Die Dämonenfalle
verlaufen. Erreichte Plattform 11 B und warteteinmitten einer riesigen Menge auf den Zug. Die Leute um mich herum wirkten nicht ganz so gestresst und verzweifelt wie die in Sydney. Die hier waren eher von der wohlhabenden Sorte und trugen Koffer, die deutlich teurer waren als meiner. Sie hatten auch schicke kleine Designer-Arrays aus gold- oder platingefasstem Leder in der Brusttasche. Ihre Finger zuckten minütlich hin und her, während sie Icons in ihrer hochauflösenden virtuellen Sicht herumschoben. Ich sah sogar einige von diesen neuen OCTattoos – die von der leuchtenden Sorte, die farbige Linien auf die Haut zeichnen. Bei einer Frau zog sich ein Spiralmuster in Grün und Blau über die Wangen.
Das Abteil war nicht ganz so überfüllt, also fand ich auch diesmal einen Fensterplatz. Die meisten anderen Passagiere saßen oben in der ersten Klasse. Die Fahrt nach Ormal dauert gerade mal acht Minuten. Wir rollten vom Bahnsteig auf das Bereitstellungsgelände. Vor uns kam die Phalanx aus Wurmlochgeneratoren wie eine stählerne Klippe in Sicht – riesige klotzartige Bauten dicht an dicht, ein jeder mit einem Wurmlochzugang am Ende. Die Einfahrten gähnten uns wie die Rachen der altmodischen Bahntunnels entgegen. Nur dass aus ihnen Licht nach draußen fiel, während die fremde Sonne unzählige subtile Schatten über das vor sich hin rostende Chaos auf dem Gelände warf.
Unser Zug hielt direkt auf ein pinkfarbenes Wurmloch zu, und ich spürte das durch die Druckschleuse verursachte Kitzeln auf meiner Haut, als wir hindurchfuhren. Dann rollten wir auf den Schienen einige Meilen durch eine offene Landschaft mit seltsam knolligen Bäumen in Grau und Weiß, bevor wird den CST-Planetenbahnhof von Ormal erreichten.
Harwood’s Hill, die Hauptstadt, ist klein, hat gerade mal eine halbe Million Einwohner. Aber es war schön dort, denn dieser Ort zählt zu jenen, die jegliche Art von Verbrennungsmotoren gänzlich verbannt haben. Erbaut an einem ausgedehnten Hang, der sich neben einem Frischwassersee befindet, kommen hier fünf Grünflächen auf nur ein Gebäude. Wenn ich’s mir irgendwannmal leisten kann, werde ich mich vielleicht hier niederlassen. Diese Welt unternimmt erhebliche Anstrengungen, die Dinge richtig anzupacken. Aber es kostet nun mal seinen Preis, ein Stück von einen erschlossenen Oberklasse-Planeten zu ergattern. Herrgott, die Immobilien in Harwood’s Hill sind sogar noch teurer als auf der Erde.
Mein Zug war am späten Abend eingetroffen. Ich nahm ein Taxi zum Flughafen, das ich mit der Firmenkreditkarte bezahlte. Selbst diese kurze Taxifahrt kostete mehr als die Rückfahrkarte für den Zug. Ich erblickte die Jachten draußen auf dem See, versuchte, nicht allzu sauer, nicht allzu neidisch auf ihre Besitzer zu sein. Es mussten Hunderte gewesen sein, die in den Hafen einliefen, ihre Segel ins Licht der untergehenden Sonne getaucht. Arbeitet denn in dieser Stadt niemand?
Der Flug nach Essendyne dauerte weitere drei Stunden. Dort war der Flughafen nicht mehr als ein flaches Stück Grasland mit einem Streifen aus enzymgebundenem Beton in der Mitte. Die Piste wirkte wie ein Überbleibsel eines experimentellen Straßenbauprojekts.
Essendyne selbst ist eine kleine Stadt aus schicken Häusern am Ende des Tals. Die umgebenden Berge sind ebenfalls beeindruckend. Im Winter liegt hier über einen Meter Schnee. Das perfekte Skigebiet.
Mit einem anderen Taxi fuhr ich hinaus in die Ferienanlage – eine weitere Dreistundenreise. Die Anlage war erst halb fertiggestellt; das Hauptgebäude, über dessen Grundstück zahllose Bau-Bots krabbelten, war noch komplett eingerüstet. Zwar hatten einige der Ferienhäuser schon Dächer, aber der Innenausbau war noch nicht abgeschlossen. Schon als wir eintrafen, überkam mich ein Scheißgefühl. Im Büro hatte man mir erzählt, dass sich der Bau in seinem Endstadium befände und die Belegschaft schon auf die ersten Gäste warten würde. Alles, was noch zu tun wäre, sei ein bisschen Landschaftsarchitektur. Totaler Quatsch.
Das Taxi ließ mich vor dem Büro der Bauleiterin raus. Sie warnicht da; es gab irgendein Problem mit dem Gerüst und einem nicht funktionierenden Bot. Ihr Assistent hatte wenigstens so viel Anstand, peinlich berührt dreinzublicken, während er mir erklärte, dass der Termin für die Übergabe um drei Monate verschoben worden war. Es sei schwierig, das ganze Material vom nächstgelegenen Bahnhof raus nach Essendyne zu schaffen – eine Zweistundenfahrt auf
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