Die Dämonenfalle
Die eine Hälfte der Politiker unserer Welten spricht nicht mit der anderen Hälfte; aber nur eine verschwindend kleine Minderheit möchte die Union verlassen, und eine noch kleinere greift zu Gewalt, um dieses Ziel zu erreichen. Die Ansicht, dasshier ein Sieg errungen wurde, ist lächerlich. Ein isolierter Planet wird niemals von den Vorteilen profitieren, die wir anderen einander bieten können. Jede soziale und wirtschaftliche Entwicklung wird zum Erliegen kommen. Ja, zum Teufel, Merioneth wird sich vermutlich sogar zurückentwickeln. Zudem ist zu erwarten, dass, sobald die Schließung des Wurmloch angekündigt werden wird, sich viele gewöhnliche Bewohner Merioneths in den Schoß des Commonwealth flüchten werden. Unsere Analysten haben sich lange mit der künftigen Entwicklung beschäftigt; sie sind nicht einmal sicher, dass Merioneth nach der Abspaltung in der Lage sein wird, ein elementares Level an Rejuvenationstechnologien aufrechtzuerhalten, zumindest nicht kurz- bis mittelfristig. Ich jedenfalls würde um nichts in der Welt dort leben wollen. Ein Körperverlust auf Merioneth wird wieder zum ultimativen Tod führen.«
»Und das betrachten die Dynastien als großen Pluspunkt«, folgerte Christabel. »Jedem, dem die Dynastien und das, wofür sie stehen, missfällt, steht es fortan frei, nach Merioneth zu emigrieren.«
»Und dann schlagen wir hinter ihnen die Tür zu«, sagte Nelson. »Das perfekte Refugium für die ganzen Unzufriedenen im Commonwealth. Und allen Beteiligten ist damit gedient.«
»Ein altes, wenngleich bewährtes Druckmittel für die Hitzköpfe und Unruhestifter«, murmelte Paula.
»Zu dem sich die Dynastie-Führungen entschieden haben«, bestätigte er. »Obwohl es mich immer noch wurmt, dass die wahren Schuldigen hinter den Anschlägen nicht vor Gericht gebracht werden. Aber das ist nun mal der politische Preis, und der wurde hoch über unseren Köpfen festgesetzt.«
Der Club befand sich am linken Seine-Ufer unter einem retronapoleonischen Gebäude aus dem zweiundzwanzigsten Jahrhundert. Ein schicker Laden, obgleich es in Paris weitaus teurere gab. Doch außer Christabel konnte es sich niemand aus dem Direktorat für Schwerverbrechen leisten, eine Party mitden wirklich wohlhabenden Mitgliedern der Großen Familien zu veranstalten, die in solchen Etablissements verkehrten. Und Christabel band für gewöhnlich niemandem ihre Herkunft auf die Nase – bis heute Abend.
Es war dunkel in dem ringförmig angelegten Gewölbe – ein Zwielicht durchsetzt mit holografischen Tropfen, die unter bösen unterschwelligen Vibrationen oszillierten. Paula wich unwillkürlich vor ihnen zurück, als sie die Treppen zur Tanzfläche hinabstieg. Das Soundsystem war eine Art deeskalierte Schallkanone. Glasgalerien, die von violettem Licht erleuchtet wurden, verliefen über zwei Ebenen entlang der hohen gewölbten Steinwände und waren durch gläserne Wendeltreppen miteinander verbunden. In den Rundgängen drängten sich die Gäste, die ewige Clique von Pariser Bohemiens. Sie trugen Kleider aus halborganischen Stoffen, in die kunstvolle Muster eingewoben waren, welche wiederum übergangslos in die lebhaften OCTattoos ihrer Träger übergingen. Schwer zu sagen, was Stoff und was Haut war. Federn waren der neueste Trend, sanft geschwungene Wedel, länger als Straußenkiele, die aus den Rücken ihrer Besitzer sprossen. Noch vor sechs Monaten waren Membran-Blütenblätter der letzte Schrei gewesen. Einige Männer präsentierten stolz ihren an den Schultern angebrachten Federschmuck, als Paula vorbeiging, bewegten sie ihn hin und her wie sanft schlagende Flügel. Eins der Schwingenpaare leuchtete gar in reinstem Engelsweiß, getragen von einem dazu passenden göttlichen Körper. Sie lächelte milde und ging weiter, immun gegen diese kecken Pfauen.
Christabel war in der Nähe der Bar, die sich im mittleren Säulenrund befand, und kippte sich einen Ritz Pimm’s hinter die Binde. Ihre Lippen schimmerten mikroschichtig golden. Wann immer ein Hologramm an ihr vorbeischwebte, funkelten sie strahlend schön.
»Hast du’s endlich hergeschafft!«, rief sie Paula entgegen.
Paula schnappte sich ein Getränk von einer der Kellnerinnen. »Zum Wohl!«
»Ist er auch da?«
Paula hob die Schultern, tat so, als verstehe sie nicht. Doch es gab einen besonderen Grund dafür, dass sie das traditionelle kleine Schwarze trug – ein Kleid mit semiorganischem Saum, der Kraft seines eigenen Willens herumwirbelte. Mit ihrem neuen
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