Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle
hart. »Das kotzt mich an.«
Stirnrunzelnd fragte Riley: »Was geschieht mit ihren Seelen?«
»Ich habe Vater Harrison einmal danach gefragt«, erklärte Simon und legte einen Arm um ihre Taille. »Er sagte, die Kirche sei sich nicht ganz sicher, aber sie glauben, dass die Seele nicht wirklich frei ist, solange der Körper noch herumläuft. Nur die Nekros wissen das mit Sicherheit, und die reden nicht darüber.«
»Und was ist, wenn der Leichnam gefährlich wird? Wenn er anfängt, Leute zu fressen oder so?«
Simon lachte leise. »Das gibt es nur im Film. Diese Leute sind nicht besonders gut darin, gründlich über etwas nachzudenken, und sie sind ganz bestimmt keine Zombies. Sie essen überhaupt nicht.«
»Aber sie sind nicht hirnlos«, sagte Riley und dachte an die Frau mit der Aktentasche.
»Nein, sie sind irgendetwas dazwischen.« Er bugsierte sie am Ellenbogen durch die Menge. »Komm weiter.«
Als sie sich entfernten, bemerkte Riley, dass ein Mann sie beobachtete. Er stand in einem Zelt, in dem Messer und andere scharfe, spitze Gegenstände verkauft wurden, und hielt ein Schwert in der Hand. Er hielt es nicht einfach nur fest, sondern schwenkte es, als wüsste er genau, was er tat. Das glatte schwarze Haar war mit einer Lederschnur zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Ein glänzender schwarzer Ledermantel bedeckte die breiten Schultern und muskulösen Arme. Mit etwas Phantasie konnte Riley ihn sich gut auf dem Cover eines Liebesromans vorstellen. Er drehte sich zu ihr um und hob salutierend die Schwertklinge, wie ein Ritter vielleicht die Dame seines Herzens gegrüßt hätte.
Es war ziemlich anstrengend, nicht auf der Stelle dahinzuschmelzen.
»Riley?« Simon stieß sie sanft an.
»Äh, tut mir leid«, sagte sie, ohne es zu meinen.
Als sie sich noch einmal umschaute, war der Mann verschwunden.
Wer war dieser Typ?
»Beifuß, Buch und Besenstiel«
, verkündete Simon, der nicht mitbekommen hatte, dass sie mit ihren Gedanken ganz woanders war. Das mitternachtsblaue Zelt war mit Gold- und Silbersternen besprenkelt, und davor stand ein langer Tisch mit Amuletten, Samtbeuteln und anderem Hexenzeug.
Riley kannte Simon gut genug, um das H-Wort nicht in den Mund zu nehmen. Er war ziemlich empfindlich, was das Übernatürliche anging, und redete sich ein, die Magie im Inneren der Kristallkugeln sei eigentlich keine Magie. Doch egal, wie er es nannte, es
war
Zauberei, und die Dämonenfänger nutzten sie, oder sie wären über kurz oder lang tot.
Und manchmal starben sie trotzdem.
Hinter dem Tresen stand eine große Frau in mittelalterlicher Tracht. Ihr rostbraunes Haar war eine Mähne aus ungebändigten Locken. Das bunte Tattoo eines Drachens begann an ihrem Hals und verschwand in der Tiefe ihrer dunkelgrünen Bauernbluse. Als sie Simon erblickte, lehnte sie sich über den Tresen und gewährte ihm einen großzügigen Blick auf ihr üppiges Dekolleté.
»Hey, wie geht’s meinem Lieblingsfänger?«, fragte die Hexe. An ihrem spielerischen Tonfall erkannte Riley, dass sie es liebte, Simon aufzuziehen.
Rileys Freund sah das Dekolleté, wandte den Blick jedoch erstaunlich mühelos ab. »Sehr schön. Ayden, das ist Riley«, sagte er mit einer erklärenden Geste. »Sie macht eine Ausbildung zur Dämonenfängerin.«
»Pauls Tochter?« Riley nickte. »Göttin …«, erwiderte die Hexe. Sie trat hinter dem Tisch hervor und schloss Riley in die Arme. Ihr Haar dufte nach Patschuliräucherwerk.
»Wir alle vermissen ihn«, sagte die Frau und trat zurück. Ihre Augen wurden feucht.
Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus.
Riley räusperte sich. »Beck bittet dich, mir etwas über die Glaskugeln zu erzählen.«
Die Miene der Hexe hellte sich auf. »Aha. Kugellektion Eins-Null-Eins. Mit größtem Vergnügen.«
»Ich warte hier«, sagte Simon, eine Hand in der Tasche, in der er seinen Rosenkranz aufbewahrte.
»Ich verspreche dir, dass ich dich in nichts verwandele, das Fliegen frisst«, neckte Ayden.
Simon versteifte sich, rührte sich jedoch nicht von der Stelle.
Die Hexe wartete, bis sie im Zelt waren, und beugte sich dicht zu Riley hinüber. »Ich liebe es, ihn zu verulken. Er ist echt ein süßer Bursche, aber er hat nicht begriffen, dass sein Glaube nicht in Konkurrenz zu dem Glauben anderer steht.«
»Hast du ihm auch was über Glaskugeln beigebracht?«
Sie nickte. »Er war nicht besonders aufgeschlossen.«
Als sie tiefer ins Zelt hineingingen, umfing sie der beruhigende Duft von Jasmin. An den
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