Die Daemonenseherin
soll, aber das Angebot steht.«
»Ihr bietet mir einen Job an?« Erstaunt sah sie von einem zum anderen. Parker und Kent nickten mit breitem Grinsen. Das war mehr, als sie je zu hoffen gewagt hatte »Kann mich mal jemand kneifen, ob ich … Au! Das hat wehgetan, Parker.« Dann grinste auch sie. »Also kein Traum. Dann, schätze ich, ist meine Antwort Ja.«
Kents Grinsen wurde breiter und Parker legte ihr einen Arm um die Schulter und führte sie in Richtung des Flurs. »Dir ist aber hoffentlich klar, dass du eine Menge über Comics lernen musst, oder?«
»Ich schätze, ihr werdet mir Nachhilfe geben.«
Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit fühlte Alessa sich auf eine ungewohnte Art ausgelassen und fröhlich. Sie hätte vor Freude lachen, sich im Kreis drehen und weinen können – alles auf einmal.
Parkers Arm lag noch immer um ihrer Schulter, als sie, gefolgt von Kent, den Flur betraten.
Vor ihnen flog die Wohnungstür mit einem ohrenbetäubenden Krachen aus den Angeln und knallte so heftig gegen die Wand, dass sie hängen blieb. Im Türrahmen zeichnete sich die Silhouette eines Mannes ab, die sich wie eine Statue aus erstarrter Dunkelheit im Gegenlicht erhob.
Alessa hielt den Atem an, als sie den Maskierten erkannte. Wie schon bei ihren letzten Begegnungen war er komplett in Schwarz gekleidet, das Gesicht vollständig unter einer Sturmhaube verborgen, in seiner Rechten die Pistole mit dem Schalldämpfer.
Schweigend stand er da und blickte den Flur entlang.
Zwischen jedem ihrer Atemzüge schien eine Ewigkeit zu verstreichen, während sie auf den Killer starrte. In ihrem Kopf schossen Gedanken hin und her, wie die Funken eines Feuerwerks, auf der Suche nach einem Ausweg. Sie mussten hier raus! Doch es gab keinen Weg an dem Bewaffneten vorbei. Ebenso wenig gab es eine Feuerleiter oder zumindest einen Balkon, über den sie hätten fliehen können. Die Fenster waren so schmal, dass Kent womöglich nicht einmal hindurchgepasst hätte, ganz davon abgesehen, dass sie darunter der blanke Asphalt erwartete. Wenn sich einer von ihnen etwas brach, war es vorüber.
Das war es ohnehin.
»Auf ihn!«, brüllte Parker plötzlich und stürmte vor.
Der Maskierte hob den Arm. Er richtete seine Waffe auf Parker und drückte ab. Mit einem gedämpften Knall verließ die Kugel den Lauf und streckte Parker nieder. Alessa schrie, doch niemand würde ihre Schreie hören. Nicht hier. Die Anonymität des verlassenen Hauses, die sie immer so geschätzt hatte, war jetzt zur Falle geworden. Niemand würde ihnen zur Hilfe kommen.
Obwohl der Schuss gedämpft gewesen war, dröhnte ihr das Echo noch immer in den Ohren. Ihr Blick war auf Parker gerichtet, der am Boden lag und sich nicht mehr rührte. Unter ihm breitete sich eine Blutlache über das Parkett aus. Alessa starrte darauf, unfähig sich zu rühren.
»Alessa!«, rief Kent hinter ihr.
Sie wusste, sie sollte zurückweichen in den Raum, wo ihr die Möbel zumindest ein wenig Deckung boten, doch sie konnte sich nicht bewegen. Vielleicht war es besser, wenn sie den Maskierten tun ließ, wozu er gekommen war. Womöglich würde er Kent dann verschonen.
Nein, das wird er nicht!
Dieser Mann war ein Profi. Er würde keine Zeugen zurücklassen.
Vor ihr hob der Maskierte die Pistole und legte auf sie an. Alessa war noch immer wie gelähmt, nicht imstande, sich zu bewegen oder ihre Gedanken zu kontrollieren, die wie kleine Explosionen hinter ihrer Stirn tobten. Dann spürte sie eine Hand an ihrem Arm. Ein Ruck ging durch ihren Körper, als Kent sie zurückriss. Im selben Augenblick knallte ein weiterer Schuss. Die Kugel traf Kents Arm. Blut spritzte, ein grauenvoller warmer Regen, der Alessa im Gesicht traf. Die Wucht des Treffers ließ Kent gegen die Kisten taumeln, wo er zu Boden sackte, eine blutige Spur auf den Kartons hinterlassend.
Als der Maskierte erneut auf Kent anlegte, erwachte Alessa endlich aus ihrer Starre. Sie wollte nicht sterben, nicht, ohne alles versucht zu haben. Sie kämpfte gegen das unbändige Verlangen an, ihre Kräfte freizulassen und den Maskierten von den Beinen zu fegen.
Wenn der Dämon freikam, wäre es endgültig vorüber.
Statt ihre Schutzschilde fallen und ihre Kräfte freizulassen, sprang sie vor und stürzte sich auf den Maskierten. Der Schuss ging los und hallte trotz des Schalldämpfers wie ein Donnerschlag in ihren Ohren wider. Alessa klammerte sich an den Schützen, der wankend zwei Schritte nach hinten tat, ehe er sein Gleichgewicht
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