Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle
Schokolade vollzustopfen, meldete sich. Bei einer kurzen Jagd durch die Wohnung förderte sie nichts zutage. Also aß sie stattdessen eine Banane. Kein Vergleich.
Beim Herumstöbern fand sie das Dämonengeld genau da, wo Beck gesagt hatte. Weitere 225 Dollar, zusammen mit den Papieren, die besagten, dass er die Dämonen an einen Händler namens Roscoe Clement verkauft hatte. Riley hatte von dem Typ gehört. Ihr Dad hatte ihn mit zwei Worten beschrieben: »Totaler Widerling.«
Wahrscheinlich spielt Beck mit dem auch Billard.
Sie ließ sich auf den Stuhl plumpsen und zählte das Bargeld, das sie aus ihrer improvisierten »Bank« in einem der Sofakissen ausgegraben hatte. Ihr Dad hatte immer Witze gemacht, dass sie wie Drogendealer aussähen, mit den Stapeln Fünfer, Zehner und Zwanziger auf dem Küchentisch. Das Geld in einem Kissen aufzubewahren war keine besonders gute Idee, aber sie hatten kaum eine andere Wahl. Wenn sie es zur Bank brächte, würden diese Arschlöcher es sich sofort schnappen, um einen Teil der Arztrechnung damit zu begleichen. Das hatten sie auf die harte Weise gelernt und deswegen einen Monat lang von Nudeln gelebt.
Riley rechnete noch einmal nach.
»Schon besser, aber ich brauche immer noch dreihundert Dollar«, sagte sie laut. Wenn die irgendwie aufzutreiben wären, könnte sie die Miete zahlen, außerdem Strom, Gas und Wasser, und hätte noch ein bisschen fürs Essen übrig. Um die restlichen Rechnungen würde sie sich kümmern, wenn es so weit war.
Ihr Dad hatte sich jeden Tag damit auseinandergesetzt, Woche für Woche, Monat für Monat. Trotzdem war er immer gut gelaunt gewesen, zumindest in ihrer Gegenwart, doch sie wusste, dass es ihn runtergezogen hatte. Sie schaute auf seinen Stuhl. Leer. Kein Lächeln, kein Lachen. Diese Leere zog sich durch die ganze Wohnung, wie ein unsichtbarer erstickender Nebel.
Riley lümmelte sich neben Max auf die Couch. Die Holzkiste, die als Couchtisch diente, erhielt einen vernehmlichen Tritt, und die Katze zuckte zusammen.
»Wo soll ich dreihundert Dollar hernehmen?«, stöhnte sie. Max’ Antwort war ein Gähnen, bei dem er seine lange rosige Zunge zeigte. Er rollte sich erneut zusammen.
»Es von Beck leihen?«, überlegte sie laut. Riley schüttelte den Kopf, noch bevor sie die Frage ganz ausgesprochen hatte. Er versuchte bereits, die Kontrolle über ihr Leben zu übernehmen. Wenn sie ihm Geld schuldete, bekäme er nur noch mehr Macht über sie.
Sie musste einen Weg finden, selbst zurechtzukommen, oder Beck würde sie in den Wahnsinn treiben.
Als ihr Blick auf die Arbeitstasche ihres Dads neben der Tür fiel, leuchteten Rileys Augen auf. Beck hatte sie ihr nach Hause gebracht. Sie holte die Tasche und setzte sich wieder auf die Couch. An den Seiten waren kleine Risse, und sie entdeckte Flecken von getrocknetem Blut. Sie öffnete den Reißverschluss und musterte den Inhalt. Ihr Dad hatte die Tasche jeden Abend neu gepackt und alle Vorräte ersetzt, die er verbraucht hatte. Da er nicht hier war, fiel diese Aufgabe ihr jetzt zu.
Langsam zeichnete sich ein Plan ab. Er war ziemlich dreist, sogar verrückt, aber wenn sie ihn durchziehen könnte …
Paul Blackthorne konnte keine Dämonen mehr fangen.
Aber seine Tochter.
*
Riley parkte unter einer der wenigen funktionierenden Sicherheitslampen neben dem alten Lebensmittelladen. Das Licht wirkte, als würde es künstlich am Leben erhalten, und ging in unregelmäßigen Abständen an und aus. Etwas entfernt vom Gebäude standen weitere Wagen mit beschlagenen Scheiben, weil die Insassen wild herumknutschten.
Heute Abend würde es ziemlich ätzend werden. Inzwischen dürften ihre Klassenkameraden erfahren haben, was in der Bibliothek passiert war. Vielleicht hatten sie sogar von der Sache mit ihrem Dad gehört. Riley glaubte nicht, dass sie im Moment falsches Mitleid ertragen könnte. Oder irgendwelche blöde Anmache. Das könnte übel enden.
Sie blieb noch ein paar Minuten bei laufendem Motor im Auto sitzen. Es wäre so leicht, einfach zu schwänzen. Beck würde es nie erfahren. Sie könnte in Five Points Dämonen jagen, anstatt hier herumzuhängen.
Bei der Eingangstür entdeckte sie Peter. Er hielt nach ihr Ausschau, wie er es jeden Abend tat, wenn sie Unterricht hatten. Er hielt etwas in der Hand – ihre Semesterarbeit. Sie konnte ihn jetzt nicht einfach hängen lassen, nachdem er sich die ganze Mühe gemacht hatte. Und dann war da noch diese mysteriöse CD . Je länger sie darüber
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