Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle
Blackthornes Tochter, würde sie schon längst da draußen einem Dreier auflauern, anstatt sich hier im Wagen herumzuquälen. Sie würde selbst für sich sorgen, anstatt darauf zu warten, dass jemand anderes das für sie übernahm.
Ihre Hand zitterte, als sie nach dem Türgriff langte.
»Ich werde erst mal gucken, wie die aussehen, und dann entscheiden«, sagte Riley laut, auf der Suche nach einem Mittelweg, der den Klumpen in ihrem Bauch nicht noch größer werden ließ.
Der Kofferraumdeckel sprang auf, und sie streifte den Tragegurt der Tasche ihres Vaters über die Schulter. Sie schien jetzt schwerer zu sein als vorhin, als sie sie aus der Wohnung geschleppt hatte.
»Kein Wunder, dass er Gewichtheben gemacht hat«, murmelte sie und warf sie auf den Boden. Sie hörte das Knirschen von zerbrechendem Glas.
»Mist!« Die Glaskugeln zerbrachen leicht, und sie hatte nur drei Stück. Riley ging in die Hocke und durchwühlte die Tasche. Eine der Kugeln war kaputt, und Weihwasser hatte das Innere der Tasche durchnässt.
Vorsichtig fischte sie das zerbrochene Glas heraus, wobei sie versuchte, sich nicht in die Finger zu schneiden, und warf die Scherben in den Gully. Nachdem sie die Tasche komplett leer geräumt hatte, kippte sie das Wasser auf den Boden. Es spritzte auf ihre Tennisschuhe, und ihre Füße begannen zu kribbeln. Jetzt würde sie die ganze Nacht kalte und gesegnete Füße haben.
Ihr Schinkensandwich war durchgeweicht. Das war nicht weiter schlimm. Sobald sie einen Dämon gefangen hatte, würde sie ihn zu Feuerwehr-Jack bringen und ihr Geld kassieren. Dann würde sie auf dem Weg zum Friedhof zum Feiern bei McDonald’s vorbeifahren. Vielleicht würde sie sich sogar die Riesenportion Pommes gönnen.
Ein unheimliches scharrendes Geräusch erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie beugte sich um den Kofferraumdeckel herum. Ein alter Schwarzer kam den kaputten Gehweg entlang, behindert durch mehrere Schichten Kleidung, als würde er alles am Leibe tragen, was er besaß. Gegen die Kälte hatte er die Schultern hochgezogen, und alle paar Schritte blickte er zurück, als erwarte er Ärger. Sobald er verschwunden war, packte Riley nur das, was sie brauchte, in ihre Botentasche und legte sich den Tragegurt über die Schulter.
Besser.
Sie knallte den Deckel zu, steckte die Schlüssel ein und setzte sich in Bewegung, mitten hinein ins Herz der Dämonenhochburg. Ihr eigenes Herz pochte bis in die Ohren.
Nach fünfzehn Metern in der verlassenen Straße blieb sie stehen.
»Da müssen irgendwo Löcher sein«, murmelte Riley. Sie hasste sie. Viecher lebten unten in diesen Löchern. Viecher, die sie liebend gern fressen würden.
Zögernd musterte sie den nächstgelegenen Abgrund. Er war zerklüftet und tief, und an den Rändern ragten Metallstücke hervor wie die Stacheln eines Stachelschweins. Irgendwo im Untergrund meinte sie Wasser fließen zu hören.
Diese Stelle war so etwas wie eine Traumvilla für einen Dreier. Jede Menge verstreuter Müll und so gut wie kein Licht. Was an Licht da war, erhellte kaum die Mitte der Straße. Die Ecken wurden davon überhaupt nicht berührt. Riley strengte sich an, in einen Winkel zu spähen, aber es war unmöglich. Jeder konnte sie von dort aus beobachten, verharren und den richtigen Moment abwarten, um sie zu erledigen.
Ein paar Straßen weiter ertönte das hohe kehlige Heulen eines Kojoten. Es wurde beantwortet und von einem machtvollen Chor verstärkt. Riley begann zu zittern.
Hat Beck Angst gehabt, als er seinen ersten Dreier gefangen hat?
Sie war sich nicht sicher. Er schien sich vor nichts zu fürchten, aber andererseits war ihr Dad bei ihm gewesen, und das war ein gewaltiger Unterschied.
Als Riley vorsichtig weiterschlich, knirschte etwas unter ihren Schuhen. Zerbrochenes Glas und weißer Puder bildeten einen großen Bogen auf dem welligen Asphalt. Trümmer lagen um den Kreis herum wie um das Auge eines Orkans. Vorsichtig trat sie näher und fand Spuren in dem Puder. Sie ging in die Knie. Der Puder stammte von einer Schutzkugel, die Spuren von Arbeitsstiefeln. Solchen, wie die Dämonenfänger sie trugen. Trockene, rostbraune Spritzer befleckten den Boden, als hätte jemand einen Malerpinsel ausgeschüttelt. Sie hob einen zerfetzten braunen Lederstreifen auf und untersuchte ihn. Er war blutverkrustet.
Und er stammte von Becks Jacke, derjenigen, die er in der Nacht getragen hatte, als ihr Vater starb. Sie erinnerte sich daran, wie sie im Treppenhaus ausgesehen hatte,
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