Die Dämonen
erkannte er klar. Trotz all seiner Furcht vor ihr trat er plötzlich an sie heran und ergriff sie an beiden Händen:
»Marja ... weißt du ... du bist vielleicht sehr müde; um Gottes willen, sei nicht böse ... Wenn du dich doch überreden ließest, zum Beispiel Tee zu trinken, wie? Tee hebt die Kräfte sehr; was meinst du? Wenn du dich überreden ließest! ...«
»Was ist da erst noch zu überreden; natürlich lasse ich mich überreden; Sie sind noch immer dasselbe Kind wie früher. Wenn Sie können, dann geben Sie mir welchen! Wie eng es hier bei Ihnen ist! Und wie kalt!«
»Oh, ich will gleich Holz, Holz ... Holz habe ich!« erwiderte Schatow, der im Zimmer hin und her zu rennen anfing. »Holz ... das heißt, aber ... übrigens will ich auch gleich Tee ...« Er schwenkte den Arm, als hätte er einen schweren Entschluß gefaßt, und griff nach seiner Mütze.
»Wo wollen Sie denn hin? Sie haben wohl keinen Tee im Hause?«
»Ich werde welchen besorgen; sofort wird alles da sein ... ich ...«
Er nahm den Revolver vom Regal herunter.
»Ich werde gleich diesen Revolver verkaufen ... oder versetzen ...«
»Was für eine Dummheit! Und wie lange würde das dauern! Da, nehmen Sie mein Geld, wenn Sie keines haben; hier sind achtzig Kopeken, wie ich glaube; das ist alles, was ich habe. Bei Ihnen ist man wie in einem Irrenhause.«
»Dein Geld ist nicht erforderlich, nicht erforderlich; ich will gleich, in einem Augenblick ... es geht auch ohne den Revolver ...«
Er lief geradeswegs zu Kirillow. Das war wahrscheinlich etwa zwei Stunden, bevor Peter Stepanowitsch und Liputin zu Kirillow kamen. Obwohl Schatow und Kirillow auf demselben Grundstück wohnten, sahen sie einander doch fast gar nicht, und wenn sie einander begegneten, grüßten sie sich nicht und redeten nicht zusammen. Sie hatten zu lange in Amerika »zusammengelegen«.
»Kirillow, Sie haben ja immer Tee; haben Sie Tee und einen Samowar?«
Kirillow, der in seinem Zimmer von einer Ecke nach der anderen ging, was er die ganze Nacht über zu tun pflegte, blieb plötzlich stehen und blickte seinen Hausgenossen, der so unerwartet zu ihm hereingelaufen kam, unverwandt an, übrigens ohne besondere Verwunderung.
»Tee ist da, und Zucker ist da, und ein Samowar ist da. Aber ein Samowar ist nicht erforderlich; der Tee ist heiß. Setzen Sie sich hin, und trinken Sie ohne weiteres!«
»Kirillow, wir haben in Amerika zusammengelegen ... Meine Frau ist bei mir angekommen ... Ich ... Geben Sie mir Tee ... Ich brauche einen Samowar.«
»Wenn Ihre Frau da ist, dann ist allerdings ein Samowar nötig. Aber erst später. Ich habe ihrer zwei. Jetzt aber nehmen Sie die Teekanne, die auf dem Tische steht. Der Tee ist ganz heiß. Nehmen Sie alles; nehmen Sie den Zucker, den ganzen. Auch Brot ... Es ist viel Brot da; nehmen Sie es ganz. Es ist auch Kalbfleisch da. An Geld ein Rubel.«
»Geben Sie her, Freund; ich werde es Ihnen morgen wiedergeben! Ach, Kirillow!«
»Ist das die Frau, die in der Schweiz war? Das ist gut. Auch daß Sie zu mir gelaufen sind, ist gut.«
»Kirillow!« rief Schatow, indem er die Teekanne unter den Ellbogen schob und den Zucker und das Brot in beide Hände nahm. »Kirillow! Wenn ... Wenn Sie sich von Ihren schrecklichen Phantasien freimachen und Ihr atheistisches Gerede lassen könnten ... oh, was wären Sie dann für ein Mensch, Kirillow!«
»Man sieht, daß Sie Ihre Frau auch noch nach der Schweiz lieben. Das ist gut, daß Sie das auch nach der Schweiz noch tun. Wenn Sie noch Tee brauchen, so kommen Sie wieder her! Kommen Sie die ganze Nacht; ich schlafe gar nicht. Der Samowar wird in Ordnung sein. Nehmen Sie den Rubel; da! Gehen Sie zu Ihrer Frau; ich werde hier bleiben und an Sie und Ihre Frau denken.«
Marja Schatowa war augenscheinlich mit der Geschwindigkeit zufrieden und griff beinahe gierig nach dem Tee; aber den Samowar zu holen war nicht erforderlich; sie trank nur eine halbe Tasse und aß nur ein winziges Stückchen Brot. Das Kalbfleisch wies sie mürrisch und gereizt zurück.
»Du bist krank, Marja; das ist alles bei dir krankhaft ...« bemerkte Schatow schüchtern, der sie mit ängstlicher Beflissenheit bediente.
»Natürlich bin ich krank; bitte, setzen Sie sich hin! Wo haben Sie denn den Tee herbekommen, wenn Sie doch keinen hatten?«
Schatow erzählte ihr obenhin und in Kürze von Kirillow. Sie hatte schon einiges über ihn gehört.
»Ich weiß, daß er verrückt ist; aber hören wir, bitte, davon auf; es gibt ja so
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