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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Tasche.
     

Fünftes Kapitel.
     
    Die Reisende.
     
I.
    Die Katastrophe mit Lisa und der Tod Marja Timofejewnas machten auf Schatow einen tief schmerzlichen Eindruck. Ich habe bereits erwähnt, daß ich an jenem Vormittage nur flüchtig mit ihm sprach: es kam mir dabei vor, als hätte er nicht ganz seinen Verstand. Unter anderm teilte er mir mit, er sei am vorhergehenden Abend um neun Uhr (also drei Stunden vor der Feuersbrunst) bei Marja Timofejewna gewesen. Er ging am Vormittag hin, um sich die Leichen anzusehen, machte aber, soviel ich weiß, an jenem Vormittag nirgends Aussagen über das, was er wußte. Gegen Ende des Tages erhob sich indessen in seiner Seele ein wahrer Sturm, und ... und (ich glaube, ich kann das mit aller Bestimmtheit sagen) zur Zeit der Abenddämmerung gab es einen Augenblick, wo er aufstehen, hingehen und alles klarlegen wollte. Was er mit »alles« meinte, das wußte nur er selbst. Natürlich hätte er nichts erreicht, sondern nur sich selbst ans Messer geliefert. Er besaß keinerlei Beweise, um in die soeben ausgeführte Freveltat Licht hineinzubringen, und hatte selbst darüber nur unklare Vermutungen, die nur für ihn einer völligen Überzeugung gleichkamen. Aber er war bereit, sich selbst zugrunde zu richten, wenn er nur »die Schurken zermalmen« konnte; das waren seine eigenen Worte. Peter Stepanowitsch hatte diesen Drang bei ihm zum Teil richtig vorausgesehen und wußte selbst, daß er viel riskierte, wenn er die Ausführung seines neuen schrecklichen Planes auf den folgenden Tag verschob. Seinerseits bewies er dabei seiner Gewohnheit nach ein starkes Selbstvertrauen und eine herzliche Verachtung all dieser »geringwertigen Kerle« und insonderheit Schatows. Er verachtete Schatow schon lange wegen seines »weinerlichen, idiotenhaften Wesens«, wie er sich schon im Auslande über ihn ausgedrückt hatte, und hoffte fest, daß es ihm gelingen werde, mit diesem so wenig schlauen Menschen zurechtzukommen, das heißt ihn diesen ganzen Tag über nicht aus den Augen zu lassen und ihm bei der ersten Gefahr den Weg abzuschneiden. Und doch war das, was »die Schurken« noch für eine kurze Zeit rettete, nur ein ganz unerwarteter und von ihnen ganz und gar nicht vorhergesehener Umstand.
    Zwischen sieben und acht Uhr abends (also gerade zu derselben Zeit, als die »Unsrigen« sich bei Erkel versammelt hatten, auf Peter Stepanowitsch warteten, unwillig wurden und in Erregung gerieten) lag Schatow mit Kopfschmerzen und leichtem Fieberfrost im Dunkeln ohne Licht ausgestreckt auf seinem Bette; er quälte sich mit Zweifeln, ärgerte sich, entschloß sich, konnte sich aber doch nicht endgültig entschließen und fühlte fluchend im voraus, daß das alles doch zu nichts führen werde. Allmählich benahm ihm ein leichter Schlaf das Bewußtsein; ein bedrückender Traum ängstigte ihn; es träumte ihm, er sei mit Stricken an sein Bett geschnürt, am ganzen Leibe festgebunden, so daß er sich nicht rühren könne; und dabei erschöllen im ganzen Hause furchtbare Schläge gegen den Zaun, gegen das Tor, gegen seine Haustür und gegen das Seitengebäude bei Kirillow, so daß das ganze Haus zittere, und eine ihm wohlbekannte Stimme, die aber schmerzliche Erinnerungen bei ihm erwecke, riefe ihn kläglich von ferne. Er kam auf einmal zur Besinnung und richtete sich auf dem Bette in die Höhe. Zu seinem Erstaunen dauerten die Schläge gegen das Tor fort; sie waren zwar bei weitem nicht so stark, wie es ihm im Traume vorgekommen war, folgten aber mit großer Hartnäckigkeit schnell aufeinander; und die sonderbare, ihm so schmerzliche Stimme, die allerdings überhaupt nicht kläglich, sondern im Gegenteil ungeduldig und gereizt klang, ließ sich immer noch unten am Tore vernehmen und mit ihr abwechselnd eine andere, ruhigere und gewöhnlichere Stimme. Er sprang auf, öffnete die Luftscheibe im Fenster und steckte den Kopf hinaus.
    »Wer ist da?« rief er, geradezu starr vor Schreck.
    »Wenn Sie Schatow sind,« wurde ihm von unten in scharfem, festem Tone geantwortet, »so geben Sie, bitte, einfach und ehrlich eine Erklärung darüber ab, ob Sie gewillt sind, mich hereinzulassen, oder nicht!«
    Es war richtig; er erkannte diese Stimme!
    »Marja! ... Bist du es?«
    »Ja, ich bin es, Marja Schatowa, und ich versichere Ihnen, daß ich die Ungeduld des Droschkenkutschers keinen Augenblick länger beschwichtigen kann.«
    »Sogleich ... ich will nur erst Licht ...« rief Schatow mit schwacher Stimme zurück. Dann suchte

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