Die Daemonenseherin
Drake! Sperr endlich auf!«
Logans Gedanken kreisten so sehr um Alessa, weshalb er gar nicht bemerkt hatte, dass sie noch immer im Hausflur standen. Schnell kramte er nach seinem Schlüssel und schloss auf.
Morgan betrat die Wohnung als Erster. Zielstrebig ging er ins Wohnzimmer und hängte seinen Mantel über einen der Stühle am Esstisch, die Pizzakartons brachte er gewohnheitsmäßig zum Couchtisch.
Logan stellte Alessas Tasche im Gang ab und warf seine Jacke über die Garderobe. Das Schulterholster mit der SIG behielt er um. Alessa schälte sich aus dem Parka. Als er ihn ihr abnahm, um ihn aufzuhängen, sah er, wie sie die Arme um den Körper schlang.
»Geh ruhig schon ins Wohnzimmer«, sagte er. »Morgan beißt nicht und ich bin auch gleich da.«
Während Alessa durch die Wohnzimmertür aus seinem Blick verschwand, machte Logan einen Rundgang durch seine Wohnung und drehte in jedem Zimmer die Heizung auf. Als er ins Wohnzimmer kam, um sich dort am Heizkörper zu schaffen zu machen, saß Alessa bereits auf der Couch.
Morgan hatte es sich ihr gegenüber im Sessel bequem gemacht und sich mittlerweile sogar von seinem Sakko getrennt. »Es kommt nicht oft vor, dass Logan jemanden mit hierherbringt«, hörte Logan ihn zu Alessa sagen. »Nein, eigentlich habe ich noch nie erlebt, dass er Damenbesuch hier gehabt hätte. Es würde mich wirklich interessieren, wie Sie das geschafft haben. Entweder haben Sie mit seinem aktuellen Fall zu tun oder aber er hat tatsächlich etwas für Sie übrig, was ich –«
»Morgan, hör auf mit deinem Verhör!« Logan war nicht entgangen, wie unwohl sich Alessa unter seinen Bemerkungen fühlte, obwohl sie sich zu einem tapferen Lächeln zwang. Kunststück! Sie war nur knapp einem Mordversuch entgangen, zwei ihrer Freunde waren verletzt und dann löcherte Morgan sie auch noch mit Fragen, die sich weniger auf den Fall bezogen als vielmehr auf die Frage, wie nahe Logan und sie sich standen. »Du bekommst deine Antworten – zumindest auf den Teil, der dich etwas angeht –, aber du bekommst sie von mir, also lass Alessa in Ruhe.«
Der dankbare Blick, den sie ihm zuwarf, entfachte ein warmes Feuer in ihm. Er ging in die Küche und holte zwei Dosen Bier aus dem Kühlschrank. Die eine warf er wie gewohnt Morgan über den Tresen hinweg zu, die andere riss er gleich in der Küche auf und nahm einen Schluck, ehe er den Wasserkocher volllaufen ließ und anschaltete.
Logan holte gerade die Teekanne aus dem Schrank und hängte ein paar Beutel hinein, als er Morgan leise fragen hörte: »Wo haben Sie Logan kennengelernt?«
»Du brauchst gar nicht zu flüstern«, rief er über die Schulter hinweg. »Ich höre dich trotzdem und sage dir, halt die Klappe, Bulle! Hör auf, meinen Gast in Verlegenheit zu bringen.«
Er schnappte sich ein Messer und drückte es Morgan in die Hand. »Mach dich lieber nützlich und zerteil die Pizza. Teller kommen gleich.«
Morgan sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Teller?«, echote er mit hochgezogener Augenbraue. »Am Ende erzählst du mir jetzt auch noch, dass du Besteck besitzt?«
Bisher hatte es Logan nie gestört, dass er wie der typische Junggeselle lebte. Sicher, die Wohnung war aufgeräumt und sauber, darauf legte er Wert, doch sein Essverhalten war das eines alleinstehenden Mannes. Meistens aß er, während der Fernseher lief, den Teller auf dem Schoß, die Füße auf dem Couchtisch liegend. Den Esstisch hatte er, außer um einen Stadtplan oder irgendwelche Unterlagen darauf auszubreiten, noch nie benutzt.
Alessa schien kaum etwas von seinen Versuchen, sich zivilisiert zu benehmen, zu bemerken. Ihr Blick ruhte auf Morgan, sichtbar auf der Hut vor seinen nächsten Fragen.
Als das Teewasser kochte, kehrte Logan in die Küche zurück. Er goss den Kräutertee auf, brachte die angedrohten Teller und stellte schließlich eine dampfende Kanne vor Alessa auf den Tisch.
Logan setzte sich neben sie und verfrachtete jeweils ein Stück Pizza auf ihren und eines auf seinen eigenen Teller. Sie nahm ihm den Teller ab und rutschte ans äußerste Ende der Couch. Nur Timbuktu wäre in diesem Moment noch weiter weg gewesen als Alessa.
Ehe er etwas sagen konnte, stellte sie die Pizza auf den Tisch zurück. »Macht es dir etwas aus, wenn ich unter die Dusche gehe?«
»Nein, natürlich nicht.« Er stand auf. »Komm, ich zeige dir, wo alles ist.« Auf dem Gang griff er Alessas Tasche und nahm sie mit ins Schlafzimmer, wo er sie auf dem Bett abstellte. Er
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