Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle
wollte sie bei der Zerstörung des Tabernakels in der ersten Reihe sitzen. Wie üblich strickte sie.
Als Riley sich humpelnd näherte, lächelte die alte Frau ihr zu und schob eine Reihe Maschen an das Ende der Nadel. »Da bist du ja. Das mit deinem Dad tut mir leid, Liebes, aber manchmal passiert so etwas einfach.«
»Dad?« Riley wandte den Blick zu der dunklen Ecke, in der die Gräber ihrer Eltern lagen. Der Boden über der Ruhestätte ihres Vaters war kein glatter Hügel mehr.
Das Grab war weit geöffnet.
»Nein!«, schrie sie. »Nein …« Der Kreis aus Kerzen flammte hoch auf, als er auf ihre Wut und ihre Trauer reagierte. Riley wandte den Blick von der schmerzhaften Helligkeit ab.
»Was ist passiert?«, wollte sie wissen. »Wie haben sie ihn bekommen? Der Kreis ist doch noch vollständig.«
Martha blickte auf, die Nadeln bewegten sich mit blitzartiger Schnelligkeit. »Dieser hier ist komplett. Der erste Kreis war durchbrochen, also habe ich einen neuen geformt.«
»Warum haben Sie sich noch die Mühe gemacht?«, fragte Riley verdutzt.
Martha hielt mitten in einer Masche inne. »Rod hat sich erkältet, also haben sie einen anderen freiwilligen Helfer geschickt. Er ist ziemlich neu. Leider hat er furchtbare Angst vor Drachen, und genau so einer hat ihn bedroht. Er sagte, das Ding sei sechs Meter hoch gewesen und habe eine Flammenwand auf ihn abgeschossen. Es war zu viel für den Armen. Er wollte sich verstecken und hat dabei aus Versehen den Kreis zerstört.« Martha beendete die Masche und stopfte die Strickarbeit in ihren Beutel. »Er ist ziemlich mitgenommen«, fügte sie hinzu.
»Oh, das glaube ich gern. Er ist bestimmt am Boden zerstört.« Riley hustete und starrte die alte Frau finster an. »Wer hat meinen Dad mitgenommen? Waren es diese Schuldeneintreiber? Nennen Sie mir einen Namen.«
Damit ich denjenigen in Stücke reißen kann.
»Der Helfer hat den Totenbeschwörer nie gesehen.«
Vor Verzweiflung wie betäubt ließ Riley den Kopf hängen. »Verdammt! Es wäre nicht passiert, wenn ich hier gewesen wäre.«
Es war ebensosehr ihre Schuld wie die des Mannes mit der Drachenphobie.
»Warum der Kreis?«, fragte Riley. »Was soll das?«
»Er ist für dich, Liebes.«
»Die Dämonen können nicht hierher kommen.«
»Aber die Lebenden, und manche der Nekromanten sind miserable Verlierer. Am besten bleibst du heute Nacht im Inneren des Kreises.«
Irgendetwas in Marthas Tonfall ließ Riley stutzig werden. Kaum hatte die Helferin die Einladung ausgesprochen, trat sie hastig über den Ring aus Kerzen.
»Gute Nacht, Liebes. Mach dir keine Sorgen, alles wird gut«, sagte Martha in diesem übertrieben munteren Tonfall. Sie winkte ihr zum Abschied zu und trottete durch die Nacht davon.
»O klar, es läuft gerade echt super«, murmelte Riley. Finster blickte sie zum Himmel empor. »Danke für die Blumen!«
Es dauerte eine Weile, bis sie sich überwinden konnte, an das offene Grab zu treten. Da war jetzt kein Dad mehr, mit dem sie sprechen konnte. Er wanderte irgendwo in der Stadt herum und spielte den Sklaven für irgendeinen reichen Bastard.
Sie fiel in dem roten Lehm auf die Knie und starrte in das tiefe Loch. Die Scharniere des Kiefernsargs waren verbogen und aufgebrochen, als sei ihr Vater aus einer Gefängniszelle geflohen.
Rasende Wut rumorte in ihr. Sie schaufelte die Erde zurück ins Loch, wo sie mit einem dumpfen Geräusch auf die leere Kiste prasselte. Sie buddelte, bis ihr die Arme wehtaten, die Muskeln zitterten und die Hände wund waren.
»Also, wer war es? Mr Ich-bin-völlig-harmlos-Mortimer? Der listige Lenny?«
Oder Seine Erhabene Lordschaft Ozymandias?
Sie musste es herausfinden.
»Wir hatten es beinahe geschafft, Dad. Beinahe!«
Riley stolperte zu ihrer Tasche und wühlte darin herum, bis sie den Lederbeutel fand, den Ayden ihr gegeben hatte. Sie öffnete die Schnüre und kehrte zum Grab zurück. Sie nahm eine Messerspitze Lehm vom Boden und ließ sie in den Lederbeutel fallen.
Die Hexe hatte gesagt, sie solle Dinge sammeln, die ihr ein Gefühl der Stärke gaben, die sie zu Riley machten. Diese Erde, die ihren toten Vater bedeckt hatte, würde sie daran erinnern, niemals jemandem ihren Job anzuvertrauen.
Sie werden mich immer enttäuschen.
»Ich werde dich finden, Dad. Ich bringe dich so schnell wie möglich hierher zurück, das verspreche ich dir.«
Dann ließ Riley den lange zurückgehaltenen Tränen freien Lauf und wehklagte wie eine verlorene Seele. Sie machte sich
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