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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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erhabenen Geste ab. »Dann möchte ich schon lieber mit den Herren von der Kriminalpolizei sprechen.«
    Nun vollzog sich wieder einmal der Polizeiaufmarsch, der den Krimifans vom Bildschirm her so vertraut ist. Nach dem Dienstwagen des 1. Kommissariats rollten noch der Tatortwagen des Erkennungsdienstes, der Arzt und schließlich der Leichenwagen heran. Der aufgeregte Hund kam gar nicht zur Ruhe.
    Während Kommissar Freiberg an den Toten herantrat und sich die Schilderung des beflissenen Regierungsrats anhörte, ging Lupus auf den Mann mit der Kamera los. »Aha, der Mauserich! Was hast du verdammter Kerl hier zu suchen? Hast du den Empfänger für unseren Polizeifunk sogar im Bett? Warte nur, eines Tages erwischen wir dich, und dann…«
    »Geschenkt!« gab Mauser in aller Ruhe zurück. »Die Information habe ich übrigens vor einigen Minuten telefonisch bekommen. Ich werde mich höheren Orts über dich beschweren.«
    »Dann tu’s gleich. Mein Chef steht vor der Leiche.«
    Wer den Wortwechsel hörte, konnte glauben, daß es hier um Kopf und Kragen ging. Doch dann grinsten die beiden und schüttelten sich die Hände. Sie kannten sich seit Jahren, und Scharmützel dieser Art gehörten zum Ritual der Begrüßung.
    »Das sieht nach Selbstmord aus«, stellte Mauser fest. »Mehr als ein Zweispalter, vielleicht mit Bild, ist nicht drin. – Ich habe den Hund fotografiert.«
    »Mann, wie redest du von dem Toten!«
    »Ach, ich meine den Schäferhund dort, der mit seinem Herrn den Molly macht.«
    Freiberg war wieder einige Schritte zurückgetreten und überließ der Spurensicherung das Feld. Er wandte sich an den Arzt.
    »Wie sieht’s aus?«
    »Herzschuß. Der Mann war sofort tot. Er kann von mir aus abtransportiert werden.«
    »Und die Todeszeit? – Ich weiß, daß es nicht so genau zu sagen ist«, fuhr er schnell fort, als der Arzt den Kopf schüttelte. »Nur so in etwa?«
    »Wahrscheinlich vor Mitternacht. Aber das werden Ihnen die Rechtsmediziner schriftlich geben.«
    Der Chef der Spurensicherung hatte sich Plastikhandschuhe übergestreift, als er dem Toten die Pistole aus der steifen Hand nahm und sie vorsichtig entlud. »Nur eine Patrone fehlt. – Die Hülse liegt dort auf dem Weg.«
    »Welche Waffe?« fragte der Kommissar.
    »Eine Makarow, Standardpistole bei den sowjetischen Truppen und allen Armeen des ehemaligen Ostblocks. Macht einen tollen Bums und ist genauso wirksam wie die westlichen Waffen. Die Dinger kann man jetzt überall auf der Welt kaufen; sie müssen zu Tausenden verhökert worden sein, als die östlichen Länder aus dem Warschauer Pakt ausgeschieden sind und abgerüstet haben.«
    »Der Tote hat keine Papiere«, meldete einer von der Spurensicherung. »Aber ein Portemonnaie in der rechten Jackentasche.«
    Kommissar Freiberg sah es durch. Über 900 Mark waren drin und ein paar Münzen. Es wurde, ebenso wie die Patronenhülse, in eine Beweissicherungstüte gesteckt.
    Lupus hatte nur einen ganz kurzen Blick auf den Toten geworfen und war dann zur Seite getreten. Dafür stand Presse-Mauser wie selbstverständlich neben Freiberg. »Morjen, Herr Kommissar.«
    Freiberg nickte. »Mauser ist mal wieder schneller, als die Polizei erlaubt.«
    »Warum hat der Tote keine Papiere?« fragte Lupus plötzlich. »Das gehört sich nicht für einen Selbstmörder.«
    »Vielleicht, wollte er hier an historischer Stätte aus dem Leben scheiden, ohne seine Familie oder Verwandte hineinzuziehen; vielleicht wollte er auch ein Zeichen setzen«, überlegte Freiberg laut, um sich gleich selbst die Frage zu stellen: »Aber was für ein Zeichen, wenn er sich in die Anonymität verkriecht?«
    »Jetzt müssen wir mit seinem Bild an die Öffentlichkeit«, stellte Lupus fest. »Vielleicht hat er das beabsichtigt.«
    »Da kann unser Presseschatten Amtshilfe leisten, oder?«
    »Klar – kein Problem«, bestätigte Mauser. »Noch schöner wäre es allerdings, wenn so ein kleiner Mordverdacht hinzukäme. Das macht müde Leser munter.«
    »Da ist doch wohl der Wunsch Vater des Gedankens«, erwiderte Freiberg.
    »Wir sind fertig«, erklärte der Chef des Erkennungsdienstes und winkte die Männer des Leichenwagens heran.
    »Einen Moment noch, Doktor«, wandte sich Freiberg an den Arzt, der schon im Begriff war abzufahren. »Was passiert, wenn man sich ins Herz schießt?«
    »Man fällt um und ist tot.«
    »Und wie fällt man?«
    »Das ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich wie ein nasser Sack hintenrüber. – Ungefähr so, wie der Tote dort

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