Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle
ihr den Arm um die Schultern, weil er glaubte, ihr sei kalt. Doch das Beben bedeutete weit, weit mehr.
Harrison wandte sich an sie. »O Herr, unser aller Vater, bitte wache über Riley, wenn sie den Kampf gegen alles Böse in dieser Welt auf sich nimmt.«
»Amen.«
Als der Priester von Auferstehung und Himmel sprach, senkten die Männer den Sarg mit ihrem Vater in die Grube hinab. Während des abschließenden Gebets blickte Riley nicht hinunter ins Grab, sondern nach oben zum Himmel. Dad war irgendwo dort oben und wachte über sie. Kein Dämon konnte ihm jetzt noch etwas anhaben. Sobald es Vollmond wurde, würde auch kein Nekro mehr Macht über ihn erlangen können. Er hatte sie all die Jahre über beschützt, und jetzt würde sie dasselbe für ihn tun.
Ich verspreche es.
Beck und Simon zogen ihre Anzugjacken aus und reichten sie anderen Fängern. Dann begannen sie, Erde in das Grab zu schaufeln. Beck hielt nicht lange durch, sein Gesicht war bald schmerzverzerrt. Jackson löste ihn ab, während Simon die Schaufel an Morton weiterreichte. Und so ging es weiter, ein Mitglied nach dem anderen kam an die Reihe, bis der Sarg vollständig mit rotem Georgia-Lehmboden bedeckt war.
Dann machten die Totengräber weiter. Als sie fertig waren, verließen die Dämonenfänger in der umgekehrten Reihenfolge ihres Rangs die Grabstelle. Stewarts Dudelsack erwachte zum Leben, und die Melodie von »Amazing Grace« erfüllte die Luft. Riley senkte den Kopf. Als der letzte Ton verklungen war, kamen die übrigen Trauergäste auf sie zu.
Einer nach dem anderen stellten sie sich vor. Manche waren Lehrer, die ihren Vater schon seit Jahren kannten, andere waren ehemalige Kunden. Jeder von ihnen hatte eine Geschichte zu erzählen. Ihr Dad hatte Dämonen aus ihren Kellern geholt, hatte ihren geliebten Dobermann vor einem gefräßigen Dreier gerettet, einen Diener des Teufels eingefangen, der eine private Mädchenschule terrorisiert hatte.
Ihr Vater hatte so viel getan, trotzdem hatte seine Tochter das Gefühl, nur wenig von ihm zu wissen.
»Riley?«
Sie drehte sich um und entdeckte Peter, der sie mit trauriger Miene beobachtete. Seine Augen waren gerötet, und er trug einen Anzug, der eine Nummer zu groß schien.
»Peter?« Sie umarmten sich unbeholfen, und er stammelte, wie leid es ihm täte.
»Mein Sohn …« Eine Frau, die hinter ihm stand, stupste ihn an.
»Tut mir leid. Riley, das ist meine Mutter«, sagte er verlegen.
Das war also die Aufsicht.
Riley war der Frau tatsächlich noch nie begegnet, was sie keineswegs bedauerte. Bemüht, einen positiven Eindruck zu hinterlassen, wenigstens ihrem Freund zuliebe, schüttelte Riley ihr höflich die Hand.
»Herzliches Beileid«, sagte MrsKing. »Bei wem wirst du denn jetzt unterkommen?«
Wie bitte?
Das war eine sehr direkte Frage. »Da hab ich noch nicht drüber nachgedacht.«
»Du kannst nicht allein bleiben«, warnte die Frau. »Hast du noch weitere Angehörige?« Peter wand sich unbehaglich, offensichtlich nicht erfreut über das strenge Verhör, das seine Mutter veranstaltete.
Ihr Tonfall zerrte an Rileys blank liegenden Nerven, obwohl MrsKing wahrscheinlich glaubte, sie würde ihr helfen. »Ich habe eine Tante in Fargo.«
Die mich hasst.
»Dann nehme ich also an, dass du umziehen wirst?«
»Nein!«, rief Peter aus. »Du kannst Atlanta nicht verlassen.«
Riley ergriff die Hand ihres Freundes und drückte sie. »Ich weiß noch nicht. Im Moment gibt es zu viel, über das ich mir Gedanken machen muss.«
Das schien ihn zu beruhigen. Als MrsKing verkündete, dass sie aufbrechen müssten, protestierte er, aber es half nichts. Er umarmte Riley noch einmal, dann war er verschwunden.
Beck gesellte sich zu ihr. »Seine Mama mag dich nicht.«
»Das hat sie noch nie getan. Sie hält mich für ein Wolfskind oder so was.«
Beck schnaubte. »Die hat ja keine Ahnung.« Er blickte hinüber zum Grabhügel. »Dein Daddy hatte einen guten Abgang. Ich glaube, er wäre zufrieden.« Als sie nicht antwortete, reichte er ihr die Tasche, die sie für die Totenwache gepackt hatte. »Zieh dich besser um. Vor Sonnenuntergang müsst ihr den Kreis fertig haben.«
Und dann geht es los.
10. Kapitel
Riley spähte durch das Gitter in einer der Bronzetüren. Ihre Finger berührten das kalte Metall des Löwenkopfs. Diese hatten sie schon immer fasziniert, anders als die Wasserspeier oben am Dach des Mausoleums. Sie hatten dieselben Löwengesichter, doch vor den Wasserspeiern hatte Riley sich schon
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