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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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daß an ihm nichts oder jedenfalls nicht viel hängen blieb. Die Frau war zu jener Zeit noch seine Mitarbeiterin und Freundin. Inzwischen sind die beiden verheiratet, mit Villa am Griebnitzsee.«
    »Und die Pistole?«
    »Ist nie wieder aufgetaucht. Die Nummer der Waffe müßte in der Untersuchungsakte erfaßt sein. Es ist so gut wie ausgeschlossen, noch Akten aus jener Zeit zu finden. In der Normannenstraße ist vieles verlorengegangen.«
    Noack überlegte. »Ich kann’s ja mal über die Dienststelle des Sonderbeauftragten für Stasi-Akten versuchen. Willst du mir den Namen des Obersten nennen?«
    »Du machst es einem schwer, diskret zu sein. Aber da dieser Vorgang höchst offiziell untersucht und abgeschlossen worden ist, kann er eigentlich niemandem mehr schaden. Es handelt sich um einen Topmann aus der Hauptverwaltung Aufklärung: Oberst Randolf. Aber ich bleibe in dieser Sache außen vor, ja?«
    Noack ließ sich bei der Nennung des Namens seine Überraschung nicht anmerken und sagte leichthin: »Abgemacht. Wahrscheinlich ist das für den Bonner Fall auch nur heiße Luft. Die Ex-DDR ist derzeit ja die reinste Waffenkammer für Leute, die eine schnelle Mark machen wollen. Die Wessis werden sich daran gewöhnen müssen, daß es auch für Ostwaffen keine Mauer mehr gibt. Ich danke dir.«
    »Schon gut. Leider kann ich nicht mehr für dich tun.«
    Um die Gesprächspause nicht peinlich werden zu lassen fragte Gerd Glinke scherzhaft: »Brauchst du nicht eine Wohnungs- oder Gebäudesicherung? Wir bieten gute Systeme an. Laß dich mal von deiner Kripo beraten. Ach, was soll’s! Darf ich dir einen Drink anbieten – Cognac Hennessy vielleicht?«
    Karl Noack dankte: »Njet – ich bin mit dem Privatwagen gekommen und fahre selbst. Aber ein Wasser würde ich gern nehmen.«
    Die beiden Schulkameraden stießen an; Glinke mit französischem Edelbrand, Noack mit Mineralbrunnen aus Brandenburg. »Prost, Gerd! Wie geht’s deiner Frau und Tochter?«
    »Gut, hoffe ich; Hanne und ich sind seit einem Jahr geschieden. Sie hat den Umbruch nicht verkraftet; sie hatte mehr Spaß an der Macht als ich. Jetzt sucht sie irgendwo in Berlin das große Glück mit einem Beratungs-Wessi, der in Düsseldorf seine Frau hat sitzenlassen. Unsere Tochter macht im Sommer das Abitur. Sie lebt bei meiner Schwester in Cottbus. Ich sehe sie nur selten.«
    »Keine so gute Bilanz«, sagte Noack leise. »Aber es würde albern klingen, wenn ich versuchen wollte, dir Trostworte zu sagen. Meine Ehe ist kinderlos geblieben. Du hast Elisabeth ja mal kennengelernt; sie leitet einen Kindergarten in der Jäger-Vorstadt. Aber wie sieht es bei dir geschäftlich aus?«
    »Das läuft. Sogar besser als gedacht. Ähnlich wie die Parteigenossen nach dem Krieg hatten wir nach der Wende keine andere Wahl, als erfolgreiche Geschäftsleute zu werden. Nicht zuletzt auch darum wird auf uns in den Medien immer wieder eingeprügelt. Das hält die Ehemaligen vom MfS nur noch enger zusammen.«
    »Im Distel-Club?«
    »Ach, die Polizei kennt unseren Kreis?!«
    »Nicht näher – da strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.« Noack lachte. »Eure Kultur ist derzeit nicht das, was mir Kopfschmerzen macht; Mord und Totschlag ist unser Problem. Tatwerkzeug das Automobil oder eine dieser Waffen, von denen wir gesprochen haben. Hinter einem Bankschalter lebt man im Moment besonders gefährlich.«
    »Da gab es einmal ruhigere Zeiten!«
    »Du weißt, für Friedhofsruhe bin ich auch früher nicht gewesen. Aber es ist schon stark, was manche sich unter dem Begriff Freiheit vorstellen. Doch ich denke, das wird sich bald einpendeln.«
    »Hoffentlich, denn nur dann werden die alten Kräfte keine Bedeutung mehr haben. – Integration der hunderttausend Parias, ob die neue Demokratie auch das noch schafft?«
    Noack hob nur kurz die Schultern. »Wer kann das wissen?«
    Sie wechselten noch ein paar belanglose Sätze, bevor sich Noack verabschiedete.
    Knapp eine Stunde später saßen die wichtigsten Mitglieder der Morduntersuchungskommission im Chefzimmer an dem mit Plastikfurnier beschichteten Besprechungstisch. Es schepperte jedesmal, wenn die Stahlrohrbeine der Stühle an die des Tisches stießen. Es herrschte Arbeitsatmosphäre. »Don Carlos« gab den Inhalt seines Gesprächs mit Glinke wieder. Auch Hauptkommissarin Lette stutzte, als der Name Randolf fiel. »Die Frau war doch am Wochenende in Bonn, und sie gehört neben Silke Marino zu den dreien, die nicht mit der Gesellschaft zurückgefahren

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