher weggehen werde, und daß das nun einmal beschlossene Sache, unterschrieben und untersiegelt sei. In unerträglicher Unruhe, indem er alle Augenblicke zu seiner eigenen Verwunderung zitterte, stöhnte und vor Angst vergehen wollte, verbrachte er, in seinem zugeschlossenen Zimmer auf dem Sofa liegend, kläglich die Zeit bis elf Uhr vormittags, und da erfolgte plötzlich der erwartete äußere Anstoß, der seinem Entschlusse die Richtung gab. Sowie er um elf Uhr seine Tür aufgeschlossen hatte und zu den Seinigen gegangen war, erfuhr er von ihnen, daß der entlaufene Sträfling Fedka, der alle in Schrecken versetzt hatte, dieser Straßen- und Kirchenräuber, Mörder und Brandstifter, den unsere Polizei verfolgte, ohne ihn doch fassen zu können, daß der bei Tagesgrauen erschlagen aufgefunden sei, sechs Werst von der Stadt entfernt, da, wo von der großen Landstraße der Weg nach Sacharjino abzweigt, und daß schon die ganze Stadt davon spreche. Sogleich lief er Hals über Kopf aus dem Hause, um Näheres in Erfahrung zu bringen, und erfuhr erstens, daß Fedka mit zerschmettertem Schädel gefunden und nach allen Anzeichen beraubt worden sei, und zweitens, daß die Polizei schon starken Verdacht und sogar einige bestimmte Indizien habe, aus denen sich schließen lasse, daß sein Mörder der Schpigulinsche Arbeiter Fomka sei, eben der, mit welchem zusammen Fedka zweifellos den Mord und die Brandstiftung bei den Geschwistern Lebjadkin begangen habe; es sei wahrscheinlich zwischen ihnen unterwegs ein Streit entstanden, wohl wegen einer größeren Geldsumme, die Fedka bei Lebjadkin entwendet und dann verheimlicht habe ... Liputin lief auch nach Peter Stepanowitschs Wohnung und erfuhr an der Hintertreppe heimlich, Peter Stepanowitsch sei zwar in der Nacht erst gegen ein Uhr nach Hause gekommen, habe dann aber die ganze Nacht bis acht Uhr morgens sehr schön geschlafen. Selbstverständlich war an dem Tode des Räubers Fedka absolut nichts, was ungewöhnlich erscheinen konnte, da gerade solche Laufbahnen am häufigsten einen derartigen Ausgang nehmen; aber das Zusammentreffen der verhängnisvollen Worte, daß Fedka an diesem Abend zum letztenmal Branntwein getrunken habe, mit der unverzüglichen Erfüllung dieser Prophezeiung war doch so merkwürdig, daß Liputin auf einmal aufhörte zu schwanken. Der äußere Anstoß war gegeben; es war gleichsam auf ihn ein großer Stein herabgefallen, der ihn für immer zu Boden drückte. Als er nach Hause zurückgekehrt war, stieß er schweigend seine Reisetasche mit dem Fuße unter das Bett und erschien am Abend zur festgesetzten Stunde als erster von allen an dem für das Zusammentreffen mit Schatow verabredeten Orte, allerdings immer noch mit seinem Passe in der

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